Wyatt Earp Staffel 1 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Staffel 1 – Western - William Mark D.


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      »Bleib stehen!«, bellte Flanagan ihn an.

      Aber der Säge-Meister Joe Cramer kümmerte sich nicht mehr um den Texaner. Er ging weiter.

      Und das rechneten ihm die Arbeiter hoch an, sie würden es nie vergessen.

      Cramer ging auf seinen zusammengebrochenen Boss zu, kniete neben ihm nieder, wälzte ihn auf den Rücken und sah in sein Gesicht. Nur einen Augenblick, dann erhob er sich wieder, warf dem Texaner einen hasserfüllten Blick zu und wandte sich dann an die Arbeiter.

      »Er ist tot.«

      Es waren nur drei Worte, aber sie fielen wie Kanonenschläge in die Gemüter der Männer.

      Und drüben setzte sich Hal Flanagan jetzt in Bewegung. Mit hölzernen Schritten kam er näher. Vor dem reglosen Körper Chestertons blieb er stehen und warf nur einen kurzen Blick in sein Gesicht. Dann bückte er sich, riss dem Toten mit einem brutalen Griff den Revolver aus der starren Hand, steckte ihn ins linke Halfter, wandte sich um und ging zu seinem Pferd. Mit seltsam eckigen Bewegungen zog er sich in den Sattel und ritt aus dem Hof. Es waren kaum fünf Minuten vergangen, seit er gekommen war. Und doch hatte sich hier inzwischen eine Tragödie abgespielt.

      Jim Chesterton war tot. Sein Herz hatte versagt, hatte ihm die Kugel erspart, die ihm der gefühllose Texaner zweifellos ins Leben geschickt hätte.

      Was der Revolvermann zurückgelassen hatte, war kaltes Entsetzen. Eine Gruppe von Menschen, die das Scheußlichste erlebt hatte, was in diesem Land zu erleben war.

      Und doch war es nur ein kleines Glied in der Kette von Grausamkeiten gewesen, die der Revolvermann Flanagan schon hinter sich zurückgelassen hatte.

      Als er die Straße erreichte, seinen breiten Rücken dem Hof zukehrte, sprang ein rothaariger Bursche vor, riss seinen Colt hoch und spürte die harte Faust Joe Cramers, die ihm die Waffe aus der Hand hieb.

      »Jetzt nicht mehr, Tim! Jetzt ist es zu spät …«

      *

      Der Texaner ritt aus der Stadt hinaus.

      Es scherte ihn nicht, dass er seinem Namen in dieser Stunde einen noch dunkleren Klang, eine noch sprödere Färbung gegeben hatte.

      Wie ein Wirbelwind durcheilte die Botschaft das Land. Sie eilte von der Stadt Joplin in alle Himmelsrichtungen – und sie drang auch in die kleine Missouri-Stadt Lamar.

      Im großen Salon eines prächtigen, ziemlich neuen Hauses mitten in der Mainstreet von Lamar saß ein schwerer Mann mit rotem aufgedunsenem Gesicht und hervorquellenden Froschaugen hinter einem massiv eichenen Schreibtisch. Er hatte seine feisten roten Hände vor sich auf der Tischplatte liegen und starrte auf ein Zeitungsblatt.

      Die schwarzen Lettern tanzten vor seinen Augen.

      Da stand es ganz deutlich und klar: Sägemüller Chesterton im Duell mit Hal Flanagan umgekommen!

      Holyoke lehnte sich in seinen Ledersessel zurück, steckte sich eine große helle Zigarre an und blies genießerisch kleine blaue Rauchwolken gegen die Decke.

      Er war also tot, der Gegner, der Feind! Der Mann, der ihm mit der Schuldforderung den Hals abschnüren wollte.

      Ed Holyoke dachte nicht einen Augenblick daran, dass Chesterton bisher nicht den leisesten Versuch gemacht hatte, ihn an die alte Schuld zu erinnern. Nie hatte der Sägemüller den Freund an das Geld gemahnt.

      Jetzt war er tot – und mit ihm die Schuld.

      Holyoke wischte sich mit dem Handrücken übers Kinn und hatte ein hohnvolles kleines Lachen in den Augenwinkeln stehen.

      Gut gelaunt erhob er sich, nahm im Korridor seinen Melbahut von der Garderobe und ging hinaus.

      Vor der Tür kam ihm eine bildhübsche junge Frau entgegen. Sie trug ein rosafarbenes Kleid, das vom Gürtel ab in einer weiten, faltenreichen Glocke bis zum Boden fiel. Der ebenfalls rosafarbene Biedermeierhut hob ihr puppiges Kindergesicht noch mehr hervor. Aber es schien nur ein Kindergesicht zu sein, bei näherem Hinsehen waren der wissende Zug um den Mund und das kalte Leuchten in den Augen deutlich zu erkennen.

      Holyoke stand wie verzückt da und sah seine junge Frau an.

      »Jenny, mein Gold, mein Engel – du kommst schon zurück? Geht es deiner Mutter besser?«

      »Doch, ja«, sagte die Frau mit einer seltsam harten Stimme und schob sich an dem schweren Mann vorbei ins Haus.

      Der Holzhändler blickte ihr wohlgefällig nach. Dann steckte er die Daumen in die Ausschnitte seiner zitronengelben Weste und ging über den breiten Vorbau auf die Treppe zu, die hinunter zur Straße führte.

      Jäh verhielt er seinen Schritt.

      Drüben vor dem Marshal-Office stand ein hochgewachsener dunkelhaariger Mann mit breiten Schultern, schmalen Hüften und tiefbraunem ernstem Gesicht. Er trug ein weißes Hemd, eine Samtbandkrawatte, eine offene schwarze Weste und schwarze Levishosen, die unten über die Kurzschäfte der hochhackigen Stiefel liefen.

      Auf der linken Westenseite blitzte der fünfzackige Stern im silbernen Kreis.

      Dieser Mann war der junge Constabler Wyatt Earp. Er war seit einiger Zeit im Marshal-Office als Hilfspolizist eingestellt. Sein Vater hatte im Norden vor der Stadt eine kleine Farm, auf der die drei Brüder Wyatts arbeiteten.

      Holyoke fühlte den Blick der tiefblauen Augen des jungen Mannes in seinem Gesicht. Und plötzlich wusste er, dass er Angst vor diesem Blick hatte. Er wusste, dass er den Constabler Earp nicht leiden konnte, dass er ihn von dem Tag an, an dem der ihn drüben in der Sägerei davon abgehalten hatte, einen dunkelhäutigen Arbeiter halb tot zu schlagen, geradezu hasste.

      Und jetzt stand er da, mit gespreizten Beinen und über der Brust verschränkten Armen, und sah unverwandt zu ihm herüber.

      Holyoke hatte kein gutes Gefühl bei diesem Blick. Weshalb sah ihn der Kerl so an? Was wollte er?

      Und dann fiel dem Händler plötzlich Jim Chesterton ein, der Freund, den er von einem texanischen Schießer hatte ermorden lassen.

      Ermorden?

      Wer wollte es Mord nennen? Es war ein faires Duell. Jawohl, ein faires Duell. Es sollte ihm einmal jemand sagen, es sei seine Schuld, dass Chesterton tot war!

      Aber da war ja noch der Revolvermann!

      Er wusste von allem. Und er hatte ja auch den Grund erfahren, weshalb Jim Chesterton hatte sterben müssen.

      Holyoke sah immer noch die Augen des Constablers auf sich gerichtet. Nein, er würde sicher nicht wegsehen, nicht den Kopf heben und davongehen. Er war ein Fuchs, der alte Edward Sefton Holyoke. Er war gerissen genug, es nicht sinnloserweise mit der Polizei zu verderben. Schließlich konnte ihm der Constabler nur schaden, wenn er sein Feind war.

      Holyoke verließ pfeifend den Vorbau und überquerte die Straße.

      Er hielt direkt auf Wyatt Earp zu.

      Vor der Treppe, die zu dem schmalen Vorbau des Marshal-Offices hinaufführte, blieb er stehen und sagte, ohne die Zigarre aus dem Mund zu nehmen: »Wie geht’s, Wyatt?«

      Der Constabler bewegte den Kopf nicht.

      »Danke«, sagte er halblaut.

      Und nun war das Unbehagen, das Holyoke beim Blick des Hilfs-Marshals empfand, so stark, dass er sich doch weiterwandte. Schon halb der Straße zugekehrt, vernahm er die Stimme des Constablers hinter sich: »Haben Sie schon gehört, dass Ihr Freund Chesterton aus Joplin tot ist?« Holyoke blieb wie angewurzelt stehen.

      Sollte der Constabler etwa wissen …? Ausgeschlossen! Es war ein purer Zufall, dass er nach Chesterton fragte. Schließlich wussten eine Menge Leute in Lamar, dass er Chesterton kannte. Man hatte sich in den verflossenen fünf Jahren hin und wieder einmal gegenseitig besucht. Da war es nur erklärlich, dass in der kleinen Stadt, in der nicht allzu viel passierte, ein Mann wie der reiche Sägereibesitzer Chesterton, der mit einem eleganten Reisewagen und zwei Schimmeln gekommen war, hier auffiel.

      »Yeah,


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