Wyatt Earp Staffel 1 – Western. William Mark D.
und schleuderte ihn in den Straßenstaub. »Da, sieh her! Ich habe keine Haare mehr – aber ich bin Ed Holyoke, und er ist ein armseliger Constabler …«
Jenny starrte ihn entgeistert an.
»Yeah – er gefällt dir wohl. Ich habe es längst gemerkt, dass du nach ihm schielst. Du verdammte Schlange! Immer wenn er drüben aus der Bude kommt, stehst du hinter den Gardinen … Elende Kröte …«
Die junge Frau wandte sich ab und lief auf das Haus ihres Vaters zu.
Der angetrunkene Holzhändler hatte in dieser Stunde seine Frau verloren.
Wyatt blickte ihn ungerührt an.
»Das haben Sie gut hingekriegt, Mister Holyoke. Wirklich, das muss ich sagen. Und nun verschwinden Sie endlich von der Straße, sonst bringe ich Sie so lange in eine Zelle, bis Sie wieder nüchtern sind.«
Holyoke fuhr wie vor einer Kobra zurück.
»Was …, was war das? Was hast du da eben gesagt? Du willst mich einsperren?«
Seine Hand zuckte unter die Jacke, dahin, wo er den vierschüssigen Cloverleaf-Revolver in einer Spezialtasche stecken hatte.
Der Constabler blickte ihm kühl entgegen.
»Lassen Sie den Colt in der Tasche, Mister Holyoke. Und gehen Sie endlich!«
Holyoke wich noch einen Schritt zurück. Seine Hand fuhr aus der Jackentasche. Er hatte den kurzläufigen silberblinkenden Revolver darin.
»Ich werde dich wegputzen, Earp! Einfach wegputzen. Wie Flanagan das macht. So, pass auf! So …«
Er hob den kleinen Colt nach vorn, sah dessen Lauf hin und her schwanken, blickte dann in die plötzlich zu Eis erstarrten Augen des Constablers und ließ den Revolver wieder sinken.
»Es ist gut …, ich weiß, ich bin kein Coltman. Bestimmt nicht. Aber wen ich …, wen ich vernichten will, den vernichte ich. Das …, das schwöre ich dir. Frag ihn …, frag ihn … Ha ha ha ha …« Er lachte dumm und lallend vor sich hin. »Yeah, wenn er noch reden könnte, aber das kann er ja nicht mehr. Ha ha ha ha! Und Hal Flanagan …, der …«
Er machte eine wegwischende Handbewegung durch die Luft, wandte sich ab und torkelte auf sein Haus zu.
*
Jenny war nicht zurückgekommen.
Am Abend, als sein Rausch längst verflogen war, hatte sich Holyoke aufgerafft und war hinüber in das Haus Cole Walkers, des Bürgermeisters, gegangen.
Der alte Herr sah ihm düster entgegen.
»Wo ist sie?«, fragte der Händler dumpf.
»Drin bei ihrer Mutter. Du weißt ja, dass meine Frau krank ist. Du weißt es seit vielen Tagen und hast dich nicht einmal darum gekümmert.«
Holyoke blickte auf seine Stiefelspitzen. Im Grunde hatte er den Major nie leiden mögen, aber um Jennys willen hatte er sich in die Familie aufnehmen lassen.
»Du hast dich abscheulich benommen«, sagte der Major halblaut. »Wir alle müssen uns deinetwegen schämen.«
Das Blut schoss dem unbeherrschten Mann in den Kopf.
»Was heißt wir alle? Du brauchst dich meinetwegen nicht zu schämen! Was wollt ihr überhaupt? Ich habe Jenny alles gegeben! Ich habe sogar das Hochzeitsmahl bezahlt …«
Diese Rücksichtslosigkeit ließ den alten Major erbleichen. Er erhob sich aus seiner Sofaecke.
»Mister Holyoke, ich bitte Sie, mein Haus zu verlassen!«, sagte er scharf.
Der Händler blickte den Bürgermeister entgeistert an. Wieder einmal hatte ihn sein heißes Blut in die Hölle geritten.
Da öffnete sich die Tür zum Nebenzimmer.
Jenny stand auf der Schwelle.
Holyoke sah sie an. Und alle Leidenschaft für die schöne junge Frau flammte in ihm wieder auf.
»Jenny«, stammelte er.
»Geh!«, sagte sie kalt.
Er starrte sie an.
»Geh!«
Holyoke machte ein paar unsichere Schritte auf sie zu.
Da glühten ihm die Augen der Frau böse entgegen.
»Rühr mich nicht an! Geh, und lass dich nie wieder hier sehen!«
Langsam, wie betäubt, wandte er sich um und ging mit schleppendem Schritt hinaus.
Draußen war inzwischen die Dunkelheit hereingebrochen.
Ruhig lag die Mainstreet da.
Nur vor dem Marshal-Office brannte schaukelnd das Windlicht und warf seinen Lichtschein bis auf die Straße.
Drüben aus dem großen Eastern-Saloon drang gedämpfte Musik. Es war das Orchestrion, das der Salooner sich vor einem Monat aus St. Louis hatte kommen lassen, dessen Musik Holyoke so hasste – und die Jenny so geliebt hatte. Oft hatte sie verzückt oben an ihrem Fenster gestanden und hinübergelauscht.
In solchen Minuten hätte er sie erwürgen können, weil er ahnte, dass in ihr der Wunsch brannte, auch hinüberzugehen und zu tanzen, wie die anderen Mädchen auch.
Es war still im Haus. Die farbige Köchin war längst schlafen gegangen. Und die beiden Pferdeknechte Jim und Freddy hockten höchstwahrscheinlich drüben im Saloon am Spieltisch.
Holyoke saß in der Wohnstube in einem der schweren Ledersessel und grübelte vor sich hin.
Mit Schrecken sah er die Ereignisse des verflossenen Tages vor seinem geistigen Auge vorüberziehen.
Wie hatte er sich nur so gehen lassen können!
Er konnte es in dieser Stunde selbst nicht begreifen.
Dem Constabler hatte er in seiner Rage den Colt entgegengehalten. Und der Mann hatte sich nicht gerührt. Keine Miene hatte er verzogen. Ob er so sicher war, dass er seinen eigenen Revolver schneller gezogen hätte, als er, Holyoke, den Hahn hätte spannen können? Ganz bestimmt, sonst hätte er nicht so gelassen dagestanden. Er sollte ja ein verteufelt schneller Schütze sein, dieser Wyatt Earp, sagte man in der Stadt. Wie überhaupt die ganzen Earp-Brüder harte Burschen und gute Schützen waren. Wyatt aber war irgendwie noch aus einem besonderen Holz geschnitzt, wie er im Frühjahr beim Preisschießen auf dreißig Yards mit der Sixgun dem kleinen Tonkrug den Henkel zerschossen hatte, das war schon eine höllische Sache gewesen. Und dann die Geschichte in Ellsworth, wo er die beiden Thompsons gestoppt hatte, wo er gegen eine ganze Horde wilder Treiber allein gestanden hatte. Oh …, das wusste jedermann in der Stadt. So was spricht sich rum in diesem dünn besiedelten Land.
Und er, der angesehene Holzhändler Edward Holyoke, hält diesem Mann einen Revolver entgegen!
Irrsinn.
Er hätte sich jetzt selbst dafür ohrfeigen können.
Aber was ging ihn schließlich dieser Wyatt Earp an? Viel schlimmer war das, was er Jenny angetan hatte. Er spürte in dieser Minute genau und grausam deutlich, dass er sie verloren hatte. Für immer verloren!
Dieser Gedanke zermarterte sein Gehirn, nagte in seiner Brust und quälte ihn scheußlich. Er konnte nicht mehr ohne sie leben. Wie hatte er dieses unschätzbare Glück so leichtfertig verspielen können.
Aus seinen Gedanken schreckte ihn das leise Knarren der Zimmertür hoch.
Holyoke fuhr herum.
Hinter ihm, kaum vier Yards entfernt, stand ein Mann.
Hal Flanagan!
Der Händler saß steif vor Schreck da und starrte den Eindringling an wie ein Gespenst.
Der Texaner machte drei sporenklirrende Schritte in den Raum.
»Hier bin ich, Holyoke«, sagte er mit seiner hohlen Stimme. »Wo ist das Geld?«
Vielleicht