Die Eroberung von Plassans. Emile Zola
ward sie ärgerlich und ging zur Opposition über. Ja, Herr Abbé, zur Opposition. Vergangenes Jahr haben wir den Marquis Lagrifoul zum Abgeordneten gewählt, worüber sich die Unterpräfektur nicht wenig ärgerte ... Sehen Sie, das dort ist Herr Péqueur des Saulaies; er spricht jetzt gerade mit dem Bürgermeister, Herrn Delangre.
Der Abbé sah mit großem Interesse hinüber. Der Unterpräfekt, ein brauner Mann, lächelte eben unter seinem gewichsten Barte; seine Haltung war tadellos und hatte etwas vom strammen Offizier und liebenswürdigen Diplomaten. Neben ihm führte der Bürgermeister das große Wort, wobei er komisch mit den Händen heftig gestikulierte. Er schien klein, mit breiten Schultern, verwittertem Gesichte, und erinnerte an einen Hanswurst.
Herr Péqueur des Saulaies, fuhr Mouret fort, wäre beinahe krank geworden, weil der Kandidat der Regierung durchfiel. Er hatte seine Wahl für sicher gehalten. Ich habe mich dabei köstlich unterhalten. Am Abende der Wahl war der Garten der Unterpräfektur finster wie ein Kirchhof, während bei den Rastoils unter den Bäumen überall Lichter herumhuschten und frohes Siegesgelächter erscholl. Auf der Straße läßt man nichts merken; aber in den Gärten hält man sich nicht zurück ... Ja, ich sehe da sonderbare Dinge, ohne viel zu sagen.
Er hielt einen Augenblick inne, als wolle er nicht weiter erzählen, aber der Drang zu reden war in ihm viel zu groß.
Jetzt stelle ich mir nur die Frage, fuhr er fort, was sie auf der Unterpräfektur anfangen, denn sie bringen nie mehr Kandidaten durch. Sie kennen die örtlichen Verhältnisse nicht und sind auch nicht stark genug. Man erzählte mir, daß der Unterpräfekt zum Präfekten aufrücken soll, wenn der Regierungskandidat durchgedrungen ist. Da können sie lange warten! Der bleibt Unterpräfekt! ... Was werden sie ersinnen, um den Marquis zu stürzen? Denn daß sie etwas ersinnen, daß sie versuchen, Plassans auf die eine oder andere Weise zu erobern, ist sicher.
Er sah den Abbé an und hielt sofort inne. Die Augen des Priesters ruhten mit gespannter Aufmerksamkeit auf ihm, seine Ohren waren wie zum Horchen gespreizt, so daß Mouret, in dem die spießbürgerliche Vorsicht erwachte, das Gefühl hatte, schon zu viel gesagt zu haben. Er trachtete es wieder gutzumachen, indem er ärgerlich erklärte:
Übrigens weiß ich nichts. Man spricht so viel spaßiges Zeug. Ich wünsche nur, daß man mich in meinem Hause in Ruhe läßt.
Er wäre jetzt gerne vom Fenster weggegangen, doch wagte er es nicht gleich zu tun, nachdem er so viel mit dem Priester geplaudert hatte. Er fühlte, wenn sich einer über den anderen lustig gemacht hatte, daß er gewiß keine schöne Rolle gespielt hatte. Der Abbé sah unterdessen ruhig bald in den einen Garten hinüber, bald in den anderen, und machte nicht den geringsten Versuch, Mouret zum Weitererzählen aufzufordern. Dieser wünschte sehr, daß seine Frau oder eines seiner Kinder den guten Einfall habe, ihn zu rufen, und fühlte sich erleichtert, als er Rosa auf die Terrasse treten sah.
Gnädiger Herr! rief sie hinauf. Sie wollen wohl heute nicht essen? ... Die Suppe steht schon seit einer Viertelstunde auf dem Tische.
Ja, ja, Rosa, ich komme gleich, erwiderte er.
Er trat jetzt vom Fenster zurück und entschuldigte sich. Die Kälte des Zimmers, die er ganz hinter sich vergessen hatte, verwirrte ihn vollends; es kam ihm mit dem furchtbaren, schwarzen Christus, der alles gehört haben mußte, wie ein großer Beichtstuhl vor. Da sich der Abbé mit einem Gruß empfahl, konnte er das lange Gespräch nicht so jäh abbrechen und sagte mit einem Blick zur Decke:
Also in jener Ecke ist es?
Was denn? fragte der Abbé überrascht.
Der Fleck.
Der Abbé mußte unwillkürlich lächeln und zeigte dem Hausherrn noch einmal den Fleck.
Oh, jetzt sehe ich ihn sehr gut, erwiderte dieser. Also abgemacht, morgen kommen die Arbeiter.
Dann ging er hinaus, und die Türe schloß sich geräuschlos hinter ihm. Die Ruhe, die auf der Treppe herrschte, machte ihn betroffen und er sagte sich leise:
Ein vertrackter Mann! Er fragt nichts und doch sagt man ihm alles!
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