Target on our backs - Im Fadenkreuz. J.M. Darhower
es nicht todernst meinen, und bevor ich noch etwas sagen kann, drückt sie ihre Lippen auf meine. Sie küsst mich heiß und leidenschaftlich, ihre Zunge gleitet heraus und trifft meine. Nach dem Abend, den ich hatte, ist das eine willkommene Abwechslung. Ich könnte mir keine bessere Ablenkung vorstellen. Sie summt an meinen Lippen, als meine Hände über ihre Hüften zur Rundung ihres Hinterns gleiten. Ich stöhne, als sie sich auf meinem Schoß hin- und herschiebt und sich an meinem Schritt reibt. Es ist nicht viel nötig, nur eine warme Berührung an meinem Schwanz, da beginnt er sich aufzurichten und ihre Aufmerksamkeit einzufordern.
Ich hebe meine Hüften an, bewege sie kreisend an ihr, und sie stößt ein Keuchen aus und unterbricht den Kuss. Ich verteile Küsse auf ihrer Wange, arbeite mich zu ihrem Hals vor, als sie etwas flüstert. Etwas, das ich nicht verstehe.
„Was war das?“, frage ich und schabe mit den Zähnen über die empfindsame Stelle direkt unter ihrem Ohr.
Sie wiederholt es wieder und wieder, atemlos, fast melodisch. Ich brauche einen Moment, bis ich es verstehe, bis ich begreife, was sie da tut. Sie singt das verfluchte Lied, das mein Telefon gerade gespielt hat.
„Das reicht jetzt aber“, sage ich, greife nach ihren Hüften und hebe sie von meinem Schoß auf die Couch zurück. Dann stehe ich auf. Sie versucht lachend, mich festzuhalten, aber ich wehre sie ab und gehe.
„Moment mal, wo gehst du hin?“, fragt sie und sieht mich an.
„Unter die Dusche.“
„Aber, äh, deine Situation“, sagt sie und zeigt auf den Schritt meiner Hose. „Wollen wir uns nicht zuerst darum kümmern?“
„Das erledige ich allein.“
Ich gehe raus und höre ihr Lachen, ein lautes, unbekümmertes Lachen. Ich schüttle den Kopf, kann aber ein Lächeln nicht ganz unterdrücken. Das waren wahrscheinlich gerade die absurdesten Minuten meines Lebens. Aber der Klang ihres Lachens, ihre Fröhlichkeit, macht etwas mit mir, wozu nichts anderes in der Lage ist. Es durchschneidet meine Dunkelheit. Mit ihr fühle ich mich beinahe leicht.
Ich gehe nach oben ins Bad und ziehe sofort den Anzug aus. Ich mache mir nicht die Mühe, das Licht einzuschalten, sondern finde mich in der Dunkelheit zurecht. Ein kleines Nachtlicht steckt in einer Steckdose über dem Waschbecken. Das ist alles, was ich brauche. Mein Blick richtet sich auf mein Spiegelbild, während das Wasser für die Dusche warm wird.
Ich weiß nicht, ob das nur meine Wahrnehmung ist, aber ich finde, dass ich älter als meine achtunddreißig Jahre aussehe. Ganz bestimmt fühle ich mich älter. Ich fühle mich, als hätte ich länger als ein Leben gelebt, und jedes lastet wie eine Ewigkeit auf mir. Eine Ewigkeit von Wut, Verbitterung und Verbrechen fordert ihren Tribut von einem Mann, so viel ist sicher. Aber nichts davon hatte eine solche Auswirkung auf mich wie das letzte halbe Jahr. Ich habe gelernt, was Gefühle bewirken können. Früher hatte ich keinen Respekt vor mir oder vor jemand anderem. Ich hatte keinen Grund mehr zu leben. Aber jetzt, wo ich mich sorge, was mit ihr passiert – und um ihretwillen auch mit mir – erschöpft mich diese ständige Sorge.
Ich sorge mich, dass meine Vergangenheit uns einholt. Ich sorge mich, dass sie diejenige sein wird, die für meine Sünden zahlen muss. Dass sie die Konsequenzen dafür tragen muss, mit jemandem zusammen zu sein, der so sorglos gelebt hat.
Wasserdampf beginnt sich im Bad auszubreiten. Ich trete unter die Dusche und lasse den kochend heißen Strahl den heutigen Tag wegwaschen. Höchstens zwei Minuten später trifft mich ein kühler Luftzug. Jemand hat die Badezimmertür geöffnet.
Der Duschvorhang wird zurückgeschoben und mein Blick trifft Karissas. Sie lacht nicht mehr, aber die Fröhlichkeit ist noch deutlich auf ihren Gesichtszügen erkennbar. Schweigend zieht sie sich aus und wirft die Kleidungsstücke hinter sich auf den Boden.
„Brauchst du etwas?“, frage ich und hebe die Brauen, als ich den Blick über ihre entblößte Haut schweifen lasse. „Kann ich etwas für dich tun?“
„Vielleicht“, sagt sie, steigt zu mir in die Dusche und schließt den Duschvorhang wieder. Es ist so dunkel, dass ich sie kaum sehen kann. „Vielleicht kann ich aber auch etwas für dich tun.“
Sie geht vor mir auf die Knie, genau unter dem Wasserstrahl. Ihre Finger legen sich um meinen Schwanz und reiben ihn mit festem Griff. Eine Stimme in meinem Hinterkopf sagt mir, dass ich sie aufhalten soll, mahnt mich, dass sie nicht vor mir knien sollte. Nach allem, was ich getan habe, sollte ich derjenige sein, der sie so verehrt. Sie verdient es. Aber ihr Mund ist auf mir, bevor ich etwas sagen kann, ihre Lippen schließen sich um meinen Schwanz und sie saugt ihn hinein. Und ich vergesse alles.
Ich vergesse verdammt noch mal alles. Ich vergesse, dass ich jemals Sorgen hatte. So gut ist das.
„Himmel, Karissa“, stöhne ich und streiche mit den Fingern durch die nassen Strähnen ihres Haars. „Ich wünschte, ich wüsste, was ich getan habe, um dich zu verdienen.“
Kapitel 5
Karissa
„Heute, meine Damen und Herren, beschäftigen wir uns mit dem Thema Krieg.“
Der Außerordentliche Professor Rowan Adams steht in der Mitte des Klassenzimmers, seine Finger trommeln geistesabwesend auf den Hosenbeinen und sein Blick schweift über uns alle. Wir sind in einem vertrauten Klassenzimmer … demselben Klassenzimmer, in dem ich Philosophie gehabt habe. Man sollte denken, dass genug Zeit vergangen ist, dass sich niemand mehr davon beeinträchtigt fühlt, und vielleicht haben sie recht, ich weiß es nicht. All die provisorischen Gedenkstätten, die nach seinem Tod aufgetaucht waren, sind längst verschwunden. Aber ich weiß, dass es mich nervös macht, auch wenn es niemand anderem so geht.
Das Semester hat vor drei Wochen angefangen, und es ist mir immer noch unheimlich.
Professor Adams, der darauf besteht, dass wir ihn Rowan nennen, ist weit davon entfernt, so ein Lehrer zu sein wie Santino es war. Er ist offen, freundlich und geduldig. Ich habe nie gehört, wie er jemanden heruntergemacht hat. Er ist noch jung, höchstens Ende zwanzig, und kommt selbst gerade mit einem Diplom in Irgendetwas vom College. Okay, ich habe nicht aufmerksam zugehört, aber ich tippe auf Geschichte, denn das unterrichtet er. Vielleicht ist es also das Alter oder einfach seine Persönlichkeit, aber er unterrichtet die Klasse komplett anders, als Santino es getan hat.
„Nennt mir Gründe dafür, dass Menschen in den Krieg ziehen.“
Antworten werden überall um mich herum gerufen.
„Rache.“
„Stolz.“
„Dummheit.“
„Angst.“
„Schutz.“
„Liebe.“
Rowan stimmt den Antworten einer nach der anderen zu, weist lächelnd auf den betreffenden Studenten und konzentriert sich dann auf die letzte Antwort. Er wendet sich an den Typen, der sie gerufen hat – und der zufällig direkt hinter mir sitzt. Nicht doch. „Ah, ja, Liebe. Aber welche Liebe im Speziellen?“
„Für das Vaterland.“
„Für Gott.“
„Für Frauen.“
Wieder ist es der Typ hinter mir, der die letzte Antwort ruft und damit die Aufmerksamkeit des Professors auf sich zieht. Er wendet sich lächelnd an ihn. Die Blicke der meisten Studenten im Raum richten sich instinktiv auf ihn, und ich lasse mich tiefer auf meinen Platz sinken, weil ich nicht will, dass sie mich bemerken. Ich habe beim letzten Mal meine Lektion gelernt. Ich werde nie wieder die Aufmerksamkeit auf mich ziehen.
„Die Liebe einer Frau“, sagt Rowan. „Es gibt keinen heroischeren Grund, oder? Ob es darum geht, ihre Ehre zu verteidigen oder sich ihr zu beweisen, Männer haben seit Beginn der Zeiten Kriege um die Liebe einer Frau geführt … Kleopatra … Helena von Troja … wir alle kennen ihre Geschichten. Aber heute reden wir über Batseba.“
Er