Lass mich!. Kathrine Nedrejord

Lass mich! - Kathrine Nedrejord


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ich.

      Und jetzt denke ich noch an den Abend gestern, als ich wie versteinert in meinem Zimmer auf die Nachricht starrte und mir überlegte, was ich antworten sollte. Ich musste noch etwas schreiben. Bislang ließen sich meine Nachrichten in beide Richtungen deuten. Ja oder nein? Ich fürchtete, dass Amanda recht hatte und dass er mich verarschte. Aber er war neu in Tana, war im Frühjahr nicht hier gewesen und wirkte aufrichtig. Ich beschloss, an ihn zu glauben und ihm zu zeigen, dass ich nicht nur verrückt auf Bücher bin, sondern dass noch mehr in mir steckt. »Ausflug mit dem Flusskahn«, schrieb ich an Samuel und fand, dass das recht nonchalant und weltläufig klang. »Ja! Bin dabei! Was soll ich mitbringen? Schwimmweste? (Sorry, aber ich bin von der Küste und weiß nicht, was auf Flüssen angesagt ist.)« So ging es den ganzen Abend weiter. Es war befreiend, schreiben zu können, und nicht reden zu müssen. Irgendwie benahm ich mich dann weniger seltsam. Ich dachte, dass Amanda stolz auf mich wäre. Mit jeder Nachricht fiel es mir leichter, und schließlich endete alles mit absurden Emojis.

      Amanda legt Line einen Arm um die Schultern.

      Ich verlagere mein Gewicht von einem Bein aufs andere.

      Amanda wirft ihren Kopf bei einem neuen Lachanfall in den Nacken. Meine Güte, was sie heute für einen Spaß hat!, denke ich. Dann sagt Line etwas, denn ihre Lippen bewegen sich, und Amanda lässt sie los, wirft sich dann aber sofort wieder auf sie und umarmt sie.

      Eigentlich tut mir das nicht weh, denn ich weiß, dass sie mir damit eins auswischen will. Das ist das Lehrgeld, das ich zu zahlen habe. Alles nur gespielt. Dann ist Amanda fertig, dreht sich um und kehrt eilig zu mir zurück. Sie wirkt zufrieden. Sie lächelt, sieht mich aber nicht an.

      »Hast du jemanden für das Komitee gefunden?«, frage ich leise, vertraulich.

      Sie nimmt wieder auf dem Tisch Platz, zieht einen Taschenspiegel aus der Jacke und betrachtet sich. Das hat sie nicht nötig, denn sie ist immer perfekt geschminkt. Sie antwortet, ohne mich anzuschauen.

      »Da wollen viele dabei sein, weißt du«, sagt sie. »Wir sind schließlich reingewählt worden, wir sind die Auserwählten. Und die meisten, jedenfalls die, die ein soziales Gen im Körper haben, hätten für diese Chance ihre Großmutter umgebracht. Es war also nicht weiter schwer. Das Gute an Line ist, dass sie auch auftreten kann, damit haben wir eines der Probleme für das Programm bereits gelöst.«

      Ich antworte nicht, sondern starre auf meine Schuhspitzen.

      »Ich hoffe, der Film ist es auch wert«, fügt Amanda leise hinzu.

      »Ich habe gehört, dass er supergut ist«, antworte ich rasch.

      Amanda verdreht die Augen, während sie sich im Spiegel betrachtet. In meiner Hosentasche vibriert es, und automatisch greife ich zu meinem Handy. Ich sehe seinen Namen und öffne die Nachricht: »Hast du eigentlich die Bücher von Margaret Atwood gelesen? Die Trilogie Oryx und Crake?« Ich stecke das Handy weg, ohne zu antworten, aber es ist zu spät. Amanda hat ihren Blick vom Spiegel abgewandt und schaut mich an.

      »Wer war das?«, fragt sie.

      »Nur Mama, die wieder was will.«

      Amanda betrachtet mich eine Weile, sagt aber nichts.

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