Target on our backs - Im Fadenkreuz. J.M. Darhower

Target on our backs - Im Fadenkreuz - J.M. Darhower


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noch auf Kurzwahl. Dagegen sollte ich wohl etwas unternehmen.

      „Sie warten auf dich“, sagt der Kerl. Seine Stimme ist so hoch, dass es fast komisch wirkt, als ob seine Eier noch nicht abgesunken wären. Vielleicht haben sie sie auch jedes Mal, wenn sie ihm die Fresse polierten, in ihn zurückgestopft. „Folg mir.“

      Ich hätte wissen müssen, dass sie mich beobachten. Es wäre nicht nötig zu klopfen.

      Mir gefällt es nicht, Befehle von anderen Menschen anzunehmen. Es hat mir sogar missfallen, Befehle von Ray zu befolgen. Ich überlege, ob ich mich weigern soll, unterdrücke aber meinen Instinkt und folge dem Kerl. Jetzt ist wahrscheinlich der falsche Zeitpunkt, um meine Dominanz unter Beweis zu stellen.

      Jemand schließt die Tür hinter uns. Ich blicke zurück und sehe einen Mann, der direkt im Eingangsbereich steht und sich bemüht, außer Sicht zu bleiben. Hm. Ich drehe mich wieder um und folge dem bulligen Kerl durch das Haus, einen langen Flur entlang.

      Als wir um eine Ecke biegen, sehe ich, dass wir direkt auf ein paar Türen zusteuern, vor denen zwei weitere Männer Wache stehen. Die AK-47 über ihren Schultern sagen mir, dass diese beiden durchaus gesehen werden wollen. Ich denke, dass sie versuchen, mich einzuschüchtern.

      Als wir uns nähern, öffnen sie die zwei Türen, und ich wäre fast gestrauchelt. Allerdings lasse ich mir mein Zögern nicht anmerken.

      Der Kerl, der mich hergeführt hat, bleibt am Rand stehen, doch ich gehe weiter. Ein Zurückweichen ist nicht mehr möglich. Es ist eine Art Mischung aus Ess- und Besprechungszimmer. Ein langer Mahagonitisch mit vielen Stühlen beherrscht den Raum. Nur vier von ihnen sind besetzt.

      Einer der Männer, Boss Frank Genova, winkt zu den Türen hinter mir. „Lass uns allein.“

      Der Mann gehorcht sofort. Es ist nicht überraschend, dass Genova die Führung übernimmt. Schließlich findet das Treffen in seinem Haus statt. Ich stehe nur da und warte auf etwas. Ich weiß nicht, wie das ausgehen wird. Wie ich schon sagte, diese Treffen sind selten.

      Sobald der Mann das Zimmer verlassen hat, weist Genova auf den Tisch zwischen uns. „Waffe.“

      Ich hebe die Hände. „Ich habe keine dabei.“

      Er runzelt die Stirn. „Du bist unbewaffnet gekommen?“

      „Ich habe nie eine Pistole dabei“, sage ich, „was nicht bedeutet, dass ich unbewaffnet bin.“

      Alles kann als Waffe dienen, wenn man es richtig betrachtet.

      „Dann eben die Messer.“

      „Ich habe auch keine Messer dabei.“

      „Was trägst du dann bei dir?“

      „Nicht viel.“ Ich überlege einen Moment. „Ein bisschen Kleingeld, Pfefferminzbonbons, mein Portemonnaie … oh, und ich habe einen Kugelschreiber in der Tasche.“

      Er sieht mich ungläubig an. „Einen Kugelschreiber.“

      Ich greife in meine Tasche und ziehe einen einfachen schwarzen Kugelschreiber heraus. Er hat wahrscheinlich einen Dollar gekostet.

      „Damit willst du jemanden umbringen?“, fragt er.

      Ich zucke mit den Schultern und lege ihn auf den Tisch. „Man kann nie wissen.“

      Das scheint ihn einen Moment zu verwirren. Er sieht auf den Kugelschreiber hinunter und reißt sich dann zusammen. „Es ist sowieso nur eine Formalität, die keine echte Bedeutung hat. Setz dich, gesell dich zu uns.“

      Ich setze mich ihnen gegenüber und mustere Genova, der Vorsitzende dieses nicht mehr existenten Gremiums, der für alle spricht. Mir gefällt die Art nicht, wie er es ausgedrückt hat.

      Gesell dich zu uns.

      „Ich bin sicher, du weißt, warum wir dich heute Nachmittag herrufen ließen“, sagt er, ohne lange um den heißen Brei herumzureden. „Wir müssen über den Mord an Raymond Angelo sprechen.“

      Rays hypothetischer Platz am Tisch ist eklatant frei. Ich hatte fast erwartet, dass der Neue ihn bereits ersetzt hätte, aber nein – der Stuhl ist leer. Wahrscheinlich muss der sagenumwobene Scar erst noch eingeladen werden. Schade. Ich hätte ihn gern kennengelernt.

      „Ich würde es nicht Mord nennen“, sage ich. „Es war eher ein vorzeitiger Tod.“

      „Das ist eine interessante Sichtweise, Vitale, doch es ändert nichts an der Tatsache, dass der Boss getötet wurde. Wir können nicht zulassen, dass so etwas passiert, wie du weißt. Das ist schlecht fürs Geschäft. Schlecht für die Ordnung. Die Leute fangen an zu vergessen, wo ihr Platz ist, und das bringt uns alle in Schwierigkeiten. Verstehst du das?“

      Ich nicke.

      „Du verstehst also, was für ein Problem das für uns ist“, fährt er fort. „Du verstehst, dass der Mord an einem Boss schlecht für uns ist. Wir können nicht akzeptieren, dass so etwas passiert, während wir das Sagen haben. Es ist nichts Persönliches, aber …“

      Er beendet den Satz nicht und zuckt gleichmütig mit den Schultern, als wollte er sagen ‚nichts für ungut, wenn wir dich dafür töten‘.

      „Bei allem Respekt“, sage ich. Wenn ich heute sterbe, sterbe ich heute eben. Nichts, was ich tue, wird ihren Entschluss ändern. „Ihr ruft mich her, um über diese Regeln zu sprechen, aber wo seid ihr, wenn diese Regeln jeden Tag gebrochen werden?“

      Jetzt mischt sich einer der anderen Bosse ein. Michael Grillo. „Worüber redest du?“

      „Ich kann mich ja täuschen, denn ich habe die Schwüre nie abgelegt, aber belehrt ihr Herren eure Männer nicht, dass Frauen und Kindern kein Leid zugefügt werden soll? Wo war denn das Gremium, als Raymond Angelo da draußen Frau und Tochter von jemandem gejagt hat?“

      Grillo wirft mir einen bösen Blick zu. „Und wenn ich mich nicht täusche, Vitale, warst du es, der die beiden tatsächlich jagte.“

      Da hat er mich.

      „Ich war nicht derjenige, der den Befehl dazu erteilte“, sage ich. „Ray war derjenige, der damit angefangen hat. Wenn man einem Mann die Verantwortung überträgt, der sich als Monster herausstellt, sollte man sich nicht wundern, wenn jemand anders dieses Monster verschwinden lässt. Ich habe Ray getötet und bedauere es nicht. Das werde ich auch nie. Er hat direkt vor meiner Nase auf die Frau geschossen, die ich liebe.“

      Jetzt mischt sich Genova ein. „War das nicht Johnny Rita?“

      Wut wallt in mir auf. Ich weiß, dass es irrational ist, aber ich will dem Mann dafür, dass er diesen Namen gesagt hat, den Hals umdrehen. „Karissa. Ray hat auf Karissa geschossen.“

      Ich weiß nicht, ob er tatsächlich so dämlich ist oder seine Unwissenheit nur vortäuscht, aber über sein Gesicht huscht ein Anflug von Überraschung. „Das ist also die Frau, die du liebst?“

      „Sind wir hier, um meine Beziehung zu diskutieren, Genova, oder können wir zum Geschäftlichen zurückkehren?“

      Mein Ton ist scharf, doch er lacht nur. „Ja, du hast recht. Ich kann mit euch jungen Leuten nicht mithalten. An einem Tag hasst ihr jemanden, am nächsten liebt ihr ihn. Aber ich schweife ab … ich bin auch der Meinung, dass Angelo oft fragwürdig gehandelt hat, daher kann ich nicht sagen, dass ich dir vorwerfe, was du getan hast. Dennoch können wir so etwas nicht tolerieren, Vitale, darum warne ich dich jetzt: Wenn du noch mal vergisst, wo dein Platz ist, werden wir uns darum kümmern.“

      Mir gefällt es nicht, wenn man mir droht. Sagen kann man viel. Mir ist es lieber, wenn ein Mann versucht, mich zu töten, als wenn er mein Leben bedroht. Dann kann ich mich wenigstens verteidigen. Hier kann ich es nur hinnehmen und wie ein braver kleiner Soldat nicken, der ich einfach nicht sein kann. Sie wollen, dass ich ein unterwürfiger Soldat bin. Aber das war ich nie.

      „Und was ist mit Rays Nachfolger?“, frage ich. „Ich konnte nicht umhin zu bemerken, dass er bei diesem Treffen nicht anwesend ist.“

      „Angelo


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