Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman - Toni Waidacher


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war besonders hartnäckig – Lorenz Stadtler, der Sohn des Nachbarbauern und ein guter Freund von Wolfgang Brandtner. Irgendwie schien es für ihn schon entschieden zu sein, daß aus ihnen mal ein Paar werden würde, und auch ihr Vater hatte nichts dagegen einzuwenden. Wolfgang würde einmal den Hof erben, und Andrea sollte möglichst gut verheiratet werden. Das wäre bei Lorenz der Fall. Als Hoferbe war er einer der besten Partien im Wachnertal.

      Indes, Andrea dachte überhaupt nicht daran, sich zu binden. Vorerst jedenfalls. Seit sie eine junge Frau geworden war, hatte sie eine bestimmte Vorstellung darüber, wie ihr Traummann aussehen sollte.

      Als sie jetzt vor dem Spiegel stand, wurde ihr schlagartig bewußt, daß Thomas Korber dieser Vorstellung beinahe schon beängstigend nahe kam…

      *

      Als Max Trenker die Tür zum Pfarrhaus öffnete, schlug ihm bereits ein köstlicher Duft entgegen. Rasch zog er seine Uniformjacke aus und hängte sie an die Garderobe. Die Dienstmütze kam auf die Hutablage. Dann eilte er in Rekordzeit durch den Flur in die Küche.

      Sophie Tappert stand am Herd und rührte in einem Topf.

      »Wenn mich meine Nase net trügt, dann gibt’s heut’ ein echtes Szegediner Gulasch«, sagte der junge Polizeibeamte nach der Begrüßung.

      Die Perle des Pfarrhaushaltes schmunzelte. Max trat zu ihr

      und warf einen Blick in den Schmortopf. Saftiges Rindfleisch schwamm in einer rotbraunen Sauce. Die Haushälterin gab Sauerkraut hinzu, das sie in einem seperaten Topf gekocht hatte. Schließlich rührte sie einen Becher, vorher glattgerührte, saure Sahne darunter und schmeckte mit Salz und Pfeffer, natürlich aus der Mühle, ab.

      In einem weiteren Topf schwammen Kartoffelknödel. Wie alles, was im Pfarrhaus auf den Tisch kam, waren auch sie selbstgemacht. Sophie Tappert wäre niemals auf die Idee gekommen, eine Fertigmischung zu benutzen, das ging gegen ihre Ehre als Köchin. Für die Knödel hatte sie Kartoffeln in der Schale gekocht, gepellt und püriert, und mit wenig Stärkemehl, Ei und Grieß gebunden.

      Der Tisch war schon gedeckt, in der Mitte stand eine große Glasschüssel, darin befand sich ein gemischter Salat. Alle Zutaten kamen aus dem Pfarrgarten.

      »Wo steckt denn mein Bruder?« erkundigte sich Max, der es gar nicht abwarten konnte, daß es etwas zu essen gab.

      »Hochwürden ist in seinem Arbeitszimmer«, antwortete die Haushälterin. »Sie können ihm Bescheid sagen, daß das Essen fertig ist.«

      »Bin schon da«, ließ sich Sebastian vernehmen.

      Sie nahmen Platz, während Sophie auftischte.

      »Gibt’s was Neues?« erkundigte sich der Geistliche bei seinem Bruder.

      »Eigentlich net«, antwortete Max, während er sich Knödel und Gulasch auf den Teller häufte. »Die Verbrechensrate ist in Sankt Johann Gott sei Dank recht niedrig.«

      Er probierte das Essen und verdrehte die Augen vor Entzücken.

      »Schmeckt einfach köstlich«, bemerkte er. »So gut hab’ ich’s selbst in Ungarn net bekommen.«

      Dann wandte er sich wieder Sebastian zu.

      »Allerdings hab’ ich heut’ morgen eine Fahndungsmeldung hereinbekommen«, fuhr er fort.

      Pfarrer Trenker wurde hellhörig.

      »Eine Fahndung?« fragte er. »Wer wird denn gesucht?«

      »Ein junger Mann aus München«, erzählte der Polizist. »Nach ihm wird wegen irgendwelchen Betrügereien gefahndet. Er soll Anleger um ihr Geld betrogen haben und konnte gerad’ noch rechtzeitig erwischt werden, bevor er es schaffte, sich ins Ausland abzusetzen.«

      Sebastian sah Max fragend an.

      »Wieso wird er dann gesucht, wenn er schon verhaftet ist?«

      Der Beamte verzog das Gesicht.

      »Tja, also, die Geschichte ist wirklich kein Ruhmesblatt für die Münchner Kollegen«, berichtete er. »Nach dem ersten Verhör haben s’ ihn freigelassen. Ehe der zuständige Staatsanwalt einen Haftbefehl ausstellen konnte, war er schon untergetaucht. Irgendeiner hat da fürchterlich geschlampt.«

      Der Seelsorger schüttelte den Kopf. Das war ja ein ziemliches Mißgeschick. Aber Pannen passierten nun mal überall.

      »Und der soll sich jetzt hier aufhalten?« fragte er weiter.

      »Das weiß keiner so genau«, antwortete sein Bruder. »Die Spur des Gesuchten verliert sich in Rosenheim, wo er versucht hat, Geld von einem Bankautomaten abzuheben. Da war die Scheckkarte allerdings schon gesperrt und wurde eingezogen. Die Fahndung ging an alle Polizeidienststellen in Bayern und Baden-Württemberg, weil man überhaupt keinen Anhaltspunkt hat, wo der Bursche sich versteckt hält.«

      »Wer weiß, ob er net längst über alle Berge ist«, meinte Sebastian. »Per Anhalter ist man schnell in einem anderen Bundesland, wenn net gar im Ausland. Österreich ist gleich um die Ecke.«

      »Eben. Man vermutet, daß er versucht, sich dorthin abzusetzen und hat die österreichischen Kollegen ebenfalls informiert. Wenn er allerdings in die Berge geflüchtet ist, dann kann’s unter Umständen Wochen dauern, bis sich von Thomas Neumayr eine Spur findet.«

      »Neumayr?« forschte der Bergpfarrer nach. »Ist das der Name?«

      Max nickte, und Sebastian strich sich nachdenklich über das Kinn.

      »Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor.«

      »Wahrscheinlich hast’ ihn in der Zeitung gelesen«, mutmaßte sein Bruder. »Der Finanzskandal vor ein paar Wochen. Beinahe täglich stand ’was darüber zu lesen.«

      »Natürlich. Ich erinner’ mich. Es gab einen ziemlichen Wirbel an der Börse. Gehört die Firma net zwei Brüdern?«

      »Stimmt, Thomas und Bernhard Neumayr. Ein alteingesessenes Unternehmen, das sie von ihrem Vater übernommen haben.«

      Max hatte sich noch einmal bedient, während Sebastian das Besteck schon aus der Hand legte.

      »Ich hoff’ nur, daß der Bursche net hier irgendwo untergetaucht ist«, meinte der Polizist. »Jedenfalls werd’ ich in der nächsten Zeit auf alle Fremden ein besond’res Aug’ haben.«

      »Wie alt ist der Thomas Neumayr?« wollte der Pfarrer wissen.

      Max beschrieb, was in dem Fahndungsaufruf stand. Sebastian hörte aufmerksam zu, und irgendwie kam ihm die Beschreibung bekannt vor. Alles, was sein Bruder ihm da erzählte, erinnerte ihn an den jungen Mann, der ihm gestern auf dem Heimweg begegnet war und sich nach dem Weg zum Brandtnerhof erkundigt hatte.

      Gleich nach dem Essen verabschiedete Max sich. Sebastian setzte sich in sein Arbeitszimmer. Noch hatte er eine gute Stunde Zeit, bis er nach Waldeck hinüber mußte. Dort fand an jedem Mittwoch nachmittag eine gesellige Kaffeerunde in dem Altenheim statt, an der der gute Hirte von St. Johann immer gerne teilnahm. Die Bewohner freuten sich die ganze Woche darauf. Meistens wurde gemeinsam gesungen, oder ein paar Musiker spielten auf. Manchmal konnte jemand für eine Dichterlesung gewonnen werden, und Pfarrer Trenker kam nicht umhin, den alten Leuten von seinen Bergtouren zu erzählen, auf denen er so manches Abenteuer erlebte.

      Oftmals hatten seine Erlebnisse einen ganz banalen Anfang, bei dem sich niemand vorstellen konnte, welchen tragischen Verlauf sie nehmen würden. Aus einer zufälligen Begegnung entwickelte sich ein Drama, das dank der Bereitschaft Sebastians, alles für seine Mitmenschen zu tun

      und unkonventionell zu helfen, bisher immer einen guten Ausgang fand.

      War die gestrige Begegnung so ein Anfang?

      Der Geistliche grübelte darüber nach. Die Beschreibung, die Max ihm von dem Gesuchten gegeben hatte, traf auf den jungen Mann zu, der sich nach dem Weg erkundigt hatte. Sebastian sah ihn förmlich vor sich, und seine Ahnung, die ihn selten trog, sagte ihm, daß er früher oder später einen Besuch auf dem Brandtnerhof machen mußte.

      Er


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