Dr. Norden Bestseller Box 13 – Arztroman. Patricia Vandenberg
auch dieser Sport langsam Formen an, die mir nicht gefallen. Es bereitet keine Freude mehr.«
»Weil dein Lieblingsverein verlieren wird?« fragte sie schelmisch.
»Es wird alles zu ernst genommen, was eigentlich nebensächlich ist.«
»Aber wie schnell ist doch vergessen, was gerade gestern noch wichtig erschien«, sagte Fee nachdenklich. »Aber jetzt fangen wir nicht auch noch von Rogners an, sonst kommen wir gar nicht mehr ins Bett.«
*
Erwin und Lucy Rogner lagen schon seit einer Stunde in ihren Betten, aber sie schliefen noch immer nicht.
Lucy war es gewohnt, alles mit ihrem Mann zu besprechen, was sie bewegte. In allen wichtigen Entscheidungen hatte sie sich immer nach ihm gerichtet. Allein hätte sie nie eine getroffen. So hatte sie nun auch davon gesprochen, daß Tini und Rainer heiraten wollten.
»Müssen sie uns das jetzt antun?« fragte Erwin müde.
»Was heißt antun?« erwiderte Lucy ruhig. Ja, sie bemühte sich, ganz ruhig zu sein. »Sie lieben sich. Rainer muß sich umstellen. Tini kann ihm dabei helfen. Leicht ist es doch nicht für ihn.«
»Der Betrieb ist gut fundamentiert«, sagte Erwin.
»Um so besser. Dann brauchen wir uns um Tini nicht so sorgen.«
»Ich habe gemeint, daß sie dir eine Hilfe sein würde, wenn Achim wieder heimkommt. Ulla muß ja sehen, daß sie einen guten Abschluß bekommt. Es ist alles ziemlich viel auf einmal, Lucy.«
»Tini ist doch nicht aus der Welt. Wir können einfach nicht erwarten, daß sie sich nach uns richtet, weil das mit Achim passiert ist.«
»Ich denke an dich, an die Last, die auf dir ruhen wird. Ich kann meinen Beruf nicht an den Nagel hängen. Ich begreife noch immer nicht, daß Achim uns das angetan hat.«
»So darfst du nicht reden. Er wird selbst am meisten darunter leiden«, sagte sie.
»Du könntest mir Vorwürfe machen«, meinte er.
»Ich mache sie dir nicht, und du darfst Achim keine machen. Er braucht unsere Hilfe.«
Er nahm ihre Hand. »Du hast recht, Lucy. Ich werde nichts dagegen sagen, wenn Tini wirklich schon vor Weihnachten heiraten will. Wir werden ihr diesen Tag so schön gestalten, wie es nur möglich ist, auch wenn Achim nicht dabeisein kann.«
Auch sie konnten miteinander reden, wie schon lange nicht mehr. Viele Monate hatte sich alles nur um das Haus gedreht, und da hatte Lucy nur ganz bescheidene Wünsche zu äußern gewagt.
»Um das Haus brauchst du dich jetzt nicht mehr zu kümmern«, sagte sie. »Das tut Rainer. Sie wollten eigentlich nur, daß Tini nicht mehr eingeplant wird.«
»Neunzehn ist sie und will uns schon verlassen«, murmelte er.
»Viel älter war ich auch nicht, als wir geheiratet haben. Wir haben es nur vergessen. Wir vergessen so viel, wenn es um die eigenen Kinder geht und denken auch nicht mehr daran, was unsere Eltern empfunden haben. Begeistert waren sie auch nicht gerade, als wir unseren Willen durchsetzten.«
»Gut, daß du mich daran erinnerst, Lucy«, sagte er. »Aber bereut haben wir es doch beide nicht, oder?«
»Nein, ich habe es nie bereut«, erwiderte sie. »Wünschen wir Tini, daß sie in dreiundzwanzig Jahren auch so denkt.«
*
Andrea lachte mitten in der Nacht, mitten im Schlaf. Helmut schoß sogleich in die Höhe. Er hatte nicht mitbekommen, daß diese Laute ein Lachen waren.
»Was ist denn, Liebling?« fragte er verwirrt.
Andrea rekelte sich. »Was soll denn sein? Ich habe eben herrlich geträumt.«
»Was hast du geträumt?«
»Von Sonja. Sie saß inmitten eines großen vierblättrigen Kleeblatts, und auf jedem Blatt stand eine Wiege. Hübsch sah das aus.«
»Mach mich nicht schwach. Manchmal gehen Träume in Erfüllung, und Vierlinge würde sie nicht bewältigen.«
»Das kann man vorher nie sagen«, murmelte Andrea schlaftrunken. »Jedenfalls sah es hübsch aus.« Sie drehte sich zur Seite und schlief weiter, und Helmut schlief auch wieder ein.
Als er am Morgen erwachte, zog schon Kaffeeduft durch das Haus. Er ging in die Küche.
»Du bist aber schon früh munter«, sagte er gähnend.
»Ich habe wundervoll geschlafen«, erwiderte sie.
»Und von Vierlingen geträumt.«
»Was? Ich kann mich nicht erinnern.«
»Du hast es mir doch erzählt.«
»Das hast du geträumt.«
»Na gut, vielleicht habe ich geträumt, daß Sonja auf einer Wiese saß, inmitten eines vierblättrigen Kleeblatts, und auf jedem stand eine Wiege.« Er nahm sie in den Arm. »So hast du es mir jedenfalls erzählt.«
»Du liebe Güte, das soll ich erzählt haben? Mit Vierlingen würde Sonja doch wohl nicht fertig werden.«
»Das habe ich heute nacht auch gesagt, aber man kann es vorher nie sagen.«
Andrea lachte so hell wie im Traum. »Das werden wir Sonja aber nicht erzählen, sonst wird sie es nie riskieren, doch noch ein Baby haben zu wollen. Wir wissen wenigstens, daß wir nur eins bekommen.«
»Es könnten ja auch vier nacheinander kommen«, räumte Helmut übermütig ein.
Sie waren in froher, gelöster Stimmung. Und wie es Andrea schmeckte. Sie futterte richtig drauflos.
»Dr. Leitner hat gemeint, daß ich ruhig noch ein bißchen zunehmen kann«, sagte sie. Ihre Augen strahlten. »Weihnachten haben wir unser Baby, Helmut. Ich freue mich so.«
Sie hatte nie so weit vorausgedacht. Nie bis zum errechneten Termin. Nun war es so, als wäre eine Mauer gefallen. Gewiß sagte sie wie immer, als er ging: »Paß gut auf dich auf, mein Schatz«, aber in ihrer Stimme war nicht mehr die Beklemmung.
»Ich fahre heute bei Dr. Norden vorbei, damit er meine Hand anschaut«, sagte er. »Es kann ein paar Minuten später werden, bis ich daheim bin.«
»Sag ihm schöne Grüße, und sage ihm auch, daß mit Sonja alles in Ordnung ist. Er ist wahnsinnig nett. Ich bin froh, daß wir an ihn geraten sind.«
Und wie war ihm zumute gewesen, als er überlegt hatte, zu welchem Arzt er gehen sollte, mit der blutenden Hand, mit der Sorge, wie Andrea sich aufregen würde, mit all der Sorge, wie es beruflich weitergehen sollte, wenn Herr Bichler ausfiel.
Nun ging auch das weiter, und er wußte, wie gut er mit Rainer zusammenarbeiten konnte. Sie hatten schon darüber gesprochen. Sie verstanden sich prima. Helmut hoffte nur, daß mit Tini alles in Ordnung gehen würde.
Dann dachte er plötzlich an seine Schwiegereltern. Ob sie schon von Dr. Kobelkas Tod erfahren hatten, da sie ihn ja viele Jahre kannten?
Er hatte es gedacht, und daheim klingelte das Telefon. Andrea schrak auch dabei nicht zusammen wie früher. Auch dann nicht, als die aufgeregte Stimme ihrer Mutter an ihr Ohr drang, die gerade erst erfahren hatte, daß Dr. Kobelka gestorben war.
»Und was nun, Andrea?« fragte sie.
»Ich war schon bei einem anderen Arzt, Mutti, und ich gehe in eine ganz moderne Klinik. Das Entbindungsheim schließt ohnehin zum Jahresbeginn.«
Dann mußte sie unzählige Fragen über sich ergehen lassen. Ob es wirklich stimme, daß Kobelka ein paar Verfahren am Halse gehabt, und ob er vielleicht doch bei Sonjas Baby etwas versäumt hatte, oder ob die Zustände im Entbindungsheim nicht tragbar gewesen wären. Und was nicht alles.
»Darüber brauchen wir uns doch nicht den Kopf zu zerbrechen, Mutti«, sagte Andrea schon leicht ungeduldig.
»Ich mache