Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman - Leni Behrendt


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und außerdem noch tragend.«

      »Oh! Na ja, der Mensch kann ja auch nicht alles haben, was er begehrenswert findet.«

      »Ein Glück«, bemerkte er trocken. »Wohin sollte das wohl führen. Übrigens beleuchtet das Heinrich Zschokke treffend:

      Jeder wünscht sich langes Leben,

      seine Kisten voller Geld.

      Wiesen, Wälder, Äcker, Reben,

      Klugheit, Schönheit, Ruhm der Welt.

      Doch wenn alles würde wahr,

      was man wünscht im neuen Jahr,

      dann erst wär’s um diese Welt,

      glaubt mir – jämmerlich bestellt.«

      »Ich weiß auch, wie’s weitergeht«, lachte sie ihn spitzbübisch an, während sie an seiner Seite zum Wagen schritt.

      »Lebten alle tausend Jahr,

      was gewönnen sie dabei?

      Kahle Köpfe, graue Haare

      und das ew’ge Einerlei.

      Im erschrecklichen Gedränge

      würden Stadt und Dorf zu enge

      und die ganze Welt zu klein.

      Niemand könnte etwas erben,

      denn es würde keiner sterben –

      und wer wollte Doktor sein?«

      »Na, da verstehen wir uns ja ausgezeichnet«, lachte der Mann amüsiert. »Übrigens hätte ich es diesem gleißenden Köpfchen gar nicht zugetraut, daß sich darin dichterische Weisheiten festsetzen könnten.«

      »Ich weiß, ich weiß«, nickte sie gottergeben. »Sie trauen mir überhaupt nichts zu als Oberflächlichkeit. Und nur weil mein Vater Geld hat und mir damit ein Leben bietet, wie es das Gros junger Mädchen nicht führen kann.

      Es ist auch nur eine Marotte, daß ich an dem Hörgishof hänge, ein Spleen, daß ich mich darauf betätige, während zu Hause mich sogar eine Zofe bedient. Extravagant bin ich auch noch und werde später zu den unverstandenen Frauen gehören – jawohl!«

      »Gun, ich bin zerknirscht.«

      »Dafür sind Sie ja viel zu selbstherrlich. Aber macht nichts, ich finde Sie trotzdem nett.«

      Diese Offenheit verblüffte ihn denn doch. Doch bevor er etwas erwidern konnte, war sie in den Wagen geklettert und erklärte großartig:

      »Ergreifen Sie die Zügel und kutschieren Sie mich durch Feld und Flur, durch Busch und Au. Wissen Sie auch, daß dieses meine erste Fahrt im Fuhrwerk ist? Und daß ich sie herrlicher finde als im Auto? Aber das ist natürlich nur der Reiz der Neuheit.«

      Verlegen brummte er vor sich hin, indem er an ihrer Seite Platz nahm und das Pferd zum Trab ermunterte.

      Ein weiter Wiesengrund tat sich auf, durchschnitten von einem Flüßchen, das Erlen umsäumten. Und von Erlen umstanden war auch das kleine Haus, dessen Dach rot und einladend leuchtete. Einige Meter weiter begann der Wald, der sich hinzog, so weit das Auge reichte.

      »Ist das etwa derselbe Wald, an dem der Hörgishofer See grenzt?« fragte das Mädchen interessiert, und der Mann nickte.

      »Ganz recht.«

      »Aber der ist dann ja riesengroß.«

      »Nun ja, ein schönes Stück ist es schon. Leider hat man ihn verwildern lassen, und bis er wieder in Ordnung kommt, vergehen Jahre. Seid ihr Burschen denn ganz von Gott verlassen?«

      Das galt den beiden Hunden, die heranpreschten, mit keuchendem Atem und hängender Zunge. Der Spaniel, der ja längere Beine hatte, war dem Dackel ein Stück voraus. Doch der kleine Kerl ließ nicht nach, raste dahin, daß der gelockte Behang nur so flog.

      »Bitte, halten Sie doch«, bettelte Gudrun. »Die armen Tiere laufen sich ja die Zunge aus dem Hals.«

      »Die armen Tiere sind ganz ungehorsame Gesellen. Sie wissen ganz genau, daß sie keinem Wagen nachlaufen sollen. Aber weil Sie so schön bitten können …«

      Der Wagen stand. Schon eine Minute später war der Spaniel heran, kroch auf dem Bauch zum Gig hin, dabei winselnd zu Herrchen aufsehend. Doch dessen Miene schien nichts Drohendes zu haben. Denn der prächtige Kerl richtete sich hoch und blaffte freudig auf, unterstützt von dem Dackel, der noch kürzeren Prozeß machte. Mit der Unverfrorenheit seiner Rasse kletterte er in den Wagen, ein Satz – dann machte er es sich auf Gudruns Schoß bequem. Allerdings schielte er dabei zu Herrchen hin. Als dieser jedoch in das mitreißende Lachen des Mädchens einfiel, hatte Frech gewonnenes Spiel und wieder einmal seinem Namen Ehre gemacht.

      »Was dem einen recht ist, ist dem andern billig«, legte das liebe Frauchen für den unten stehenden Harras ein gutes Wort ein. »Er darf doch in den Wagen?«

      »Ausnahmsweise. Komm her, du Strolch!«

      Das ließ der Hund sich natürlich nicht zweimal sagen. Ein Sprung, und er streckte sich im Wagen neben das Paket, das so nützliche Sachen für die Kinder des Waldhüters trug.

      »Nun kann das Rößlein wieder traben«, sagte Gudrun fröhlich. Ihre Augen strahlten aus dem leichtgebräunten Gesicht, der Mund lachte. Sonnenschein flirrte über das unbedeckte Gelock, ließ es aufsprühen in metallischem Glanz. Schön war dieses Mädchen, gefährlich schön.

      »Jetzt kann ich erst die Menschen verstehen, die von der Natur schwärmen«, sagte sie versonnen, den weichen Behang des Dackels durch die Finger ziehend, was dieser sich nur zu gern gefallen ließ. »Aber so unberührte Natur habe ich bisher auch nicht kennengelernt. In den mondänen Orten, wohin ich kam, war alles kulissenartig zurechtgestutzt, was ich damals allerdings nicht empfand. Aber jetzt – ja, jetzt ist eben alles anders geworden.

      Das Häuschen dort am Waldesrand mutet direkt heimelig an«, schwärmte sie weiter, ohne den forschenden Blick des Mannes zu bemerken. »So eins muß den Dichter zu dem Lied angeregt haben: Im schönsten Wiesengrunde ist meiner Heimat Haus. Ob das den Menschen, die dort wohnen, bewußt ist?«

      »Wahrscheinlich nicht«, riß Arvid sie trockenen Tones aus ihrer Träumerei. »Dort wohnt nämlich der Waldhüter mit Frau und dreizehn Kindern. Die dürften wohl eine warme Stube und ein Schinkenbrot der Poesie vorziehen.«

      »Pfui, Herr Baron, das war häßlich«, sah sie ihn vorwurfsvoll an, der vergnügt in sich hinein schmunzelte. »Gerade Sie müßten als Landwirt mit der Natur so verwachsen sein, daß Sie zum Dichter werden könnten.«

      »Gott soll mich bewahren!« wehrte er ab. »Zwar soll der Sänger mit dem König gehen, wie Schiller es in der ›Jungfrau von Orleans‹ verlangt, aber nicht mit einem gewöhnlichen Stoppelhopser, falls Sie als Städterin wissen sollten, was das ist.«

      »Doch, ich weiß es. Und zu denen rechnen Sie sich? Sie hopsen doch nicht über die Stoppeln, Sie reiten darüber mit Ihrem edlen Trakehner«, schloß sie lachend, und amüsiert stimmte er ein.

      »Das ist Wortklauberei, meine Gnädigste. Aber schauen Sie mal, was dort aus der Tür des von Ihnen so angeschwärmten Häuschens purzelt, wie Schneewittchens Zwerge. Wetten, daß sie nicht melodisch singen vom schönsten Wiesengrunde, sondern sich ganz unmelodisch auf das Paket stürzen, das zu Ihren Füßen liegt?«

      »Sie sind doch manchmal direkt unleidlich!« blitzte sie ihn empört an. Wurde dann jedoch kleinlaut, als der Wagen vor dem Haus hielt und die Kinder lauthals schrien:

      »Herr Baron, hast du uns was mitgebracht –?«

      »Wollt ihr wohl!« scheuchte er diejenigen weg, die sich auf das Trittbrett des Wagens drängten. »Wenn ihr so aufdringlich seid, bekommt ihr gar nichts.«

      Diese Drohung half. Wie Orgelpfeifen aufgereiht, standen sie da, die blanken Augen begehrlich auf das Paket gerichtet. Acht an der Zahl, stellte Gudrun fest, von denen das älteste Kind vielleicht dreizehn Jahre zählte. Sie waren wohl ärmlich


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