ALTE GEWOHNHEITEN STERBEN LANGSAM. Ben Trebilcook

ALTE GEWOHNHEITEN STERBEN LANGSAM - Ben Trebilcook


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Mark Reilly, Mark Ellis, Clint Morris, Berge Garabedian, Garth Franklin, Eoin Friel von »Action Elite«, Jordan von »Manly Movie«, Sean Hood, Jeff Sneider, Amy Goldberg, Matt Hamby, Kristian Harloff dem Team von Schmoes Know, Neil Marshall, Johnny Sullivan, Stuart Heritage, Louis Leterrier, Ed Neumeier, Iain Smith, Gail und John McTiernan, Ollie Diaz, Doug Richardson der immer mit Rat und aufmunternden Worten für mich da war (Danke, Kumpel), Steven E. De Souza (Inspirationsquelle der Extraklasse), Joe Carnahan, Jonathan Hensleigh und Roderick Thorp.

      Ich danke meinen sehr guten Freunden, dem Designer Ben Hickman (dafür, dass er sich von Papas Fingerpuste hat umnieten lassen, die Filmemacherei anschob und den Ausdruck »Heute ist Moet-Nacht« prägte), Designerin Ant Edith Gardner (deine Cover sind so genial wie ein Bier mit dir zu zischen), und ebenso sehr danke ich der supertalentierten und mich immer unterstützenden Gang bestehend aus Steve Simmons, Jim Arnott und Dan Baines.

      »Alte Gewohnheiten sterben langsam« ist kein dickes Buch geworden. Es basiert auf einem Originaldrehbuch von mir, aber ich denke, man bekommt ein Gefühl dafür, was für ein Film daraus hätte werden können.

      »An dieses Franchise heranzukommen wird schwer werden«, sagte einmal ein Producer zu mir. Und fügte hinzu: »Ich würde vorschlagen, du erfindest dein Eigenes.«

      Yippie-Ya-Yeah.

      Ich bin ein Berliner

      Drahtige Hände vermischten Ruß und verbrannte Baumwurzeln in einer abgeschlagenen Schale. Die Hände gehörten einem fünfundfünfzigjährigen Japaner. Er trug eine olivgrüne Uniform und ein weißes Stirnband, das er sich fest um die Stirn gebunden hatte, und saß ruhig auf einer Tatami-Matte. Um ihn herum hockten noch einige andere Japaner, die alle etwa im selben Alter waren und die gleiche olivgrüne Kleidung trugen.

      Die Männer wirkten alles andere als gesund, aber sie waren dankbar dafür, in ihrer dunklen, stickigen, unterirdischen Gefängniszelle überhaupt noch am Leben zu sein.

      Das Schnarren schwerer, rostiger Metallscharniere ertönte. Das Geräusch sorgte für ein beunruhigendes Echo, das durch einen Korridor jenseits der eisernen Tür hallte.

      Die wuchtige Zellentür schwang auf, begleitet von einem ohrenbetäubenden Quietschen der schlecht geölten Türangeln. Die inhaftierten Männer erschraken, winselten, und einige von ihnen pressten sich die Hände an die Ohren. Das Geräusch allein war für sie wie Folter.

      Ein etwa einen Meter neunzig großer, europäisch aussehender Mann wurde von vier japanischen Wachen in die Zelle gestoßen. Auch er trug eine olivgrüne Uniform, nur dass sich diese in einem weitaus besseren Zustand als die seiner japanischen Zellengenossen befand. Der Europäer war ein muskulöser Mann, kräftig gebaut und stämmig wie eine Eiche. Er war etwa fünfzig Jahre alt.

      Der Mann mit dem weißen Stirnband blickte dem Europäer tief in die Augen und ließ sich Zeit, aufzustehen. Dann streckte er ihm eine Hand entgegen. Ohne Zweifel eine Willkommensgeste.

      Der Europäer sah auf die kleine Hand des Mannes hinunter und ergriff sie, drückte vorsichtig mit seiner großen Pranke zu und schüttelte sie. Obwohl er beinahe doppelt so groß wie die Männer um ihn herum war, fühlte er sich in ihrer Gegenwart klein, unbedeutend, verloren und schwach. Jetzt war er einer von ihnen. Ein Gefangener.

      Mister Stirnband lächelte, wobei er eine Reihe verfaulter Zähne entblößte, und nickte mehrere Male mit dem Kopf. Er winkte den Europäer zu sich heran und deutete auf die Tatami-Matratze, während sich die anderen Männer setzten oder daneben stellten. Der Japaner war nur wenig älter als der Europäer, doch die Jahre der Gefangenschaft hatten ihren Tribut gefordert. Die Zeit war nicht besonders gnädig zu ihm gewesen.

      Mit seinen tiefliegenden Augen sah sich der Europäer in der Zelle um. Er hatte Glück, dass er nicht den Kopf einziehen oder sich ducken musste. Die Zelle war gerade hoch genug, dass er aufrecht darin stehen konnte. Dann musterte er die Männer in der Zelle, die aus ihren Reisschalen aßen. Er starrte sie an, und eine schmerzhafte, noch junge Erinnerung ließ beinahe augenblicklich eine unbändige Wut in ihm aufsteigen.

      Der Europäer stand vor der Volksbühne in Ost-Berlin und hielt die Hand seines fünf Jahre alten Enkelsohnes. Er war elegant gekleidet, und das aus gutem Grund.

      Die Volksbühne war von dem ungarisch-jüdischen Architekten Oskar Kaufmann entworfen und zwischen 1913 und 1914 erbaut worden. Ihr Motto ›Die Kunst dem Volke‹ prangte lange Zeit an dem Gebäude. Es war als Theater für das einfache Volk gedacht gewesen, um der Arbeiterklasse den Zugang zu Kultur zu ermöglichen. Während des Zweiten Weltkrieges war die Volksbühne fast vollständig zerstört worden und musste in den Fünfzigerjahren neu aufgebaut werden.

      Ein aschblonder, vor Freude strahlender Junge stand neben ihm, in Kleidern, die zum eleganten Auftreten seines Großvaters passten. Ehrfurchtsvoll blickte er zu der riesigen, hünenhaften Statur des Mannes hinauf. Ich bin so stolz auf dich, dachte er bei sich. Ich liebe dich so sehr. Sein Großvater war für ihn ein Held, ein Fels in der Brandung, sein Lehrmeister und tatsächlich wie ein Vater für ihn.

      Denn als sein eigener Vater starb, hatte der Großvater ihn in seine Obhut genommen. Für den alten Mann war der Junge alles. Er lebte für diesen Jungen. Er selbst hatte seinen Sohn verloren und zog nun den Enkelsohn wie sein eigenes Kind auf.

      Damals hatte sein Großvater noch einen weiteren Sohn und auch eine Tochter gehabt, doch zu beiden hatte kaum Kontakt bestanden. Sein Großvater war kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges geboren worden und gerade sieben Jahre alt gewesen, als dieser endete. Es war ihm erspart geblieben, von den Faschisten oder irgendeiner anderen rassistischen Gruppierung hirngewaschen zu werden. Vielmehr war ihm, wie zuvor schon seinem Vater und Großvater und auch seinen Söhnen und seinem Enkelsohn, etwas in die Wiege gelegt worden, das wichtiger war als ein Symbol oder eine Ideologie.

      Ihr Geburtsrecht.

      Den Gefangenen erging es über die Zeit wie ihren olivgrünen Uniformen – sie alterten, nutzten sich ab. Ihre Kleider waren zerrissen, ausgefranst, abgewetzt und versengt. Ihre Gesichter wurden faltig und ihre Haut von Schnitten und Geschwüren gezeichnet. Sie wurden von Ratten, Flöhen, Zecken und Gott weiß von welchem anderen Ungeziefer gebissen. Einige von ihnen hatten sich sogar gegenseitig gebissen. Kratzend und juckend zogen die Jahre an ihnen vorüber.

      Die Schläge und die psychische Folter hatten nachgelassen, nachdem man den Europäer in ihre Zelle gesteckt hatte. Vielleicht, weil die Wächter zu viel Angst davor hatten, ihn zu bestrafen oder zu bedrohen. Vielleicht, weil sie sich vor seiner ungeheuren Größe und seiner austrainierten Statur fürchteten. Vielleicht hatten sich aber auch die Zeiten geändert, waren verflogen und hatten die veralteten Überzeugungen ihrer Peiniger mit sich genommen.

      Langsam ließ der Europäer die Luft aus seiner Lunge entweichen. Sein Atem bildete weißliche Wolken in der kalten, dunklen Zelle. Er kniff die Augen zusammen und beobachtete durch die Gitterstäbe hindurch einen Wächter, der gerade die Batterien einer Taschenlampe wechselte. Er umklammerte die Gitterstäbe und verfolgte mit seinen Augen die Bewegungen des Wächters.

      Plötzlich hieb einer der anderen Wächter mit seinem Schlagstock nach ihm, trieb diesen schmerzhaft in die Wange des Europäers. Dann holte der Wächter noch einmal aus und schmetterte den Schlagstock gegen seine Fingerknöchel.

      Der Europäer zuckte zusammen und taumelte zur Seite, aber dann richtete er sich wieder auf, und irgendetwas in ihm sagte ihm, dass sich seine Lage sehr bald ändern würde.

      Ein anderer Wachmann sah auf und warf unvermittelt eine Batterie nach ihm, und dann mit ungeheurer Wucht noch eine zweite hinterher, die den muskulösen Europäer am Hals traf und nach hinten warf.

      Überraschenderweise war Mister Stirnband zur Stelle und fing ihn auf.

      Der Europäer schloss für einen kurzen Moment die Augen. Dann nickte er mit zusammengekniffenen Augen seinem neuen Freund dankbar zu. Er erstaunte ihn, dass dieser kleine, drahtige Mann eine solche Kraft aufgebracht hatte.

      Jeder der Gefangenen hatte


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