Swingerclub-Anekdoten. Howard Chance

Swingerclub-Anekdoten - Howard Chance


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dich.«

      »Für mich?« Ich starrte auf den Hörer, der mir entgegengehalten wurde, nahm ihn aber schließlich entgegen. Wer konnte einer charmanten Frau in Unterwäsche widerstehen, auch wenn man keinen Anruf gebrauchen konnte und eigentlich auch in zwanzig Minuten frei hatte?

      »Howard Chance«, meldete ich mich deswegen ein wenig schroff.

      »Hallo, Polizei Köln, Kommisar Bäumer am Apparat.«

      Polizei? Adrenalin schlug über mir zusammen. Was war passiert? Und was hatte dieses etwas mit mir zu tun?

      »Wir haben hier einen Mann, Thilo Jäger. Er hat sie als Kontaktperson angegeben. Da er jetzt wieder nüchtern ist, können Sie ihn bei uns abholen kommen. Stolkgasse!«

      »Grundgütiger!«

      Soviel zu in zwanzig Minuten frei.

      Tatsächlich stand ich eine Stunde später auf der Kölner Altstadt-Wache. Dort erfuhr ich die ganze Geschichte:

      Am frühen Nachmittag war Thilo im Brunnen vor dem Hohen Dom zu Köln nahe der Domplatte planschen gegangen. Nackt. Hunderte von Touristen und Shoppern, wie sie in Köln zu dieser Jahreszeit an diesem Ort üblich sind, hatten ihn nicht gestört. Die toleranten Kölner sind Kummer gewohnt und die auswärtigen Gäste dachten sicher, dass alles seine Richtigkeit haben würde. Lediglich der Dom-Aufsicht unter Dienstherr Joachim Kardinal Meissner war die Sache eindeutig zu bunt und so hatte man nach Erscheinen der Ordnungsmacht verlangt, um dem sakralen Platz die Würde zurück zu geben. Wie Thilo in den Brunnen gekommen war, konnte nicht geklärt werden, denn seine Kleidung war nirgendwo zu finden.

      Die alarmierte Polizei lief dementsprechend hilflos um den Brunnen herum und verlangte, der nackte Badende, solle herauskommen. Der weigerte sich mit dem Verweis, er sei ja nackt und würde sich gewaltig fürchten. Schließlich würde er sich nicht umsonst im Wasser verstecken. Nachdem die Polizei ihn nach einer guten halben Stunde mit vier Einsatzkräften mehr oder weniger gewaltsam herausgezogen hatte, sprach er von einem brutalen Überfall. Man habe ihm die Anziehsachen geklaut, und weil er sich so geschämt habe, hätte er sich eben im Brunnen versteckt.

      Für jemanden wie Thilo eine gute Erklärung. Leider hatte er diese mit seinen sachdienlichen Angaben zu den Tätern wieder kaputt gemacht.

      »Leicht lallend hat er zu Protokoll gegeben, die zwei Leute, die ihn überfallen hätten, wären mindestens zwei Meter groß gewesen, vollbärtig, vermutlich libanesische Transen und wären mit der Diebesbeute direkt in den Dom gelaufen«, meinte der Beamte und sah mich so strafend an, als sei es meine hanebüchene Geschichte, die er zum Besten gab.

      »Dann sind wir mit ihm auf die Wache gefahren, haben die Angaben zu seiner Person überprüft, ihm Anziehsachen aus der Kleiderkammer besorgt und ihn wieder gehen lassen.«

      »Unglaublich«, kommentierte ich.

      »Aber es ist noch nicht zu Ende«, erwiderte der Kriminale.

      Ich grinste und sah aus dem Fenster.

      »Nein, natürlich nicht. Aber, Herr Kommisar, ich habe magische Fähigkeiten: Thilo ist noch einmal ausgeraubt und entkleidet worden und sie haben ihn wieder in dem Brunnen gefunden? Diesmal waren es vermutlich albanische Zuhälter auf der Durchreise?«

      Der Beamte starrte mich mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Entsetzen an. Die Erkenntnis, die sich schließlich in seiner Mine abzeichnete, als ich meinen extremen Freund in Empfang nahm, gefiel mir kein bisschen, sie sagte: Manche Leute verdienen einander.

      4. Grabscher Kurt oder »Rette sich, wer kann«

      Die Worte drangen nur rudimentär in meine Gedanken, endeten aber eindeutig mit Howard.

      »Entschuldigung«, meinte ich und sah von den neuen Flyern auf. »Nochmal bitte!«

      »Hast du überhaupt zugehört?«

      »Ja!«, behauptete ich – und gleichzeitig hatte ich die neuen Flugzettel auf Fehler kontrolliert – sprach aber die andere Hälfte der Wahrheit nicht aus.

      »Da ist jemand auf Parkplatz, der macht irgend nen Scheiß«, fasste meine Kollegin das Gespräch zwischen ihr und der jungen, empörten Frau zusammen, die vor ihr stand.

      »Schon wieder der Thilo?«

      Ich verdrehte die Augen.

      »Tanzt er auf der Strasse nackig Lambada oder grillt er sein Würstchen?«

      »Der war es nicht – Thilo kenne ich!«, echauffierte sich unser weiblicher Gast. »Ich bin kaum aus dem Auto raus und schon habe ich zwei Grabschpfoten an den Titten. Keine Frage, keine Anmache, einfach nur ein Griff von hinten aus dem Hinterhalt.«

      »Haben sie erkennen können, wie der Grabscher ausgesehen hat?«

      »Nein, es war total dunkel. Ich habe mich einfach erschrocken, bin sofort losgelaufen und zu euch gekommen.«

      »Ich gehe gucken!«, gab ich zu Protokoll und machte mich – mit Handy und Taschenlampe bewaffnet – auf den Weg. Obwohl unser Parkplatz erleuchtet war und sich direkt an einer Bushaltestelle befand, gab es dunkle Ecken und vielleicht …

      »Hei, Howard. Was machst du denn hier draußen?«

      Eine dunkel gekleidete Gestalt, die sich nur durch die leuchtende Warnweste von den Schatten abhob, winkte mir gut gelaunt zu.

      »’Nabend, Kurt«, grüßte ich unseren Einparkwart. »Wie lange bist du schon hier?«

      »Vielleicht fünf Minuten, vielleicht kürzer.« Interessiert sah er mich an.

      »Verflixt!«, fluchte ich leise. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er jemanden gesehen hätte. Aber Kurt begann erst mit seiner Einwinkaufgabe, wenn es bei uns wirklich losging. Also genau »jetzt«, wie ein Blick auf meine Uhr bewies.

      «Hast du irgendetwas gesehen? Ein Mann, der sich auffällig verhalten hat, einen Solomann, der im Auto lauert?«

      »Nein, wieso?«

      »Jemand hat auf unserem Parkplatz eine junge Frau angegrabscht.«

      »Werde auf Auffälliges achten.«

      »Super. Lieben Dank!«

      Ich stapfte zurück. Jetzt, wo Kurt da war, war nicht nur für eine geordnete Parkplatznutzung gesorgt, sondern auch indirekt für die Sicherheit der weiblichen Gäste.

      »Gut, dass du wieder da bist«, begrüßte mich die Kollegin, und deutete auf eine junge Frau. »Wir haben hier eine Erstbesucherin. Also eine Führung bitte.«

      »Aber klar!« Mit einem Lächeln wandte ich mich zu unserem Gast. »Howard«, stellte ich mich vor.

      »Ich bin die Beate und ganz furchtbar aufgeregt.«

      »Ah… nicht nur bei uns das erste Mal, sondern generell?«, riet ich.

      »Jawoll! Sozusagen meine Entjungferung.«

      »Prima! Da hast du dir den richtigen Club ausgesucht.« Ich schnappte mir Beates Spindschlüssel und hielt ihr meinen Arm hin. Sie hakte sich ein, sichtlich dankbar über die Unterstützung.

      »Hier vorne haben wir deinen Spind, keine Sorge, ich bringe dich hinterher wieder hierher zurück.« Sie musterte den Raum kurz mit verhaltenem Interesse. »Sehr sauber.«

      »Natürlich.« Ich zuckte mit den Achseln.

      »Ein bisschen wie im Schwimmbad.«

      »Das ist so ziemlich das Einzige, womit wir nicht aufwarten können.«

      »Deswegen bin ich ja auch nicht hier.« Sie lachte leise und trotz ihrer Schüchternheit wurde mir klar, dass hier tatsächlich einmal eine Erstbesucherin


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