Wyatt Earp Staffel 1 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Staffel 1 – Western - William Mark D.


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aufhielt.

      Ein junger Mann mit blondem Haar, kantigem wettergrauem Gesicht, aus dem ein bernsteinfarbenes Augenpaar glühte, hatte sich vom Pferd geschwungen und stand jetzt breitbeinig mitten auf der Straße. Er schoß so schnell, daß es niemanden auf der heißen Main­street der kleinen Kansasstadt Ellsworth gab, der auch nur einen Cent für das Leben des Postfahrers gegeben hätte.

      Wyatt Earp lag auf der Erde. Aber mit dem Kopf den Reitern zugewandt. Unter dem Hutrand funkelten seine Augen hervor.

      In der Linken hielt er einen seiner beiden Colts, aus dessen Mündung ein dünner gekräuselter Rauchfaden kroch.

      Der Cowboy drüben stand wie erstarrt; dann fiel ihm der Colt aus der Hand.

      Der Mann knickte in die Knie und schlug hart mit dem Gesicht in den Staub der Straße.

      Langsam stand Wyatt auf, nahm den Hut ab, klopfte sich den Staub aus den Kleidern.

      Erst jetzt wich der Bann von den Männern.

      Damned! Was war eigentlich geschehen?

      Der Cowboy war vom Pferd gesprungen und hatte »Heh!« gebrüllt, und dann hatte er sofort geschossen.

      Gedankenschnell war der Mann aus Missouri herumgefahren, hatte sich gleichzeitig in einer halben Pirouette zu Boden fallen lassen und geschossen. Und die Kugel, die er auf die Reise geschickt hatte, war dem zwanzigjährigen Cowboy Rory Calleger oberhalb des Herzens in die Brust gedrungen.

      Wyatt blieb vor dem Gestürzten stehen. Er hatte den Colt längst wieder in das Halfter zurückgleiten lassen. Unendlich langsam hob er den Blick.

      Aber diesmal gab es wirklich niemanden mehr, der noch etwas von ihm wollte.

      Ein riesengroßer Cowboy rümpfte die Nase, kratzte sich das Kinn, nahm die Zügelleine hoch und trabte die Straße zurück.

      Die andern folgten ihm langsam.

      Der Missourier stand allein auf der Straße. Vor seinen staubigen Stiefelspitzen lag der niedergeschossene Cowboy, der seinen wilden Übermut mit einem glühenden Stück Blei in der Brust hatte bezahlen müssen.

      Die Sonne schleuderte eine Höllenglut auf die Häuser; es roch nach Staub, Holz und Pferdeschweiß. Über den Dächern waberte die Hitze.

      Da warf oben auf dem Vorbau der kleine rotnasige Mann seine dünnen Arme in die Luft und krächzte: »Wyatt Earp! Hell and devils! Wyatt Earp!« Dann stürmte er über die Treppenbretter auf die Straße, preßte die Hand des Postfahrers und brüllte noch einmal mit sich überschlagender Stimme dessen Namen.

      Damit war das Eis der Erstarrung gebrochen. Die Ellsworther kamen vom Office heruntergestürmt und umringten den großen, ernstgesichtigen Mann, wollten ihm die Hände drücken, redeten auf ihn ein, bestürmten ihn mit Fragen – und mußten erleben, daß er sich Platz schaffte und zu dem Cowboy niederbeugte. Wyatt riß ihm das Hemd auf und warf einen kurzen Blick auf das Loch, das das Blei in die Brust des Weidereiters gerissen hatte.

      »Wo ist der Doc?«

      Ein kurzbeiniger Mann in einer langen gelben Jacke zwängte sich heran.

      Wyatt erhob sich. »Sehen Sie nach ihm, Doc; vielleicht können Sie ihm helfen.«

      Nur wenige Minuten später hielten drüben im Haus des Doktors John Fuller drei Männer den aus seiner Betäubung erwachten Cowboy fest, als ihm der graubärtige Arzt die Kugel aus der Brust holte.

      Der wilde Rory Calleger war dem Totengräber noch einmal von der Schaufel gesprungen; aber er würde nie wieder einen Colt auf einen anderen Mann richten. Die Kugelverletzung so dicht über dem Herzen hatte eine beidseitige Armlähmung bei ihm hervorgerufen, die ihn von nun an zwang, untätig und siech sein Leben zu verbringen. Es sollte noch dreizehn Jahre dauern, bis ihn unten in einem Spielsalon in Dodge eine verirrte Kugel traf, die ein Texaner auf einen Sheriff abgeben sollte, der den Namen William »Bat« Masterson trug…

      Wyatt Earp stand vor der Tür des Arztes und blickte zu seiner Kutsche hinüber.

      Eine Gruppe Neugieriger stand um ihn herum.

      Der Mayor steckte die fleischigen Daumen in die Ausschnitte seiner zitronengelben Weste. Er war jetzt, da die Gefahr vorüber war, wieder ganz Respektsperson.

      »Mister Earp«, sagte er salbungsvoll. »Ich biete Ihnen einen Job in Ellsworth…«

      »Mit dem Stern?« unterbrach ihn Wyatt.

      »Ja, mit dem Stern.«

      Der Missourier schüttete den Kopf. »Tut mir leid, Major. Ich habe einen Job.« Damit stiefelte er auf die Postkutsche zu.

      »Wir bieten Ihnen monatlich hundert Bucks!« rief ihm der Bürgermeister nach.

      Aber ohne Erfolg.

      Wyatt Earp zog sich auf den Kutschbock, nahm die Zügelleinen hoch und rollte mit seinem knarrenden und polternden Gefährt aus der Stadt.

      Acht Meilen weiter, bei der Pferdewechsel-Station, hielt er an, sprang ab, klopfte dem grauköpfigen Posthalter auf die Schulter und lief zum Brunnen. er warf sich ein paar Hände voll Wasser in das erhitzte Gesicht, setzte sich auf den Brunnenrand und blickte dem Alten zu, wie er die Pferde ausschirrte und frische Tiere aus dem Corral brachte.

      Da trabte oben vom Kamm einer Hügelkette herunter ein einzelner Reiter auf die kleine Station zu. Beim Brunnen hielt er an, schöpfte sich gruß- und fraglos Wasser heraus, benetzte sein Gesicht, trank und setzte sich neben Wyatt auf den Brunnenrand, um sich eine Zigarette zu drehen.

      Der Missourier warf ihm einen forschenden Seitenblick zu.

      Es war ein großer, schwerer Mann mit breiten Schultern und massigem Schädel. Seine Augen standen etwas zu weit auseinander und das Haar hatte einen rötlichen Schimmer. Er trug ein verblichenes blaues Kattunhemd und eine ärmellose Lederweste. Tief unter dem Bund der engen Lewishose saß ein gekreuzter Waffengurt, aus dessen blanken Halftern die Hirschhornknäufe zweier fünfundvierziger Colts hervorblickten. Rechts oben im Gürtel steckte noch einer jener kleinen vierschüssigen Cloverleaf-Revolver, die meist nur Spieler, Salooner und Bankbeamte bei sich trugen. Wyatt wußte, daß diese kleine Waffe nicht nur sehr kostspielig war, sondern auch einen hervorragenden Schützen verlangte. Wenn sie als Schnellfeuerwaffe dienen sollte, mußte sie mit dem sogenannten Hammerschlag (blitzschnelles Schlagen mit der Innenhandfläche der freien Hand gegen den Spanner) benutzt werden.

      Die Hände des Reiters waren breit, knorrig und stark behaart. Wyatt beobachtete unbemerkt die klobigen Finger, wie sie mit Mühe die immerhin gewohnte Arbeit des Zigarettendrehens verrichteten. Er wußte es, noch ehe er einen Blick zu dem texanischen Sattelzeug des hochbeinigen Braunen geworfen hatte, der mit hängendem Kopf neben dem Reiter stand und auf dessen rechter Satteltasche die beiden Buchstaben BT in Silber aufgesetzt waren.

      Dieser Mann war niemand anderes als Bill Thompson, der berüchtigte Bruder jenes Banditen, der drüben in der Stadt den Sheriff Cecil Whitney niedergeschossen hatte.

      »Na, fellow, machst du eine Pause?« fragte der Texaner.

      »Yeah«, versetzte Wyatt.

      Ohne Übergang und völlig geschäftsmäßig meinte Bill Thompson: »Wollen wir ein Spielchen drüben in der Station machen?«

      »No.«

      »Weshalb nicht?«

      »Keine Lust.«

      »Die kommt beim Spiel.«

      »Bei mir nicht.« Wyatt erhob sich.

      »Halt!« zischte es da hinter ihm.

      Wyatt ging weiter.

      Da krächzte die heisere Stimme des Spielers:

      »Bleib stehen, Boy. Ich kann verdammt ungemütlich werden, wenn jemand etwas tut, was ich nicht mag.«

      Wyatt wandte sich um und feixte. »Was du nicht sagst!«

      In dem rissigen brutalen Gesicht des Spielers zuckte es. Er preßte


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