Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Besucher auf Schloß Haldenstätten weilten, war Alexander umschwärmter Mittelpunkt der weiblichen Gästeschar.

      Doch an diesem Abend zeigte Alexander ihr, daß es für ihn keine andere Frau auf der Welt gab, als sie.

      Gräfin Annemarie hatte sich schon sehr früh auf ihr Zimmer zurückgezogen. Angela und der junge Graf saßen in der Bibliothek und diskutierten über das Werk eines russischen Autors, das während der Oktoberrevolution verboten worden war, und erst beinahe sechzig Jahre später neu aufgelegt wurde. In der Schloßbibliothek fanden sich indes wertvolle Exemplare der Erstausgabe.

      »Noch ein Glas?« fragte Alexander und deutete auf die Weinflasche.

      Er trug legere Kleidung. Dunkle Hose, weißes Hemd und einen weinroten Pullover darüber. Seine blauen Augen strahlten sie an.

      Während Angela in einem Sessel saß, hatte Alexander ihr gegenüber, auf einem kleinen Sofa Platz genommen. Jetzt stand er auf und kam um den Tisch herum.

      »Ich möchte doch noch mit Ihnen anstoßen, Angela«, sagte er und schenkte nach.

      »Worauf?« fragte sie.

      Der junge Graf stellte die Weinflasche ab und schaute sie vieldeutig an. Angela glaubte, seinen Blick bis auf den Grund ihrer Seele spüren zu können.

      »Auf uns«, sagte er leise.

      Er hatte ihre Hand genommen und zog sie hoch. Ganz dicht standen sie zusammen, und Angela spürte, daß jetzt der Augenblick gekommen war. Sie wehrte sich nicht, als Alexander sie an sich preßte, und öffnete willig ihre Lippen.

      »Weißt du eigentlich, daß ich mich schon lange danach gesehnt habe?« flüsterte er mit rauher Stimme. »Gleich am ersten Tag habe ich mich in dich verliebt.«

      Die junge Frau schluckte und sah ihn zärtlich an.

      »Es ging mir ja nicht anders«, gestand sie. »Aber ich hätt’ nie geglaubt, daß...«

      Der junge Graf lächelte.

      »Daß es wirklich einmal soweit kommen würde?«

      Sie nickte.

      »Ja, Alexander, und wenn du es nüchtern betrachtest, dann darf es auch gar nicht sein. Ich stamme nicht von adligen Eltern ab, und bestimmt gibt es in deinen Kreisen bessere Partien, als mich.«

      »Unsinn«, schüttelte er den Kopf. »Für mich zählen keine Standesdünkel. Einzig wichtig ist doch unsere Liebe, und da ist es völlig egal, ob du adlig bist oder ich. Hauptsache ist es, daß wir uns lieben.«

      »Und was ist mit Christina von Reuchach?« fragte sie zweifelnd.

      Der junge Graf schüttelte den Kopf.

      »Ich weiß, was du meinst. Die Leute reden viel, wenn der Tag lang ist. Nur weil ich ein paarmal mit ihr ausgegangen bin, dichtet man uns an, wir wären verlobt. Aber ich versichere dir, es gibt kein Heiratsversprechen zwischen Christina und mir.«

      Jetzt war er es, der zweifelnd schaute.

      »Und du liebst mich doch?« vergewisserte er sich.

      »Ja, Alexander«, nickte sie glücklich. »Ich liebe dich mehr, als ich sagen kann!«

      Die folgenden Wochen und Monate sollten die glücklichsten ihres Lebens werden. Alexander zeigte ihr immer wieder, wie sehr er sie liebte, und die alte Gräfin war mit seiner Wahl nur zu einverstanden. Sie hatte Angela von Anfang an in ihr Herz geschlossen.

      »Es ist auch an der Zeit, daß mal frisches Blut in die vermufften Adelsfamilien kommt«, kommentierte sie eines Tages, während der nachmitttäglichen Teestunde die Verbindung ihres Neffen mit einer Bürgerlichen.

      *

      Sebastian Trenker sah die junge Frau fragend an.

      »Aber es blieb net bei diesem Glück...«

      Angela schüttelte betrübt den Kopf.

      »Nein«, erzählte sie weiter, »Alexander ist als Chef des Hauses sehr viel unterwegs. Die Familie von Haldenstätten lebt in erster Linie vom Handel mit Holz aus den ausgedehnten Wäldern, die zu ihrem Besitz gehören. Außerdem gibt es da eine Sektkellerei, ein kleines landwirtschaftliches Unternehmen und ein Gestüt, auf dem Reitpferde gezüchtet werden.

      Über alles wacht Alexander, er ist für den reibungslosen Ablauf der einzelnen Unternehmen verantwortlich, von dem nicht nur das Vermögen der Familie abhängig ist, sondern auch eine Vielzahl von Arbeitsplätzen. Wie gesagt, Alexander ist häufig unterwegs, seine Geschäftsverbindungen reichen bis ins Ausland, und oft geschieht es, daß er mehrere Tage oder gar Wochen unterwegs ist.

      Meine Stellung als Gesellschafterin seiner Tante machte es mir nicht immer möglich, ihn zu begleiten. Sie können sich bestimmt denken, daß es net leicht für uns war, so lang’ getrennt zu sein, und ich geb’ zu, daß es mir wohl am schwersten gefallen ist.«

      Angela holte tief Luft

      »Vielleicht wär’ es net so weit gekommen, wenn ich meine Eifersucht hätt’ zügeln können«, fuhr sie fort. »Aber Alexander ist nun mal ein gut aussehender Mann, und überall, wo er auftaucht, wird er von einem Schwarm Frauen umgarnt. Er sieht blendend aus, ist ein charmanter Unterhalter, und wenn man so lang’ von einander getrennt ist, dann kann man schon auf dumme Gedanken kommen...«

      »Hat er Ihnen denn jemals Grund zur Eifersucht gegeben?« fragte Sebastian Trenker.

      Es dauerte lange, bis Angela antwortete.

      »Ich glaub’ inzwischen, daß er es net getan hat«, gab sie zu. »Aber in meiner Blindheit hab’ ich’s net seh’n wollen. An dem Abend, als ich den Unfall hatte, da gab es wieder einmal einen Streit zwischen uns. Ich hatte tags zuvor ein Bild in einer Illustrierten gesehen, auf dem Alexander in Begleitung einer anderen Frau zu sehen war. Das Foto war während eines Empfangs einer befreundeten Familie gemacht worden. Ich hatte keine Gelegenheit, ihn zu begleiten, weil zur selben Zeit die alte Gräfin ihre Kur in Bad Reichenhall machte, und ich sie net allein dorthin fahren lassen konnte.

      So, wie die Frau auf dem Foto Alexander anschaute, konnte man nur den Schluß daraus ziehen, daß die beiden eine Affäre hätten. Der Kommentar unter dem Bild war auch entsprechend abgefaßt.

      Natürlich bin ich vor Eifersucht beinahe übergeschäumt und dann hab’ ich Alexander zur Rede gestellt. Immer wieder beteuerte er seine Unschuld, aber ich wollt’ ihm einfach net glauben.

      Schließlich ließ er mich einfach stehen und ging davon. Ich hab’ meine Sachen zusammengepackt, mich in mein Auto gesetzt und bin einfach losgefahren.

      Ich wußte nicht wohin, nur fort wollte ich. Immer wieder redete ich mir ein, daß er mit meinen Gefühlen nur gespielt habe und in Wirklichkeit über das dumme bürgerliche Fräulein lustig machte, das glaubte, in höhere Kreise aufsteigen zu können.«

      Vor Kummer schlug Angela Holzer die Hände vor die Augen.

      »Ich hab’ soviel falsch gemacht«, flüsterte sie. »Aber das hab’ ich erst gemerkt, als es zu spät war.«

      Blind vor Eifersucht und Tränen war sie losgerast. Auf der Autobahn herrschte dichter Verkehr, und dann setzte Regen ein. Während die anderen Autofahrer das Tempo drosselten, fuhr die junge Frau immer schneller. Es schien, als wolle sie das Schicksal herausfordern, doch bis sie die Autobahn wieder verließ und auf der Bundesstraße weiter fuhr, hatte Angela Glück.

      Dann geschah das Unglück. Auf regennasser Fahrbahn kam ihr Wagen in einer Kurve ins Schleudern und prallte gegen einen Baum. Ein anderer Autofahrer, der Zeuge des Unfalls geworden war, alarmierte die Polizei und den Notarzt. Die Feuerwehr mußte die Verunglückte aus dem Wrack ihres Autos herausschneiden, und ein Hubschrauber brachte sie in die Klinik nach München. Dort kämpften die Ärzte darum, Angelas Leben zu retten. Nach zwei Tagen erst stand fest, daß sie den Unfall überleben würde.

      »Ja, und dann hat mir der nette Arzt geraten, nach Sankt Johann zu fahren und wieder zu mir selbst zu finden.«

      Sebastian


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