Mami Staffel 9 – Familienroman. Stephanie von Deyen
Er ist so komisch. Im Zoo hat er telefoniert und dauernd über Geld und Geschäfte gesprochen und so was…«
»Ja und? Das ist doch ganz normal. Kinder müssen sich noch nicht ums Geldverdienen kümmern, aber Erwachsene schon… und es ist gar nicht so leicht, am Monatsende noch etwas im Portemonnaie zu haben! Wenn dein Papa finanziell nicht so gut für dich und mich vorgesorgt hätte, ständen wir heute längst nicht so gut da.«
Geld… das brachte Sara wieder zum Gähnen, und flugs bugsierte ihre Mami sie ins Bett.
»Da bleibst du jetzt!« sagte Isabel energisch. »Schlaf ganz schnell wieder ein, Mausi, hörst du?«
*
Herta Gruber, Isabels Mutter und stolze Oma von Sara, spielte ausgesprochen gern Babysitter.
»Ich komme, wenn immer du mich brauchst, Isa!« sagte sie vergnügt. »Dann kann dein Vater wenigstens mit ruhigem Gewissen mit seinem Freund Schach spielen. Ansonsten glaubt er immer, daß ich mich allein langweile, wenn er weggeht. Ach, und es ist einfach gemütlich bei dir zu Hause…«
Frau Gruber, eine gepflegte Frau in den Sechzigern, beugte sich ein Stück vor. Sie und ihre Tochter hatten gemeinsam einige Ostereinkäufe erledigt. Nun saßen sie in einem Café bei Tee und Kirschkuchen.
»Sag mal, Isa!« flüsterte sie vertraulich. »Wie sieht es denn nun aus zwischen diesem tollen Mann und dir?«
Herta Gruber und ihr Mann hatten inzwischen Rolf Berger bei einem gemeinsamen Kaffeenachmittag in Isabels Haus kennengelernt. Besonders Isabels Mutter war restlos begeistet von ihm.
Isabel seufzte. »Nicht so neugierig, Muttchen! Aber… eigentlich gibt’s ja keine Geheimnisse. Ich gehe immer noch auf Distanz, und dafür hab’ ich auch meine Gründe.«
Herta Gruber sah entrüstet aus.
»Das kann ich nicht begreifen, mein Kind! Dieser Rolf ist doch ein Mann wie aus dem Bilderbuch. Er sieht gut aus, verwöhnt dich mit Blumen und kleinen Geschenken… du solltest jetzt endlich einmal an dich denken. Nach all den Jahren des Alleinseins!«
Isabel zögerte.
»Hm… du magst recht haben, Muttchen… aber Saras Wohl steht für mich an erster Stelle. Sie mag Rolf einfach nicht, obwohl er ihr dauernd etwas schenkt. Mal ein Stofftier, dann wieder eine Puppe…«
»Ich liebe mein Enkelkind… aber unsere Mausi kann einen unglaublichen Dickkopf haben!« stellte Saras Großmutter fest. »Nimm das nicht so ernst, Isa! Kinder sind das Salz des Lebens, aber manchmal können diese kleinen Wesen doch sehr stur und egoistisch sein. Sicher will Sara nicht, daß sich jemand zwischen euch drängt. Sie will ihre Mami für sich behalten.«
Isabel schüttelte den Kopf.
»Das glaube ich nicht. Sara ist doch im Grunde schon sehr vernünftig. Und sie hat mir auch ab und zu gesagt, daß sie gern wieder einen Papa hätte. Aber zu Rolf hat sie offenbar gar kein Vertrauen…«
»Würdest du ihn denn heiraten?« wollte Herta Gruber wissen. Dabei leuchteten ihre Augen. Eine Hochzeit… wunderbar! Ihrer Meinung nach war Isabel schon viel zu lange solo. Kurt wurde nun mal nicht mehr lebendig, auch wenn Isa noch so brav allein zu Hause saß und um ihn trauerte. Sie war eine junge Frau, der das Leben und die Liebe doch gewiß noch einiges zu bieten hatten…
Isabel fiel die Kuchengabel aus der Hand.
»Also… erlaube mal, Muttchen! Ich kenne ihn kaum, und du sprichst von Heirat! Nein, nein… dieser Gedanke ist mir noch nie gekommen. Obwohl Rolf mir gefällt. Aber ob es Liebe ist oder einmal Liebe werden kann… ich weiß es nicht…«
Herta Gruber häufte sich energisch einen Löffel Sahne auf ihren Kuchen.
»Du solltest nicht zu lange überleggen, Kind. Sonst ist er am Ende weg. Und dann ärgerst du dich. Dein Vater und ich jedenfalls finden, daß Rolf Berger ein sehr charmanter Mann ist!«
»Du mußt das schon mir überlassen, Muttchen.« Isabel warf einen Blick auf ihre Uhr. »Mein Gott, schon so spät… Sara ist bei Timmy zum Spielen, es wird Zeit, daß ich sie abhole. Also, kommst du dann morgen so gegen acht Uhr abends? Rolf und ich sind um halb neun verabredet.«
»Verlaß dich auf mich!« versprach ihre Mutter augenzwinkernd. »Und mach’ du dir ein paar romantische Stunden mit diesem gutaussehenden Mann. Du hast es verdient, mein Kind, mal wieder umschwärmt zu werden! Übrigens, falls ihr für Ostern etwas vorhabt… zusammen mit Sara… das geht natürlich vor. Ihr müßt nicht zu uns kommen, wenn Rolf…«
»Natürlich kommen Sara und ich am Ostersonntag, wie immer!« Isabel sprang auf. »Sie wäre sonst sehr traurig. Das Ostereiersuchen bei Oma und Opa gehört doch dazu!«
Sara nickte nur, als ihre Mami ihr eröffnete: »Morgen kommt die Oma und paßt ein bißchen auf dich auf, weil ich mit Rolf ausgehe!«
Die Kleine wirkte seit ein paar Tagen ein wenig müde und hustete ab und zu.
»Ich kann auch allein bleiben!« sagte sie und kraulte Kiki am schneeweißen Kopfchen. Das gefiel ihm, und er kniff verzückt beide Augen zu. »Ich bin ja schon groß.«
»Stimmt!« Isabel nahm ihre Tochter in dem Arm. »Aber ich hab’ den Gedanken nun mal nicht gern, daß du allein im Haus bist.«
»Kiki ist doch da.«
»Der kann dir nicht helfen, wenn irgend etwas passiert.«
Sara zog einen Schmollmund.
»Es passiert nichts. Wenn du Angst hast, daß ein Dieb einbricht oder sowas, dann darfst du nicht weggehen, Mami. Schon gar nicht mit diesem Mann.«
»Aber Sara!« Isabel schüttelte seufzend den Kopf. »Was hast du nur gegen Rolf! Er ist doch wirklich nett. Du tust ihm unrecht. Und er gibt sich Mühe mit dir. All’ die hübschen Geschenke, die er dir immer mitbringt…«
»Ich bedanke mich ja auch immer. Aber er braucht mir nichts mitzubringen. Ich weiß, warum er es tut.«
»Und?«
Ein ziemlich verstockter Blick aus blauen Kinderaugen. »Weil… er will, daß ich ihn toll finde. Deshalb schleppt er das ganze Zeug an.«
»Das ist undankbar, Sara!« Jetzt war Isabel wirklich ärgerlich. »Natürlich möchte Rolf, daß du ihn endlich nicht mehr anstarrst wie den Mann im Mond. Er ist ein ganz normaler Mensch wie wir alle und mag dich gern, deshalb wünscht er sich, daß du dich über seine Geschenke freust!«
»Pah!« murmelte Sara bockig und verschwand ohne ein weiteres Wort im Kinderzimmer.
Wirklich… im Moment machte sie Probleme, die kleine Maus! Außerdem schien sie erkältet zu sein. Anhaltender Husten erscholl aus dem Kinderzimmer, und Isabel ging in die Küche, um eine Medizin zu holen.
*
»Du siehst bezaubernd aus!« säuselte Rolf. »Schön wie immer. Ach, was rede ich da… du bist von Mal zu Mal bezaubernder, Isabel.«
Wieder einmal hatte er sie zum Essen eingeladen, ein Kinobesuch sollte folgen. Zum Glück hatte die Firma pünktlich das Gehalt überwiesen, so daß sein Kontostand wenigstens innerhalb des genehmigten Dispokredits blieb. Für Rolf schon Grund genug, auf die Pauke zu hauen. Crevettencocktail, geeiste Melone mit Parmaschinken, Seezunge und Champagner… nur so gewann man Frauenherzen! Und mit Blumen.
Sie saßen im Restaurant »Clochette« unweit vom Dom. Dezent gekleidete Kellner eilten hin und her. Rolf zog hinter dem Rücken eine in Zellophanpapier gewickelte, kostbare Orchidee hervor und überreichte sie Isabel.
»Für eine wunderschöne Frau… an einem wunderbaren Frühlingsabend.«
Sie fand das Ganze ein bißchen pathetisch und übertrieben, aber sicher gab er sich alle Mühe und wollte ihr eine große Freude machen. Also bedankte sie sich ziemlich überschwenglich und dachte bei sich: Jede andere Frau würde mich beneiden. Und was tue ich? Stelle mich ziemlich zickig an und gehe immer noch auf Distanz…
»Ich