Das lustige Komödienbüchlein. Franz Pocci
Negromanticus. Dich kann ich nur als grimmigen Wächter brauchen aber nicht als Gärtner, der meine verzauberten Blumen pflegt. Daß der mir entlief und ich ihn trotz meiner Zauberkünste noch nicht ersetzen konnte, ist mir höchst unangenehm. Ich habe schon überall herumgeschrieben, aber 's will keiner zu mir. Jetzt muß ich die Blumen selbst gießen, sonst verschmachten sie und ich vermag sie nicht mehr in Menschen zu verwandeln.
Leopardus. Das habt ihr von eurer Grausamkeit gegen die Frauenzimmer. Zuerst raubt ihr sie und dann, wenn sie euch nicht heirathen wollen, verzaubert ihr sie in Blumen. Wenn ich des Nachts vor meiner Hütte liege, höre ich oft ihren wehmüthigen Gesang; selbst mein Leopardenherz wird oft zu Tigerthränen gerührt und ich verbeiße meine Weichmüthigkeit immer an den alten Knochen, die ihr mir zu nagen gebt. Besonders die weiße Lilie da lamentirt am kläglichsten.
Negromanticus. Schweig, Esel, das verstehst du nicht. Marsch, füll' mir die Gießkanne am Zauberbrunnen mit Eau de Cologne und bringe sie schnell her. (Leopardus ab.) (Streichelt die Lilie.) Ja mein liebes, sanftes Prinzeßchen Lilienweiß, es ist nur deine eigene Schuld, daß du nun als Blume dein schönes Häuptlein im Morgenwinde hin und her neigen mußt. Hättest du mich geheirathet, so wäre Alles gut und du wärst nun die Gemahlin des großen Zauberers Negromanticus.
(Leopardus kömmt, mit einer großen Gießkanne zurück.)
Leopardus. Da ist die Gießkanne. Jetzt schüttet d'rauf los auf die armen Dinger (knurrt).
Negromanticus. (nimmt die Gießkanne und übergießt die Blumen.)
Mit Wasser dem süßen
Will ich euch begießen,
Es soll auf euch fließen
Zum Blühen und sprießen!
Gebt mir nur ein Zeichen,
Von Herzenserweichen,
Ihr rothen, ihr bleichen,
Gebt mir nur ein Zeichen.
Damit Schmerzens-Klage
Euch's Herz nicht zernage
Gebt Antwort der Frage
Die täglich ich sage:
Welche von euch entschließt sich endlich, mich zu heirathen? – nun– –?
Die Blumen sprechen: Keine, Keine, Keine!
Negromanticus. Gut! so bleibt's dabei, ihr dummen Dinger. Ihr bleibt Blumen und ich bleib ledig. Verdammt! Es gibt aber noch andere Mittel euch zur Vernunft zu bringen. Wartet nur; jetzt will mich keine von euch zum Manne haben und auf einmal werdet ihr mich Alle wollen; aber da werd' ich nur Eine wählen und die Andern werden in Verzweiflung gerathen.
(Die Blumen lachen.)
Was? ihr untersteht euch zu lachen? Das ist impertinent!
(Geht unter fortwährendem Gelächter der Blumen ab.)
Leopardus (allein). Recht so! bravo! ihr Blümlein fein! Lacht nur den alten Narren aus. Hatte ich nur die Macht, euch wieder in Jungfräulein zu verwandeln, ich würde als Leopardus eine nach der andern aus lauter Liebe mit Haut und Haaren auffressen!
Die Blumen. Wir danken schön!
Leopardus. Merkt auf! Jetzt will ich euch Eins vorsingen.
Lied
(in Einem Tone gesungen mit Tamburin-Begleitung.)
Leopard bin ich genannt,
Weither aus dem Wüstenland
Auf vier Beinen lief ich schnell
Ehemals mit getupftem Fell!
Jetzt lieg ich im Garten hier,
Auf zwei Beinen statt auf vier
Und als Wächter mancher Blum'
Bringt die Langweil mich um.
Zauberer Negromanticus
Macht uns allen viel Verdruß,
Pack' ihn einmal doch am Schopf,
Freß' ihn bis zum letzten Knopf.
Nun wie gefällt euch dies Lied? Es ist ein sogenanntes »Wüstenlied« mit einigen kleinen Abänderungen.
Die Blumen. Gut, gut, schön, schön!
Leopardus. Nun wird es bald Mittag, die Sonne sticht schon gewaltig. Ich will ein kleines Schläfchen machen. –
(Er legt sich hin und schläft ein.)
Unter leiser Musik stiegen Schmetterlinge herbei und setzen sich auf die Blumen, nur auf die Lilie nicht.
Lilie.
Allein muß ich sein
Im Blumen-Hain
Wer will mich erlösen
Vom Zauber dem bösen?
(Fee Liebinniglich erscheint von Wolken getragen)
Fee.
Geduld, Geduld! Liebinniglich
Kömmt, Lilienweiß, zu trösten dich!
Der Freudentag wird kommen
Und alles Leid genommen!
Geduld, Geduld in trüben Stunden
Hat manchen Schmerz wohl überwunden;
Ein krankes Herz, eine Dornenkron'
Die bringen oft den schönsten Lohn!
Drum sei getrost lieb Lilienweiß
So wahr Liebinniglich ich heiß.
Der Vorhang fällt.
II. Aufzug.
Zimmer im Pallaste des Königs Goldkron
König sitzt, vor ihm Dünkelmayer.
Dünkelmayer. Euer Majestät haben mich rufen lassen, womit kann meine Gelehrsamkeit dienen?
König. Ihre Gelehrsamkeit werde ich demnächst nicht mehr gebrauchen können; denn was soll's mit Ihrer Astronomie, Geographie, Philologie, Chemie und Philosophie, wenn Sie noch nicht entdecken konnten, wo meine geliebte Tochter ist, die mir vor einem Jahre schon entführt wurde? Gütiger Himmel! Vielleicht ist dieses liebe Kind gar nicht mehr unter den Sterblichen! etwa schon von einem wilden Thiere gefressen! Es ist erschrecklich, was mein königliches Vaterherz oder mein väterliches Königsherz leidet! Wozu habe ich Sie angestellt, als daß mir Ihre Wissenschaft und Ihre Genie nützlich werden? Wozu habe ich Sie zum Hofrathe ernannt, wenn Sie keinen Rath zu geben wissen?
Dünkelmayer. Es gibt Verhältnisse und Umstände, welche außerhalb der möglichen Errungenschaften aller wissenschaftlichen Forschungen sind, Majestät. – Aber dennoch bin ich überzeugt, daß ich einmal den Knoten zu lösen im Stande sein werde, wenn Allerhöchstdieselben mir Zeit gewähren.
König. Zeit, Zeit und immer Zeit! Wie lange studiren und experimentiren Sie schon an der Aufgabe, die ich Ihnen gestellt habe?
Dünkelmayer. Ich bin eben noch nicht damit fertig geworden, die Zirkel und Quadrate des Lebenshoroscopes der Prinzessin Lilienweiß, Königlichen Hoheit, dergestalt zu combiniren, daß