Ein Tag wird kommen. Giulia Caminito

Ein Tag wird kommen - Giulia Caminito


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klein, schwarz, wütend, und Pater Celestino zu ihr gesagt hatte: Jetzt bist du in Sicherheit, und wie sie das einen Moment lang geglaubt und gedacht hatte, sie würde hier ihre zeriba wiederfinden, ihre Kuh mit den langen Hörnern, die Hühnereier und das Flämmchen der Mutter, das immer im Fenster ihrer Erinnerung brannte.

      * * *

      Was war ihre Bestimmung? Worauf sollte sie hoffen? Das hatte Zari sich gefragt, jeden Tag zu jeder Stunde, die sich aus der Summe aller Minuten ergab.

      Sie hielten sie für hart wie das Ebenholz, aus dem sie gemacht schien, in den Maserungen eine dunkle Gewissheit. Denn durch ihre Augen, die weiß in ihrem Gesicht leuchteten, konnte sie einen zum Niederknien zwingen, durch ihre Hände und ihren Gesang stieg die Stimme Christi auf Erden herab.

      Doch das war nicht immer so gewesen, es hatte eine Zeit gegeben, da selbst sie ein Kind gewesen war, ein schwieriges, launisches, lästiges, aufdringliches Mädchen.

      Mit dreizehn hatte Zari in ihr Tagebuch geschrieben, dass sie bei der geringsten Grobheit in Rage geraten könne, dass sie imstande sei, jemanden am Schopf zu packen und von den Mauern zu werfen, ihn hinunterfallen zu sehen wie einen ausgespuckten unverdaulichen Brocken.

      Als sie zum ersten Mal in ein Kloster gekommen war, hatte Zari den ganzen Tag damit zugebracht, die Außenmauern des Gartens abzusuchen, um ein Loch zu entdecken, durch das sie fliehen konnte.

      Eine ältere Schwester war zu ihr getreten, und Zari hatte befürchtet, dass man sie schlagen, an Haaren und Nägeln ziehen würde, doch das war nicht geschehen. Die Schwester hatte sie gestreichelt, hatte zu ihr gesagt, das sei bei jeder von ihnen so gewesen, das sei der Schmerz, den man empfindet, wenn man die Welt draußen zurücklässt und sich in sich selbst und im Kloster einschließt, um Gott zu dienen. Sie würde nie eine Sklavin sein, sondern heilig, rein, gebenedeit, über ihren Schlaf würde der Heilige Geist wachen. Das Kloster war Mutterbrust und jungfräuliche Milch.

      Als Mädchen fettete sich Zari Gesicht und Arme mit Olivenöl ein, denn ihre Haut brauchte die Myrrhe, mit der ihre Mutter sie einst eingerieben hatte, und in den italienischen Wintern wurde ihre Haut trocken und spröde.

      Sie hatte Sinn für Hohn und Spott und mochte zu strenge Priester nicht, und über solche, die mit forschenden Blicken durch die Stirn hindurch bis in den Rücken zu dringen suchten, machte sie sich lustig, zusammen mit den anderen Zöglingen äffte sie einen Prediger nach, der ihnen allen mit verschwitzten Händen die Geistlichen Exerzitien auferlegte. Und die anderen, weiße Mädchen mit glatten Haaren und immer weicher Haut, lachten.

      Als sie sich mit zehn Jahren in den Kopf gesetzt hatte, die Glocken des Klosters zu läuten, weil sie zur Musik eine Neigung verspürte wie andere zur gedeckten Tafel, hatten die Schwestern ihr das verboten und sie zwei Stunden lang in ein Zimmer gesperrt, wo sie in sich gehen und gründlich über den Willen Christi nachdenken sollte.

      Als Antwort darauf hatte Zari in der Nacht der Madonna di Loreto die im Kloster vorhandenen Glocken eingesammelt, an einen Stuhl gebunden und sie dann um drei in der Nacht mit einem abgrundtief bösen Gesichtsausdruck geläutet und dadurch die Schwestern geweckt. Man konnte sie nicht in den Keller sperren wie den Wein vom letzten Jahr, damit sie Schimmel ansetzte wie die Marmeladen, sie hatte den feurigen Geist der Musikerin.

      Fruchtlos waren alle Versuche geblieben, sie im Zaum und fern der Instrumente zu halten. Als Zari beschloss, dass sie Orgelspielen lernen wollte, konnten die Nonnen nicht anders, als sie den Versuch machen zu lassen, und sie hatte gelernt zu spielen wie die großen Musiker, diese Weißen mit dem buschigen Haar, die in den schönen Häusern Europas zu hören waren. Zari war ein Mädchen aus den Nuba-Bergen, und nach wenigen Jahren spielte sie Orgel wie die besten Organisten Italiens.

      Sie war stur, um jeden Preis hatte sie Zimbeln an der Orgel anbringen wollen und eine große Trommel neben den Pedalen, nachts hatte sie alle Partituren in ihre eigene Tonart umgeschrieben.

      Jeden Sonntag füllte sich die Klosterkirche, um ihr Talent zu bewundern, die Bauern und ihre Frauen kamen von den Feldern herauf, denn nur sie war imstande, all ihre Ängste zu vertreiben.

      Da waren Zari erste Zweifel gekommen, die Schwestern hatten ihr gesagt, sie müsse am Konservatorium studieren und Organistin werden oder als Missionarin in den Sudan gehen, zu ihren Leuten, die Mutter wiedersehen, den Vater, den Bruder, den Schatten der niedrigen Bäume und die Schalen der Kürbisse.

      Auch Italien schien sie nicht mehr zu wollen, die Schwestern verschwanden, die Klöster wurden geschlossen.

      Niemand dachte, dass eine wie sie für die Klausur gemacht sein könnte, dazu brauchte man Beständigkeit, dazu brauchte man Disziplin, hinter ihren silbernen Gesichtern und ihren goldenen Worten hielten auch sie sie für eine kleine Wilde, ein sanftes Geschöpf Gottes, das vor dem traurigen Los als Analphabetin und Hirsebäuerin errettet worden war.

      Aber alle mussten sie sich eines Besseren belehren lassen, die Jahre waren vergangen, die Geschichte hatte versucht, die Nonnen zu verschlucken wie eine bittere Pille, doch sie hatte standgehalten.

      Gott hatte sie gerettet, und sie würde Ihn nie verlassen, würde Ihm so nahe sein, dass sie Seinen Geruch wahrnehmen konnte. Zari war Klarissin geworden, Organistin, Kellermeisterin, Sakristanin, Krankenschwester und dann Novizinnenmeisterin, Buchhalterin und schließlich Äbtissin.

      Für keine der Nonnen von Serra de’ Conti war sie mehr das schwarze Mädchen, dem man das Beten beibringen musste, dem man erklären musste, was Gnade und was Segen war, sondern das eiserne Antlitz von Suor Clara, die alle beschützt, alle bestraft, alle ernährt und allen Fasten auferlegt.

      * * *

      Suor Clara erzählte den Novizinnen Geschichten, Geschichten von ihren Nöten und ihren Siegen, um sie die Notwendigkeit des Leidenswegs zu lehren, die Kraft, das Kreuz zu tragen, weil jede Stufe rechten Leidens ein Schritt zu Seiner Verherrlichung war.

      Die Jungen dachten, es sei einfach, in der Entsagung zu leben. Von frommen und ehrwürdigen Familien mit Milch und guten Hoffnungen genährt, hatten sie die glühenden Gesichter derjenigen, die die Nacht vor einem lodernden Feuer zubringen, oder sie waren fahl und bleichgesichtig, überzählige Leben, von anderen dazu gebracht, um Aufnahme im Kloster zu bitten, sie bewegten sich ruckartig, eingezwängt, gerade noch so nach Luft ringend in stürmisch bewegter See, die sie mit sich fortriss.

      Auch das waren die Klöster gewesen, Suor Cara wusste es wohl: die dunklen Winkel in den Familien, wo man den Staub hinkehrt, der die Luft im Haus erstickend macht.

      Sie wusste sie auf den ersten Blick zu unterscheiden und hatte die Aufgabe, die einen wie die anderen zu erziehen: diejenigen, die an Christus dachten wie an einen wollüstigen Liebhaber und sich mit schriller Stimme zu jedem Verzicht bereit erklärten, musste sie an die Härte des Klosterlebens erinnern, an die Verzweiflung der Einsamkeit, die Selbstaufgabe; denjenigen, die mit Tränen in den Augen nur widerwillig niederknieten und die Außenmauern des Klosters absuchten, um eine Lücke, einen Spalt für die Flucht zu finden, musste sie die Hand auf die Schulter legen und das sagen, was auch ihr gesagt worden war.

      Egal ob die Mutter sie verraten, ob der Vater sie verjagt oder ob die Geschwister sie gehasst hatten, das Kloster würde sie geborgen halten wie Kristalle in einer Höhle, und vor allem würde sie, Clara, sie beschützen, auch vor sich selbst.

      Als sie Nella zum ersten Mal traf, hatte Suor Clara sie gefragt, warum sie hier sei.

      Um zu werden wie Ihr, hatte Nella geantwortet.

      Und bist du sicher, dass du das willst? Suor Clara hatte dieses Gesicht von reiner, weicher Schönheit zu ergründen versucht, dieses Gesicht aus warmem Fleisch, Wangenknochen wie Milch, Lippen wie Wassermelonen, Haaren wie Rauch.

      Nella hatte den Blick gesenkt: Das ist es, was ich will, hatte sie geantwortet, dann hatte sie die Gazellenaugen zu ihr aufgeschlagen, Augen, wie man sie in den Nuba-Bergen hätte finden können.

      Nellas Stimme war unschön, ihr Dialekt kaum verständlich, es war schwer vorstellbar, dass


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