Seewölfe Paket 33. Fred McMason

Seewölfe Paket 33 - Fred McMason


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gefeuert wird. Alle Rohre werden eingesetzt, und zwar die auf der Steuerbordseite. Wir drehen nach Backbord. Bereiten Sie die entsprechenden Manöver vor und sorgen Sie dafür, daß alle Mann auf ihrem Posten sind. Ich erwarte, daß keine neuerlichen Fehler begangen werden und werde jeden unbarmherzig zur Rechenschaft ziehen, der etwas verschlampt.“

      Pergoza bestätigte und gab seine Anweisungen und Befehle augenblicklich an die entsprechenden Chargen weiter.

      Das große Schiff holte zum tödlichen Schlag gegen eine kleine Galeone aus, die gegen den Riesen so viele Chancen hatte wie eine Maus gegen ein Panzernashorn.

      Die Galeone lief jetzt immer schneller. Schon bald würde sie einen Vorsprung erreichen, der nicht mehr aufzuholen war. Dann hatten sie das Nachsehen.

      „Zuerst die Vierzig-Pfünder!“ rief Don Julio. „Sie tragen nicht so weit, aber wir könnten eventuell einen Treffer erreichen, der das Schiff sofort außer Gefecht setzt. Fünf- und Zehnpfünder feuern dann gleichzeitig.“

      Es war soweit. Sie waren fast auf Schußweite heran. Don Julio mußte es jetzt riskieren, sonst war die Chance vertan, und die Bastarde würden hohnlachend weitersegeln.

      Er hob die Hand und gab den Feuerbefehl.

      Im unteren Deck wo die Vierzig-Pfünder standen blitzte es grell auf.

      Durch die schwimmende Festung lief ein Zittern und Beben, als sei ein Vulkan grollend erwacht.

      Vier Doppelcolubrinen feuerten als Salventakt.

      Das gesamte untere Batteriedeck wurde von brüllenden Feuerzungen beleckt. Durch die offenen Stückpforten wurden wütende und schmetternde Blitze nach draußen geschleudert.

      Als die schweren Geschütze ihre Ladungen ausgespien hatten, zuckten sie wie wildgewordene Ungeheuer zurück und strapazierten die Brooktaue, die das Gewicht der Kanonen auf ihren Lafetten abfangen mußten. Gleichzeitig spie das Batteriedeck eine üble Qualmwolke aus. Der Qualm war fast schwarz und fett, und er wehte nur träge davon.

      Der Feuerkacker hüllte sich in dichten Rauch, der bis auf die oberen Decks zog und dort das Atmen zur Qual werden ließ.

      Immer noch rumpelte und rumorte es tief im Leib des Riesenschiffes. Spanten zitterten, in den Verbänden knackte es, und selbst die dicken Eichenbalken knackten bedrohlich, als würden sie bersten.

      Der Lärm war ohrenbetäubend und pflanzte sich von vorn nach achtern fort, wo er heftige Resonanzen erzeugte.

      In der See brüllte es ebenfalls noch einmal auf, als die großen Steinkugeln einschlugen. Eine Säule schoß aus dem Wasser, eine zweite, dritte und eine vierte. Die schweren Geschosse wühlten das Meer auf wie Ungeheuer, die aus der Tiefe plötzlich nach oben schossen.

      Die Säulen wurden riesiggroß und erreichten die Höhe der achteren Bordwand. Sie glitzerten wie farbige Obeliske, als sich das Sonnenlicht in ihnen spiegelte.

      Don Julio spähte angestrengt durch das Spektiv. Er sah, daß ein großer Vorhang aus gischtendem Wasser das Achterschiff der Galeone einhüllte. Eine Wand aus Wasser war es, die kaskadenartig zusammenbrach.

      „Zehn- und Fünf-Pfünder!“ schrie er.

      Der Lärm wurde ohrenbetäubend. In den einzelnen Decks brüllten sich die Stückmeister die Kehlen heiser. Aufgescheuchte Dons in Kürbishosen, Brustpanzern und blinkenden Helmen hasteten wie Ameisen durcheinander.

      Aus den Decks drang Rauch, als habe der Riesenkasten Feuer gefangen.

      Jedes weitere Wort verbot sich von selbst. Der, Feuerkacker demonstrierte jetzt seine Stärke.

      Die halben Colubrinen begannen zu feuern. Das große Schiff wurde geschüttelt. Der Lärm wurde zum wilden Tosen. Überall blitzte es auf, zuckten Flammen aus den Stücken, quoll Rauch auf, rumpelte es, als die Lafetten dröhnend über die Planken zurückfuhren.

      In das wilde Brüllen mischten sich die etwas helleren Geräusche der Achtelschlange mit ihren Fünf-Pfündern. Sie zuckten wie giftige kleine Nattern zurück und rauchten lange nach, als sie ihre Steinkugeln ausspien.

      Von der „Casco de la Cruz“ war nur noch ein in dichten Qualm gehüllter Schatten zu erkennen. Aus diesem Schatten fuhren wildflammende Blitze. Ein Geschütz nach dem anderen, das sein Rohr durch die Stückpforten gesteckt hatte, verschwand grollend, sobald die Zündung erfolgt war.

      Es fuhr wie ein böser Blitz zurück und verschwand im Riesenleib des großen Schiffes. Dort blieb es rauchend und schnaubend stehen. Aber nicht lange, dann wurde ausgewischt und nachgeladen. Gleich darauf rumpelte es wieder nach vorn.

      Don Julio hustete unterdrückt, als ihm Pulverdampf in Mund und Nase drang. Er kannte diese Melodie des Todes zur Genüge, aber den dichten und fetten Qualm hatte er noch nie gut vertragen. Er nahm ihm die Sicht und ließ das Atmen zur Qual werden. Außerdem überzog er alles mit dicken grauen Schlieren, wenn der Wind nicht kräftig genug wehte und die Qualmwolken gleich vertrieb.

      Der Harmattan schaffte es jedenfalls nicht, und so wurde die Galeone von einer übelriechenden Wolke nach der anderen überzogen.

      Er sah jetzt auch nichts mehr. Das Achterkastell der „Isabella“ war wie unter einem Wasserfall verschwunden. In der See hing ein Vorhang aus kleinen und großen Wassertropfen.

      Er wischte sich über die Augen und hörte die gebrüllten Anweisungen durch den Lärm, den mehr als dreihundert Leute verursachten. Es war ein kleines Inferno.

      Erneut brüllten die Rohre auf, und dann gab es einen so donnernden Schlag, als sei die Galeone selbst von einer Breitseite getroffen worden.

      Ein Läufer erschien auf dem Achterdeck und meldete, daß das Rohr einer Sacre krepiert sei und zwei Leute zerrissen habe. Es war beim Feuern in einem Splitterregen auseinandergeflogen.

      Es war nicht das erste Mal, daß so etwas passierte. Bei den zweiundneunzig Stücken und zahlreichen Drehbassen passierten immer wieder mal Unfälle, wurden Leute zerfetzt, schwer verwundet oder von den zurückrumpelnden Geschützen erdrückt. Er hörte das gellende Schreien einiger Männer, die offenbar von den Splittern getroffen worden waren.

      Die Feldscher würden sich darum kümmern.

      „Haben wir den Bastard getroffen?“ schrie er.

      Pergoza und der trommelbäuchige Dritte Offizier, die sich ebenfalls auf dem Achterdeck befanden, konnten nicht viel mehr sehen als er selbst.

      Die Antwort, die Pergoza gab, ging wiederum im wilden Aufbrüllen der Fünf-Pfünder unter. Er verstand kein einziges Wort.

      „Treffer!“ schrie jemand vom Quarterdeck gellend, der einen besseren Überblick hatte. „Zwei oder drei Treffer, Don Julio!“

      „Weiterfeuern!“

      Vor der mauretanischen Küste tat sich die Hölle auf.

      Den Dons lief der Schweiß über die Gesichter. Sie erstickten fast in ihren Panzern, und sie sahen genausowenig wie Don Julio selbst, zumal der Rauch in den Batteriedecks nur schlecht abzog.

      Männer husteten und stöhnten.

      Nach dem, was die „Casco de la Cruz“ in den letzten Minuten verschossen hatte, durften von der fremden Galeone nur noch Fetzen übrig sein. Fast pausenlos hatte das Schiff auf den Flüchtling eingehämmert.

      Don Julio befand sich jetzt wie in einem Rausch. Es war ein Hochgefühl, wie er es jedesmal hatte, wenn eine Schlacht begann. Dann strafften sich seine Schultern, und er fühlte sich mit seiner schwimmenden Festung jedem Gegner haushoch überlegen. Das Brüllen war Musik für seine Ohren, nur der schreckliche Qualm störte ihn bis zur Übelkeit.

      Aber er sah deutlich die Fetzen fliegen, hörte das angstvolle Brüllen der Flüchtlinge und sah sie in Panik durcheinanderrennen.

      Backbord voraus, da war sie, nur mehr zwei Kabellängen entfernt.

      Er zog seinen Degen und schwang ihn über dem Kopf.

      „Jeder Schuß ein Treffer, Männer!“


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