Das lustige Komödienbüchlein. Franz Pocci
Stunden und dieser Wald ist doch kaum eine halbe Stunde von dem Schlosse des Königs Goldkron entfernt. Ich selbst wage es noch nicht, mich dem Könige zu nähern, bis ich über meine Aufnahme Nachricht erhalten habe.
(Es brummt in der Ferne.)
Was hör' ich! In diesem Walde ist es nicht geheuer. Er ist voll wilder Thiere, ich muß auf einen Kampf bereit sein. Muth, Muth, Rosenroth!
(Es brummt näher)
Es scheint die Stimme eines Bären zu sein! Wehe mir, wenn ich ihn nicht erlege.
Ein Bär (tritt ein). Brum, Brum, Brum!
Rosenroth. Wage es nicht, dich mir zu nähern, oder mein ritterliches Schwert wird dich tödten.
Bär. Halt ein, edler Prinz! Ich thue dir Nichts zu leid. Vernimm vielmehr, was ich dir sagen werde.
Rosenroth. Wie erstaunt bin ich, daß du, ein wildes Thier der Wälder, mich mit menschlicher Stimme anredest!
Bär. Ich bin eigentlich kein Bär, sondern deines Gleichen, ein Mensch und zwar der Ritter Hugo von Felseck. – Unter den Blumen im Garten des Zauberers Negromanticus steht in eine Rose verwandelt meine Braut, Fräulein Emma von Hohenthal. Da durch den Tod des bösen Zauberers alle Blumen wieder entzaubert werden und die unglücklichen Jungfräulein, die ihn nicht heirathen wollten, wieder ihre vorige Gestalt bekommen, suchte ich vor einiger Zeit den Negromanticus im Kampfe zu erlegen; allein wider seine große Zauberkunst vermag selbst ein ritterliches Schwert nicht zu siegen. Er verwandelte mich in einen Bären, wie du siehst, edler Prinz. Lasse dich also auf keinen Kampf mit ihm ein, um Prinzessin Lilienweiß zu befreien.
Rosenroth. Furchtbares Geschick für einen Ritter so vornehmen Geschlechtes.
Bär. Höre weiter! Nachdem ich in diese scheußliche Gestalt verzaubert war, sagte mir der Zauberer höhnisch: »Kühner Ritter, nun Bär, hättest du gewußt, daß die verzauberten Fräulein durch die Berührung mit einem Zweige der Wundereiche zu retten wären, ja meine Macht selbst dadurch gelähmt werden könne, so würdest du sicherlich den kühnen und erfolglosen Kampf mit mir nicht gewagt haben. Nun trage deine Qual in der Bärenhaut.« Dies die Worte des Zauberers.
Rosenroth. O sage, theurer Ritter, sage, wo dieser Wunderbaum steht und wie ich einen Zweig desselben zu pflücken vermag.
Bär. Die Eiche, welche die Fee Liebinniglich gepflanzt hat, steht einsam im schauerlichen Schlangenthale und ist von einem feuerspeienden Drachen bewacht, der an ihrem Stamme liegt. Wer diesen erlegt, gelangt zu seinem Zwecke.
Rosenroth. Ha! diesen Kampf will ich bestehen! Entweder siege ich oder ich falle und der Tod wird mir nur willkommen sein.
Bär. Ich will dir beistehen. Wenn du den Kopf des Drachen abgeschlagen hast, so werde ich das Blut aus dessen stumpfe saugen, damit ihm nicht zwei Köpfe hervorwachsen, was außerdem der Fall wäre.
Rosenroth. Herrliches Unternehmen! Laß dich umarmen werthgeschätzter Ritter; wir wollen ewige Freundschaft schließen.
(Sie umarmen sich)
Bär. Auf denn! Mit vereinten Kräften werden wir wohl das Ungeheuer bezwingen. (Beide ab.)
Casperl (tritt auf, einen großen Brief in der Hand.) No, wo is' er denn? Jetzt lauf i' schon a halbe Stund umanand und find' mein Herrn net. Wir hab'n uns ja da z'sammbstellt. Heda, Heda! Prinz Rosenroth! Wo sind's denn? Sitzen's etwa hinter einer Stauden? Der Casperl ist da! Nix is'! Weiß der Guckuck, wo der wieder hin ist, und ich soll ihm den Brief vom König Goldkron bringen! Hat er vielleicht wieder ein Abenteuer im Kopf? Der Geier soll so an Dienst holn, wo man's ganze Jahr kein Ruh hat! Jetzt darf ich wieder einen halben Tag rumlaufen bis ich ihn find, und derweil sitzt er ganz kommod in ein'm Wirthshäusl und ißt Bratl und Salat, während ich mir Lungl und Leber 'raus renn'. Schlipperment, ist das a Leben! (ruft) Prinz Rosenroth; Durchlaucht! (lauft ab.)
Dünkelmaier. In diesem Walde will ich mich verbergen bis es Nacht wird und ich ungestört meinen Weg fortsetzen kann. Glücklich bin ich bis daher gekommen. Mein Geld hab ich mir in Banknoten umgewechselt und trage es bequem in der Brieftasche. Im nächsten Ort nehm' ich mir Extrapost – denn leider sind die Eisenbahnen noch nicht erfunden – und fahre bis Hamburg, wo ich mich nach Amerika einschiffen werde. Der alte König Goldkron wird mich wohl nicht verfolgen lassen; er denkt nur an seine verlorne Tochter! Ha, ha, ha! (will abgehen.)
Teufel. Halt, Kamerad!
Dünkelmayer. Wer ruft mir? Weh mir – man verfolgt mich!
Teufel. Steh mir, ich bin dein guter Freund.
Dünkelmayer. Ich kenne dich nicht, wie kannst du mein guter Freund sein. Wer bist du?
Teufel. Ich bin der Leibhaftige und will eine kleine Luftfahrt nach Amerika machen; wenn du magst, kannst du mit mir reisen.
Dünkelmayer. Auf dieß kömmt's mir auch nicht an! Recht so! Mit dem Teufel in Compagnie; da hab' ich nichts dagegen.
Teufel. So setz' dich auf meinen Rücken; halte dich aber fest!
(Dünkelmayer hängt sich an den Teufel und sie fahren durch die Luft.)
Teufel. Brrrrrr!
Der Vorhang fällt.
III. Aufzug.
Ein felsiges Thal.
In der Mitte steht eine Eiche, zu deren Füssen der Drache Feuerrachen liegt.
Drache. Obgleich es eigentlich nicht üblich ist, daß Drachen sprechen, so muß ich es doch thun, damit ihr wißt, woran ihr seid. Ich bin also der erschreckliche Drache Feuerrachen. Meine Mutter war die nächtliche böse Fee Schlangenblitz und mein Vater der Zauberer Negromanticus. Von Haus aus war ich eigentlich ein Papierdrache, den die Buben im Herbste auf den Wiesen fliegen ließen; allein nach und nach wuchs ich heran und gewann endlich meine dermalige Gestalt. Ich bin ein furchtbarer Kerl und wer mir in den Weg tritt, dem speie ich Feuer in's Gesicht, wie ihr auch gleich sehen werdet, wenn der gute Prinz Rosenroth einen Zweig von diesem Baume pflücken will, den ich auf Befehl meines Papas zu bewachen habe. Ach! wäre ich doch lieber in meiner Kindheit geblieben; als Papierdrache befand ich mich so wohlgemuth und heiter gestimmt, besonders, wenn ich durch die blaue Luft dahinflog und endlich wieder auf den grünen Rasen niedersank! Nun sind mir diese jugendlichen Gefühle fremd geworden, ich bin mir selbst zuwider. Meine Leidenschaften, die ich nicht bekämpft, mein böses Naturell, das ich nicht überwunden, haben mich complett ruinirt. Laßt euch das Warnung sein! Die beste Seele kann schlecht und verdorben werden! Dieß sagt euch der Drache Feuerrachen.
Prinz Rosenroth und der Bär.
Rosenroth. (das Schwert in der Hand.) Hier sind wir also im Schlangenthale angelangt.
Bär. Und dort steht die Zaubereiche, an deren Wurzeln, der böse Drache liegt.
Rosenroth. Heda, Drache! entferne dich, damit ich einen Zweig des Wunderbaumes brechen kann.
Drache. Mein Platz ist hier und ich weiche nicht von der Stelle!
Rosenroth. So werde ich dich dazu zwingen! (geht auf ihn los.)
(Der Drache speit Feuer.)
Rosenroth. Magst du auch wie ein Vulkan Feuer speien, es wird mich nicht hindern, dich zu vertreiben.