Swingerclub-Anekdoten. Howard Chance

Swingerclub-Anekdoten - Howard Chance


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waren durchweg neugierig und belustigt und einen Moment lang fand ich die ganze Aktion auch gar nicht so dramatisch. Dann setzte mein klarer Verstand wieder ein. Wo kämen wir denn dahin, wenn jede Frau von der Straße einfach hier rein marschiert käme und dann über Essen und Getränke herfiel? Nur Heuschrecken wären schlimmer.

      Ich seufzte leise, als meine Überlegungen an dieser Stelle ankamen. Natürlich hatte ich keine Handhabe gegen die Damen. Sie benahmen sich, trugen vermeintlich Fetisch- Outfit und unsere Eintrittsreglung war eindeutig. Damen zahlen nicht. Basta.

      Missmutig schaufelte ich mir Spätzle und Rindergulasch auf meinen Teller, fügte Tomaten-Mozarella und einen Löffel Sahne-Gurken-Salat hinzu und setzte mich in eine Ecke. Von dort behielt ich den seltsamen Damenausflug im Auge.

      Während ich aß, überlegte ich, wie ich die Situation meinem Chef schildern konnte und ob sich mein schlechtes Gefühl nicht doch irrte. Schließlich könnte es sich bei der Ansammlung skurriler Gestalten um einen einmaliger Kegelausflug handeln, eine Mutprobe oder einen Junggesellinnenabschied.

      Kurz darauf wurde mir klar, dass das schlechte Gefühl seine Berechtigung gehabt hatte: Die Damen zogen weiter. Zur Theke in der Disko. Dort entspannte sich die Gruppe bei netten und kostspieligen Getränken. Keine Blicke, Flirts oder andere Kommunikationsversuche. Die schon erwähnten »normalen« Gäste wurden gänzlich ignoriert und man hörte anregende Gespräche über Urlaub auf Malle, Tante Trudchens Geburtstag und die Pilz-Kur von Onkel Eduard. Ganz, wie man sich Erotik vorstellt. Ätzend! - Eine halbe Stunde später war der Spuk vorbei, die Heuschrecken brachen hastig auf und verschwanden genauso, wie sie gekommen waren.

      »Immerhin eine einmalige Aktion«, kommentierte meine Kollegin von der Tür.

      Ich nickte stumm.

      »Apropos einmalige Aktion: Jemand hat ein Zelt auf unserem Parkplatz aufgestellt und steht nackt davor.«

      »Nackt?«

      »Ja, wie unbekleidet

      »Bin schon unterwegs!«

      Vor der Tür ignorierte ich die wartenden Frauen, die immer noch in ihrem Fetisch-Outfit unterwegs waren, und wandte mich zu dem Zelt. Tatsächlich. Ein unbekleideter Mann.

      Er drehte sich um und strahlte mich an. »’nabend, Howard.«

      »Kumpel Thilo. Was machst du denn hier?«

      Mein Blick wanderte zwischen Zelt, Campingbus und Thilo hin und her und ich versuchte einen tieferen Sinn in den vorhandenen Fakten zu finden. Doch nein, der Freund meines Chefs blieb nackt und sein Zelt stand planlos auf unserem Gästeparkplatz.

      »Wonach sieht es aus?«

      »Nackt zelten.«

      »Genau.«

      »Warum?«

      »Macht mich einfach geil.«

      »Okaaayyy.« Ich zuckte mit den Achseln. War ja ein freies Land und warum sollte ich es mir mit einem netten Stammgast und guten Kunden versauen, nur weil er wochentags einen meiner ohnehin nicht allzu besetzten Parkplatz-Stellplätze blockierte?

      »Und wer sind die reizenden Solodamen dort?«

      »Ein einmaliger Ausflug«, hoffte ich und wandte meinen Blick zum zweiten Problem des Abends. Die sieben Putzzwerge stiegen gerade in ein Fahrzeug, auf dem gut sichtbar das Logo einer lokalen Reinigungsfirma zu erkennen war.

      »Das ist doch gar kein Fetischoutfit. Das sind dickärschige Atta-Girls.«

      »Sehe ich auch so.« Ich kam mir mehr denn je verarscht vor.

      »Du, putzen die nicht das große Büroobjekt am Ende der Straße?«

      »Ja, einmal die Woche«, grummelte ich – und freute mich auf nächsten Mittwoch.

      Von Stunde an erhöhten wir den Eintritt für Solodamen in der Woche symbolisch auf 10 Euro – und die munteren Putzzwerge wurden zum Glück nie wieder bei uns gesehen.

      2. Das Schwein! - Der Fussmatten-Terrorist

      Müde starrte ich auf den Bildschirm und ging die Liste im Geiste noch einmal durch. Hatten wir alles, was für eine Ausstellung auf einer großen überregionalen Erotikmesse notwendig war?

      Mobiler Messestand – vorhanden

      Flyer – vorhanden

      Nette Damen, die sie verteilen – vorhanden

      Eintrittsgutscheine für interessierte Paare – vorhanden

      Getränke,

      Knabberkram und Plastikbehälter für beides – vorhanden

      Prima, dachte ich. Schließlich hatten wir es uns zur Aufgabe gemacht, neue Swinger anzuwerben und generell den Swingerclubs etwas von dem faden oder gruseligen Touch zu nehmen, der von einigen halbdokumentarischen Fernsehformaten geprägt worden ist. Das ging am besten mit Ehrlichkeit, Offenheit und indem man an die Orte geht, an die auch sexuell neugierige und erotisch offene Menschen gehen.

      Dementsprechend machte ich mich auf, die tragbaren Plakatwände, die die wichtigsten Fakten über unseren Club zusammenfassten und einen visuellen Eindruck von unserer Einrichtung und dem Klientel bieten sollten, einzurollen und sicher zu verstauen. Als ich ungefähr die Hälfte sicher und stramm gerollt hatte, klingelte das Telefon.

      »Verflixt!«

      Kurz erwog ich, es einfach läuten zu lassen. Aber da auch das andere Büro nicht besetzt war, gewann mein Gewissen.

      »Schönen guten Tag, Swingerclub X, Howard Chance am Apparat.«

      »Hallo, ich war eben bei euch.«

      »Schön für dich und wer bist du?«

      »Das Schwein.«

      Ich blinzelte. Das Schwein? Das hatte ich doch irgendwo schon einmal gehört. Aber wo? Vorsichtiger geworden erkundigte ich mich: »Und was macht das Schwein

      »Scheißt auf Fußmatten.«

      »Vollidiot!« Ich legte auf, stürmte nach unten und riss die Vordertür auf. Tatsächlich.

      Da lag, mitten auf unserer Fußmatte, ein ansehnliches Häufchen menschlicher Notdurft und stank zum Himmel. Ich schloss die Tür, in der Hoffnung, beim nächsten Öffnen würde sich alles als böser Traum entpuppen. Passierte natürlich nicht. Der Haufen blieb rustikal und massig wo er war und entfaltete mehr und mehr muffige Aromen.

      Jetzt erinnerte ich mich auch. Das Schwein. Natürlich. Der Mann mit der Schweinemaske trieb in allen Bundesländern Schindluder und hatte inzwischen den meisten großen Clubs in Deutschland einen eindeutigen Besuch abgestattet. Erst kacken, dann anrufen, war sein Motto. Und wir brauchten nun dringend eine neue Fußmatte.

      Das Schwein wurde übrigens wenige Monate später von einer Club-Kollegin aus einer benachbarten Stadt, die ihn »beim Geschäft« aus dem Fenster gesehen hatte, erfolgreich gestellt. Auf der Polizeiwache konnte er nicht genau erklären, was ihn getrieben hatte oder warum er in ganz Deutschland Fußmatten diverser Swingerclubs besudelt hatte. Es habe ihn eben irgendwie erregt.

      Von einem wirklichen Verbrechen ist die vorsätzliche Fußmatten-Besudelung nun weit entfernt, es ist schwer jemanden einzusperren, nur weil er in die Ecke scheißt. Die Polizei wollte mit all diesem Blödsinn nichts zu tun haben und schickte das Ferkel in psychiatrische Begutachtung, wo er seine frühkindliche anale Phase hoffentlich inzwischen aufgearbeitet und überwunden hat.

      3. Swinger-Thilo auf Tour

      Freitag, früher Abend. Ich stand an der Bar und wunderte mich über einen Mann, der nun schon zum dritten Mal innerhalb einer halben Stunde an mir vorüber rauschte und dabei einen großen Kreis durch unser Erdgeschoss zog, wobei er immer wieder den Bogen an den Toiletten vorbei machte. Gerade als er zum vierten Mal an mir vorbei ging und ich mir


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