Das lustige Komödienbüchlein. Franz Pocci
Casperl. Ja was ist denn da wieder los? Alleweil Spetakel! Warten's a Bißl und lesen's zuerst den Brief!
(Sieht Bär und Drachen.)
Da dank ich gar schön; auf der ein' Seiten ein Drach und auf der andern ein Bär! Da lauf ich davon.
Bär. Halt Freund! der Bär thut dir nichts zu Leid.
Casperl. A! da Hab' ich Respekt, des ist ein Mal ein manirlicher Bär, gewiß sind Sie ein quieszirter Tanzbär und privatisiren jetzt.
Rosenroth. Was steht in diesem Briefe? Vermuthlich ist er vom König Goldkron.
Casperl. Ja, von dem ist er. Wie haben's jetzt das wieder errathen können? Sie sind halt ein Tausendsasa.
Rosenroth. Sehr natürlich! Es wird die Antwort auf meine Anfrage sein, die ich dich stellen hieß.
Casperl. Richtig, so ist's.
Rosenroth (liest) »Edler Prinz! Sei mir jederzeit willkommen! Empfange zugleich mein königliches Wort, daß ich dir meine geliebte Tochter Lilienweiß zur Gemahlin gebe, sobald du sie aus den Händen des bösen Negromanticus befreit haben wirst!«
»Goldkron, König.«
Casperl. Punktum, Streusand d'rauf! aber auf den Punktum kommt's halt noch an, wegen der gewissen Befreiung.
Rosenroth. Nun erst bin ich doppelt begeistert und mein Muth kennt keine Grenzen, da der schönste Lohn des Lebens mir entgegenwinkt!
Heda, Drache! stell dich zum Kampfe!
Drache. Ich bin bereit. (Er erhebt sich und schlägt mit den Flügeln.)
(Casperl versteckt sich.)
Rosenroth. Wohlan.
(Er kämpft mit dem feuerspeienden Drachen, haut auf ihn ein; der Bär stürzt sich d'rauf.)
Drache. Ich bin besiegt.
Versinkt in den Boden. Ein papierener Drache fliegt auf und verschwindet oben; Rosenroth und Bär fallen sich in die Arme.
Casperl (aus seinem Versteck hervortretend.) Ah! das ist aber schön! Herr Jegerl, der schöne Drach! Ich mein', ich bin auf der Oktoberfestwiesen. Juhe, Juhe!
Duett.
Rosenroth und Bär.
Viktoria, Viktoria,
Der Sieg ist nun errungen!
Viktoria, Viktoria,
Der böse Drach bezwungen!
Viktoria, Viktoria!
Rosenroth. Nun will ich den Zweig brechen, um Lilienweiß zu erlösen und als Braut heimzuführen!
Bär. Und mich berühre dann auch mit dem Wunderzweige, damit ich von meiner Bärenhaut befreit werde.
Casperl. Und mich rührn's a bißl an, damit ich eine Bärenhaut krieg, denn die brauch ich zu die Schlag, die ich allenfalls noch bekommen könnt.
(Während alle drei sich der Eiche nähern, verwandelt sich die Szene in den Zaubergarten wie im ersten Aufzuge.)
Zaubergarten des Negromanticus.
Negromanticus und Leopardus.
Negromanticus. So eben habe ich in meinen Zauberspiegel gesehen, daß mir eine große Gefahr droht. Auch ist mein Trinkglas zersprungen, was von übler Vorbedeutung ist. Ich muß alle meine Zauberkräfte zusammennehmen, um nicht zu unterliegen; auch auf dich zähle ich, Leopardus. Sei wacker und bleibe ein treuer Wächter. Jedenfalls suche zu verhüten, daß irgend Jemand diesen Garten betrete. Nach überstandener Gefahr werde ich dich dadurch belohnen, daß ich dir deine vorige Gestalt wieder gebe und als Leopard in die ägyptische Wüste laufen lasse.
Leopardus. Ich danke dir im Voraus. Lieber aber war es mir dennoch, wenn du mich an eine Menagerie verkaufen würdest, wo ich meine alten Tage bei guter, regelmäßiger Fütterung beschließen könnte.
Negromanticus. Auch gut, wenn es dir lieber ist! Nun geh' ich in mein Zauberkabinet, um mich mit allen Waffen zu rüsten, die mir meine Kunst bietet. Einstweilen sei wachsam und brülle, wenn ich kommen soll. (ab.)
Leopardus (allein.) Nun, Gott sei's gedankt, erscheint vielleicht doch einmal der Augenblick, der mich aus dieser Sclaverei befreit! Aha! da kommt schon Etwas heran.
Casperl (guckt herein). Ps, Ps guter Freund! Ich möcht' Ihnen a bißt was sag'n.
Leopardus. Marsch da, hier darf Niemand herein!
Casperl. Wenn ich aber Entrée zahl; auf a paar Sechser kommt's mir nit an.
Leopardus. Hier wird man auch gegen Geld nicht eingelassen.
Casperl. No, laßn's nur ein Wörtl mit sich red'n!
Leopardus. Nichts da, oder ich erwürge dich!
Casperl. Ich muß ja hinein, weil mein Herr auch bald nachkommt.
Leopardus. Wage es nicht einzutreten, oder –
Casperl (stolpert und fällt herein). Schaugen's – ich bin ja nicht hereingetreten, ich bin ja nur hereing'fall'n. (Steht auf.)
Leopardus. Jeder Fremdling, der diesen Boden betritt, ist verloren, (ruft) Negromantikus!
Ein Blitzstrahl verwandelt Casperl in einen Esel.
So, da hast du den Lohn für deine Unverschämtheit. Als Esel kannst du die Disteln und sonstiges Unkraut dieses Gartens fressen! Nun ist wohl die Gefahr, von welcher Negromanticus gesprochen, vorüber. Ich will zu ihm und mir den versprochenen Lohn holen für meine Wachsamkeit. (ab)
Casperl (als Esel) Ya, Ya, Ya!
Prinz Rosenroth den Eichenzweig in der Hand und Ritter Hugo von Felseck treten ein.
Felseck (wieder in ritterlicher Gestalt) Wie leicht ist mir, seit ich meine ritterliche Gestalt wieder habe. Der schwerste Turnierharnisch war mir nicht so lästig wie das abgelegte Bärenfell.
Rosenroth. Sieh hier das Blumenbeet. Dieß werden wohl unsere verzauberten Fräulein sein!
Chor der Blumen. Wir sind es, ja, wir Blumen aller Arten, Die schon so lange auf Erlösung warten. O kommt, befreit uns durch den Zweig der Eiche, Damit der böse Zauber von uns weiche. Doch eilt, damit zuvor wir uns vereinen, Eh' Negromanticus wird hier erscheinen; Wir neigen schon die Köpflein euch entgegen Und harren auf des Eichenzweiges Segen.
Rosenroth. Wer könnte noch zögern, das süße Werk zu vollbringen? (Er naht sich den Blumen.) Göttliche Fee Liebinniglich! in deinem Namen berühre ich die Blumen, damit sie wieder Mädchen werden.
(Er schwingt den Eichenzweig.)
Sanfte Musik hinter der Scene, wie Harfenklänge. Die Blumen verwandeln sich in schöne Jungfrauen, Prinzessin Lilienweiß umarmt Rosenroth und Emma von Hohenthal den Ritter Felseck.
Prinz Rosenroth. Seligster Augenblick meines Lebens!
Felseck.