Handbuch ADHS. Группа авторов

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disorder, and autism spectrum disorders. Hum. Brain Mapp. 30(10): 3426–3435.

      Zilles K, Armstrong E, Schleicher A, Kretschmann H-J (1988). The human pattern of gyrification in the cerebral cortex. Anat. Emrbyol. 179(2): 173–179.

      Daniel Brandeis und Tobias Banaschewski

      6.1 Einführung

      Die neurophysiologische Untersuchung der Hirnaktivität mittels EEG (Elektroenzephalogramm) erlaubt eine direkte Messung neuronaler Aktivität und eine Darstellung von neuronalen Vorgängen und Zuständen in Echtzeit, also von Sekundenbruchteilen bis zu Stunden. So können etwa Netzwerke, welche unterschiedliche Funktionen wie Zustandsregulation, Aufmerksamkeit oder Antwortkontrolle ausüben, durch die zeitliche Abfolge oder die Frequenz der entsprechenden transienten, anhaltenden oder oszillatorischen Hirnaktivität unterschieden werden. Dies hat wesentlich zum Verständnis von ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter beigetragen (Banaschewski und Brandeis 2007, Brandeis et al. 2018, Rothenberger 2009). Messungen der betroffenen Hirnfunktion bei ADHS liefern auch quantitative neurobiologische Marker, welche als Endophänotypen eine Brücke zwischen der Psychopathologie von ADHS mit ihren unterschiedlichen Formen, Verläufen oder Behandlungserfolgen, und den neuronalen, molekularen oder genetischen Korrelaten bilden. Allerdings sind solche Biomarker auf Grundlage des EEGs noch zu ungenau und nicht unabhängig validiert. Sie eignen sich deshalb zurzeit weder zur ADHS-Diagnostik noch für Behandlungsempfehlungen.

      Mangelnde Aufmerksamkeit und überaktives, wenig moduliertes impulsives Verhalten bilden zwei Kerndimensionen von ADHS. Neurophysiologische Messungen gestatten es nun, die entsprechende Hirnaktivität bei ADHS sowohl im Ruhezustand als auch beim Lösen von Aufgaben direkt zu untersuchen. Sie können damit auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Kindern und Jugendlichen mit ADHS auf der neurophysiologischen Ebene aufzeigen. Fragen zur Ursache und Wirkung von neurophysiologischen Defiziten bei ADHS können anschließend durch weitere neurobiologische und genetische Studien sowie durch epidemiologische und ätiologische Untersuchungen geklärt werden. Das vorliegende Kapitel konzentriert sich auf exemplarische neuere Arbeiten der letzten fünfzehn Jahre, da weiter zurückgehende Befunde in früheren Übersichtsarbeiten bereits ausführlich dargestellt sind (Brandeis 2000; Barry et al. 2003a, b).

      6.2 Methode

      EEG Messungen mit ihrer hohen Zeitauflösung vom Millisekunden- zum Stundenbereich ergänzen hämodynamische Messungen wie die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT), welche zwar Funktionen auch in tiefen Hirnstrukturen millimetergenau lokalisieren, aber erst nach mehreren Sekunden ansprechen. Das EEG erfasst synchronisierte neuronale Massenaktivität als Spannungsschwankungen der elektrischen Feldverteilung an der Kopfhaut. Zeitverläufe werden durch Kurven, und topografische Verteilungen durch Bildgebung mittels Karten oder nach Quellenberechnungen als Dipolmodelle oder Tomografien dargestellt (Michel et al. 2001; Pascual-Marqui et al. 1994). Vertiefte Einführungen ins EEG finden sich in entsprechenden Handbüchern (Zschocke 2002), Entwicklungsaspekte sind in Übersichtsarbeiten (Banaschewski und Brandeis 2007; Taylor und Baldeweg 2002) oder Meta-Analysen (van Dinteren et al. 2014) zusammengefasst. Befunde mit neurophysiologische Methoden wie der Magnetenzephalografie (image Tab. 6.1) oder der transkraniellen Magnetstimulation (tMS) zur Messung und Modulation der intrakortikalen Hemmung werden nur an ausgewählten Beispielen veranschaulicht. Die teilweise vielversprechenden therapeutischen Anwendungen dieser Methoden zur Neuromodulation bei ADHS mittels Neurofeedback (image Kap. 35), tMS oder transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS) sind anderswo in aktuellen Übersichtsarbeiten zusammengefasst (Rubio et al. 2016, Lee et al. 2019). Psychophysiologische Messungen der Hautleitfähigkeit und der Herzrate haben ebenfalls zur Charakterisierung von ADHS, und besonders zur Unterscheidung von Erregungs- und Aktivierungsproblemen, beigetragen (Barry et al. 2009).

      Spontan-EEG

      Das Spontan-EEG wird zunächst nach der Grundfrequenz (image Tab. 6.1), und danach anhand von typischer Amplitude, Kurvenform und Topografie klassiert. Die Frequenzverteilung im EEG ändert sich mit Wachheit und Entwicklung. Sie wird routinemäßig quantitativ durch die schnelle Fourier Transformation (FFT) berechnet. Im Schlaf ist das EEG durch wiederholte Tiefschlafphasen mit starker langsamer »slow wave« Aktivität im Delta Bereich (0–3 Hz) geprägt, welche bei Kindern besonders hohe Amplituden aufweist. Im normalen Wachzustand misst man ohne Aufgaben das Ruhe-EEG. Dabei kommt solch langsame Aktivität bei Erwachsenen nicht mehr vor. Bei geschlossenen Augen dominiert die okzipitale Alpha Aktivität (8–12 Hz), welche bei offenen Augen unterdrückt wird und der schnelleren Beta Aktivität (13–30 Hz) Platz macht. Die noch schnellere Gamma Aktivität (30–100 Hz) wird von Aufmerksamkeit und Gedächtnis beeinflusst, muss aber sorgfältig von Muskelartefakten im gleichen Frequenzband unterschieden werden. Die normale Entwicklung ist durch eine Abnahme der langsamen Frequenzen (Delta: 0–3 Hz, und Theta: 4–7 Hz) geprägt, während die Alpha Aktivität noch bis ins Alter von zwölf Jahren zunimmt und auch schneller wird (Gasser et al. 1988). So spiegelt die Frequenzverteilung des EEGs sowohl Wachheit als auch Entwicklung, und zeigt ähnliche Verlangsamung des EEG bei verminderter Wachheit und bei jüngerem Alter an. Simultane EEG-fMRT Messungen zeigen, dass diese Entwicklung sich auch im Abnehmen der langsamen fMRT Signale zeigt, wobei die Frequenzbänder mit Aktivierung und Hemmung in ausgedehnten Netzwerken korrelieren. So zeigt etwa Alpha-Aktivität im Ruhezustand bei geschlossenen Augen die Hemmung posteriorer (visueller) Aktivität an, sowie subcortikale Aktivierung im Thalamus, welche sich erst mit der Adoleszenz klar ausbildet (Lüchinger et al. 2013).

      Das EEG wird auch durch zentral wirksame Pharmaka, Pathologie, und durch Aufmerksamkeit und Zustandsregulation beeinflusst. Frequenzverteilung und Topografie des EEG sind stark erblich und individuell sehr stabil (Finelli et al. 2001; van Beijsterveldt und van Baal 2002). Die gleichen neuronalen Ströme erzeugen neben den elektrischen auch magnetische Felder, welche sich mit dem Magnetoenzephalogramm (MEG) berührungslos

Images

      EEG

      messen lassen. Das MEG erfasst ausschließlich tangentiale, und vorwiegend oberflächliche Aktivität. Zusammen mit dem EEG kann diese selektivere Sicht auf neuronale Quellen die Lokalisation verbessern, hat aber in der ADHS Forschung bisher weniger Bedeutung erlangt, wohl auch weil MEG Messungen absolutes Stillsitzen oder Stillliegen erfordern. Das MEG hängt aber im Gegensatz zum EEG nicht von der der Leitfähigkeit des Schädels, welche im Verlauf der Kindheit stark abnimmt ab. Deshalb wäre die vermehrte kombinierte Anwendung von EEG und MEG zur Abgrenzung von neuronalen und anderen, z. B. physikalischen Entwicklungsvorgängen gerade bei ADHS wichtig.

      Ereignisbezogene Potenziale

      Die ereignisbezogenen oder evozierten Potenziale (ERP) bilden den zeitlichen Ablauf der Informationsverarbeitung ab und erfassen dabei auch kurze Verarbeitungsschritte im Millisekundenbereich. Die ereignisbezogene Mittelung verstärkt reizbezogene oder antwortbezogene Anteile im EEG, welche wiederholbar mit gleicher Latenz und Topografie auftreten. Diese ERP-Aktivität besteht aus aufeinander folgenden Mikrozuständen oder Komponenten, welche sich als Zeitabschnitte mit stabiler Feldverteilung sowie Aktivitätsspitzen mit typischer Latenz darstellen (Lehmann 1987), wobei je nach Versuchsbedingung, Alter und Gruppe Latenz und Stärke variieren (image Tab. 6.2). Die


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