Das heitere Lexikon der Österreicher. Georg Markus

Das heitere Lexikon der Österreicher - Georg Markus


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wie Gustav Klimt, Otto Wagner und Adolf Loos den bereits 85-jährigen Rudolf von Alt zu ihrem Ehrenpräsidenten. Bei der Eröffnungsfeier wurde dieser vom Kaiser gefragt, ob er sich nicht schon ein wenig zu alt für die neue Funktion fühlte. Da antwortete Alt: »Majestät, Alt war ich schon bei meiner Geburt. Ich bin immer noch jung genug, um in jeder Stunde neu zu beginnen.«

      PETER ALTENBERG

       Kaffeehausliterat

      * 9. 3. 1859 Wien † 8. 1. 1919 ebd. Eigentlich Richard Engländer. Der Schriftsteller und Bohemien »bewohnte« die Literatencafés Central und Herrenhof. Durch seine Schilderungen von Alltagssituationen wichtiger Zeitzeuge des Fin-de-Siècle. Werke u. a.: »Wie ich es sehe« (1896), »Was der Tag mir zuträgt« (1901), »Märchen des Lebens« (1908), »Neues Altes« (1911), »Mein Lebensabend« (1919).

      Das Central war von Anfang an das Stammcafé Peter Altenbergs – schon deshalb, weil der stets in Geldnöten befindliche Bohemien hier »anschreiben« lassen konnte oder andere Möglichkeiten fand, seine Zeche zu begleichen. So bat er eines Tages einen am Nebentisch sitzenden Herrn um zwei Kronen, um auf diese Weise zu einer Portion Reisfleisch zu kommen. Der Fremde gab ihm das Geld, Altenberg setzte sich zu ihm und bestellte das Reisfleisch. Als der Dichter gegessen und bezahlt hatte, warf ihm der Spender vor: »Warum verlangen Sie zwei Kronen von mir, Herr Altenberg, wenn Sie doch dem Ober nur 1,20 Kronen bezahlen müssen?« »Na hören Sie«, erwiderte Altenberg, »haben Sie hier Extrapreise oder ich?«

      Als Altenberg ein andermal einen etwas zweifelhaften Gast im Central anpumpte, wurde er gefragt, ob er denn als Schnorrer vor niemandem Halt machte. Da antwortete er: »Die Zeiten sind heutzutage schon so schlecht, dass man gezwungen ist, vor Leuten die Hand aufzuhalten, denen man sie im Normalfall nicht einmal reichen würde.«

      Es gab das Gerücht, Altenberg wäre gar nicht so arm wie er stets behauptete. In der Tat schnorrte er einmal Karl Kraus um zehn Kronen an. Als dieser bedauerte, nicht so viel bei sich zu haben, ließ Altenberg nicht locker: »Gib mir zehn Kronen!«

      »Schau, Peter, ich würde sie dir gerne geben, aber ich hab’s wirklich nicht.«

      Darauf Altenberg, ganz selbstverständlich: »Weißt was, ich borg’s dir!«

      Altenberg, der zeitlebens in Hotels wohnte, war auch Wiens erster »Gesundheitsapostel«. Tatsächlich lebte er nach strengen Diätvorschriften und behauptete von sich, »sogar in der kältesten Nacht des Jahres bei offenem Fenster zu schlafen«.

      Ein Freund stellte ihn einmal zur Rede: »Peter, ich bin gestern Nacht am Grabenhotel vorbeigegangen, aber dein Zimmerfenster war fest verschlossen.«

      »Na und«, erwiderte Altenberg, »war gestern die kälteste Nacht des Jahres?«

      Der Arzt fragt Altenberg während der Untersuchung: »Trinken Sie?«

      »Ja.«

      »Rauchen Sie?«

      »Ja.«

      »Von jetzt an dürfen Sie weder trinken noch rauchen.«

      Altenberg zieht sein Hemd an und geht zur Türe.

      »Halt!«, ruft der Doktor, »ich bekomme drei Gulden für meinen Rat.«

      »Ich nehme ihn nicht an«, sagt Altenberg und ward nicht mehr gesehen.

      Altenberg, Egon Friedell und Alfred Polgar sind zum Tarock verabredet. Ehe Polgar die Karten verteilt, fragt er den »Schnorrer« Altenberg: »Spielen wir um zehn Groschen oder um die Ehre?«

      »Spielen wir um die Ehre«, sagt Altenberg. »Die ist entschieden billiger.«

      AXEL VON AMBESSER

       Schauspieler, Schriftsteller und Regisseur

      * 22. 6. 1910 Hamburg † 6. 9. 1988 München. Eigentlich Alexander Eugen von Oesterreich. Gelangte nach seinem ersten Engagement an den Hamburger Kammerspielen nach Augsburg und München. 1936 bis 1945 in Berlin und Wien als Schauspieler tätig, ab 1946 in München. Schrieb Komödien wie »Das Abtrünnige in Herrn Gerstenberg«, inszenierte Nestroy u. v. a.

      Als Ambesser einmal im Theater in der Josefstadt gastierte, wurde er von einem Garderobier ständig als »Herr Professor« angesprochen, wogegen er sich immer wieder zur Wehr zu setzen versuchte.

      »Lieber Pokorny«, sagte Ambesser, »ich bin kein Professor!«

      Es vergingen keine zehn Minuten, da sprach der Garderobier Ambesser neuerlich als »Herr Professor« an.

      »Nein!«, insistierte der Schauspieler. »Ich bin Ambesser, aber kein Professor!«

      Als der Garderobier nach der Pause einmal mehr »Herr Professor, bitte umziehen« rief, wollte der Künstler der Sache auf den Grund gehen: »Hören Sie, Pokorny«, fragte er, »warum sagen Sie denn immer Professor zu mir?«

      Da gab der Garderobier möglicherweise den wahren Hintergrund jeglicher Titelsucht in Österreich bekannt: »Schaun S’ Herr Professor, mir können sich ja nicht einen jeden Namen merken.«

      RAOUL ASLAN

       Schauspieler

      * 16. 10. 1886 Saloniki/Griechenland † 17. 6. 1958 Litzlberg am Attersee. Kammerschauspieler armenischer Herkunft. Seit 1897 in Wien, ab 1917 am Deutschen Volkstheater, 1920 bis zu seinem Tod als Darsteller klassischer Heldenrollen am Wiener Burgtheater (Hamlet, Mephisto, Torquato Tasso, Nathan der Weise u. a.). 1945 bis 1948 Direktor des Burgtheaters.

      Nach dem Krieg war Aslan drei Jahre lang Direktor des Burgtheaters, das infolge der schweren Bombenschäden im Ronacher untergebracht werden musste. Ein alter Schauspieler, der es als Zumutung empfand, in einem ehemaligen Varieté zu spielen, protestierte: »Ich soll im Ronacher auftreten, wie einst dressierte Hunde, Ringer und halbnackte Nummerngirls?«

      »Ach was«, sagte Aslan, »die Burg ist dort, wo wir spielen. Nicht das Haus, die Schauspieler sind die Institution!«

      Während Aslan im Rahmen einer Burgtheatertournee als Nathan der Weise durch die Niederlande unterwegs war, reiste auch Hans Moser durch Holland. Bei dieser Gelegenheit musste Aslan, der als einer der bedeutendsten Schauspieler seiner Zeit galt und der »Burg« schon seit Jahrzehnten angehörte, vom gewaltigen Unterschied zwischen Film- und Theaterpopularität erfahren. Als Aslan bei der Ankunft am Bahnhof in Amsterdam von keinem einzigen Menschen erkannt oder gar angesprochen wurde, Moser jedoch sofort von einer großen Menschenmenge umringt war, da stieß der Mime verzweifelt aus:

      »Iiiich bin das Burgtheater, nicht der Herr Moser!«

      Seine »Texthänger« waren fast so berühmt wie sein faszinierender Vortrag. Bei der Premiere von Beaumarchais’ Der tolle Tag am 19. Jänner 1938 erlebte man Aslan in der Rolle des Grafen Almaviva. Da er in dieser Inszenierung immer wieder quer über die Bühne schreiten musste und so den mitunter weit entfernten Souffleur nicht hören konnte, wurden in den Kulissen mehrere Studenten postiert, die mit Taschenlampen im Dunkel der Hinterbühne den Text mitlasen und ihn, wenn nötig, Aslan zuflüsterten.

      Als eines Abends die Batterie einer Taschenlampe ausfiel, kam der Student nach dem Akt verzweifelt zu Aslan, um sich dafür zu entschuldigen, dass er seine Stelle im Dunkeln nicht habe lesen können.

      »Junger Mann!«, protestierte der Mime wütend. »Jetzt spielen wir dieses Stück schon 15-mal, und Sie können es noch immer nicht auswendig!«

      Einmal sollte er in einem Stück den Satz »Ihr seid schlechtweg ein Meister!« sprechen, doch das Wort »schlechtweg« wollte ihm nicht einfallen. Die Souffleuse rief es ihm zu, der Mime lauschte andächtig, wusste aber nicht recht, wo es einzuordnen sei. Da schrie er zurück in den Souffleurkasten: »Ihr seid schlecht! Weg!«

      Ein von ihm infolge fortschreitender Texthänger konsultierter Arzt verschrieb Aslan Pulver, die


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