Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Betten waren allerlei medizinische Geräte, die durch Schläuche und Kabel mit den Patienten verbunden waren. In dem hinteren Bett lag Tobias Pahlhuber. Er hatte die Augen geöffnet und lächelte schwach, als er seine Bäuerin und das Madel erkannte.

      »Wie geht’s dir?« fragte Maria Brandtner und strich dem Knecht teilnahmsvoll über die Wange.

      »Na ja, so wie’s ausschaut, bin ich dem Tod gerad’ so eben von der Schippe gesprungen«, antwortete er mit einem Anflug von Galgenhumor. »Jedenfalls sagt das der Doktor, aber damit ist net zu scherzen. Ich hab’ wohl ein bissel zu lang’ gewartet…«

      »Hast’ etwa schon länger Schmerzen gehabt und hast’ nix gesagt?« fragte die Bäuerin kopfschüttelnd.

      Tobias zog den Kopf ein und nickte.

      »Ja, ein paar Wochen schon«, gestand er. »Aber dann wurd’s besser, und jetzt hab’ ich halt gedacht, es geht auch wieder von allein weg.«

      »Himmel, diese Männer!« sagte Maria an die Tochter gewandt. »Das ist doch typisch. Dein Vater ist genauso einer.«

      »Schimpf net, Mama«, lachte Andrea. »Sei’n wir lieber froh, daß es Tobias schon wieder bessergeht.«

      Sie hielt die faltige Hand des Alten.

      »Ich hab’ dir Blumen aus uns’rem Garten mitgebracht«, erzählte sie. »Aber leider darfst’ sie erst morgen bekommen, wenn s’ dich verlegen.«

      Ein leises Lächeln huschte über sein Gesicht.

      »Dank’ dir, Madel«, antwortete er. »Wenn ich erstmal wieder auf den Beinen bin, dann ackern wir wieder regelmäßig darin.«

      Plötzlich schaute er traurig drein.

      »Das wird allerdings ein Weilchen dauern«, sagte er an die Bäuerin gewandt. »So sechs bis acht Wochen, hat der Doktor gemeint.«

      Er hob hilflos die Hand und ließ sie wieder fallen.

      »Was soll denn jetzt bloß werden?« fragte er. »Der Wolfgang fällt doch auch aus.«

      Maria Brandtner nickte ihm aufmunternd zu.

      »Darüber mach’ dir mal keine Gedanken«, erwiderte sie. »Werd’ erst einmal gesund, alles and’re find’t sich schon.«

      *

      Thomas stellte die Reisetasche an den Wegesrand und legte eine Verschnaufpause ein. Er hatte gar nicht geglaubt, daß der Brandtnerhof so weit vom Dorf entfernt wäre. Zwanzig Minuten, hatte das Madel im Wirtshaus gemeint, jetzt war er aber schon länger unterwegs.

      Hoffentlich hab’ ich mich net verlaufen, überlegte der junge Mann und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Indes, der Gedanke, daß der Hof so weit von St. Johann weg war, gefiel ihm. Je weniger Menschen ihm da begegneten, um so weniger wußten auch, daß er sich dort aufhielt.

      Vor allem würde ihm die Polizei auf einem abgelegenen Berghof nicht so schnell auf die Spur kommen.

      Die Reisetasche wurde immer schwerer. Dabei hatte er gar nicht soviel mitgenommen, als er aus München fort war. Nur das Nötigste, doch jetzt schienen es mit jedem Schritt noch mehr Kilo zu werden. Thomas verspürte argen Durst. Leider hatte er auf seinem Weg hier keinen Bachlauf entdeckt, an dem er ihn hätte löschen können. Er kramte in den Taschen seiner Jacke, die er ausgezogen hatte, und fand ein letztes Pfefferminzbonbon.

      Besser als nichts.

      Er steckte das Bonbon in den Mund und nahm die Tasche wieder auf. Wenn der Hof nicht bald in Sicht kam, dann würde er wirklich prüfen müssen, ob er den richtigen Weg gegangen war.

      Die Straße stieg immer weiter an. Wenn er hinunterschaute, konnte er feststellen, daß er bereits aus dem Tal, in dem das Dorf lag, heraus war. Thomas blickte sich um. Die Gegend gefiel ihm. Berge, majestätisch hoch, als stießen ihre Spitzen am Himmel an. Darunter saftige Almwiesen, auf denen Kühe und Ziegen weideten, schroffe Gesteinsformationen, ein Auf und Ab von Wanderwegen. Und über allem lag der Duft von Wildkräutern.

      Der einsame Wanderer blieb wieder stehen. Der Weg kreuzte sich hier.

      Was hatte das Madel noch gesagt, den rechten oder den linken, welchen Weg sollte er nehmen?

      Eine gute Frage, und die Antwort hatte er vergessen.

      »Werf’ ich halt eine Münze«, meinte er zu sich und wollte schon in die Tasche greifen, als er einen weiteren Wandersmann den Berg herabkommen sah.

      Der andere trug einen Rucksack, Wanderkleidung, und sein sonnengebräuntes Gesicht strahlte fröhlich, als habe er einen besonders schönen Tag gehabt.

      »Grüß Gott«, sagte Thomas, als der Mann heran war. »Sie schau’n gerad’ so aus, als würden S’ sich hier auskennen.«

      »Freilich«, nickte der Angesprochene. »Haben S’ sich verlaufen?«

      »Ich fürcht’ fast ja«, nickte Thomas und betrachtete sein Gegenüber genauer.

      Es war zwar nicht sehr wahrscheinlich, daß seine Verfolger hier auftauchten, aber trotzdem war es besser, sich den Fremden genau anzusehen. Man konnte ja nie wissen.

      Der Mann machte einen sympathischen Eindruck. Er war schlank und recht sportlich. Das markante, gut geschnittene Gesicht war offen. Irgendwie erinnerte er Thomas an einen Prominenten vom Film oder Fernsehen.

      »Wohin wollen S’ denn?« erkundigte sich der Wanderer.

      »Zum Brandtnerhof.«

      »Ach, da kann ich Sie beruhigen. Da sind S’ genau auf dem richtigen Weg. Da vorn am Kreuz gehen S’ links weiter, und dann sind’s vielleicht noch zwei Kilometer.«

      »Oh, da fällt mir ein Stein vom Herzen. Vielen Dank auch.«

      »Dafür net«, antwortete der Mann und sah ihn interessiert an. »Entschuldigen S’, wenn ich frag’, aber Sie schau’n wie ein Tourist aus. Ich hab’ gar net gewußt, daß der Brandtnerbauer neuerdings Fremdenzimmer vermietet.«

      »Tut er auch net«, erklärte Thomas. »Ich will dort arbeiten.«

      »Aha.«

      Der andere machte einen recht verblüfften Eindruck.

      »Ich will Ihnen ja net den Mut nehmen«, sagte er. »Aber es ist Erntezeit, und soviel ich weiß, sucht der Alois Brandtner keinen neuen Knecht, er hat ja den alten Tobias.«

      Thomas schmunzelte.

      »Das stimmt wohl«, meinte er. »Allerdings liegt dieser Tobias seit heut’ morgen im Krankenhaus.«

      Er erzählte dem erstaunten Wandersmann, was er im Wirtshaus aufgeschnappt hatte.

      »Ach ja, dann versteh’ ich’s. Die Chance wollen S’ sich natürlich net entgehen lassen. Viel Glück auch.«

      »Dank’ schön, das kann ich brauchen.«

      Thomas fuhr sich über den Mund.

      »Sagen S’, Sie kennen ja wohl den Bauern, was ist denn das für einer?« fragte er.

      »Na ja, eigentlich ist er ganz umgänglich. Grüßen S’ ihn von mir, wenn S’ da sind.«

      »Mach ich«, nickte Thomas. »Wie ist denn der Name?«

      Der andere Mann war schon weitergegangen. Jetzt drehte er sich um.

      »Natürlich, das hätt’ ich ja fast vergessen. Sagen S’ ihm einen schönen Gruß von Pfarrer Trenker«, rief er zurück und winkte.

      Jetzt war es der junge Mann, der mit verblüfftem Gesicht dastand und dem anderen hinterherschaute.

      »Pfar…rer Trenker…?« murmelte er ungläubig. Sollte das etwa der Pfarrer von St. Johann sein? Er ahnte nicht, daß der Mann, der ihn jetzt so in Erstaunen versetzte, ein Schmunzeln auf den Lippen hatte, als er weiter ins Tal hinabstieg. Sebastian konnte sich die Reaktion des jungen Mannes nur zu gut ausmalen. Er erlebte es immer wieder, daß die Leute ihn ungläubig ansahen,


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