Political Scholar. Alfons Söllner

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formallogischen Gedankenführung entwickelt und sich dabei jeglichen Bezugs auf eine religionsphilosophische Relativierung enthält, die bekanntlich in der Rechts- und Politiklehre Rousseaus sehr wohl vorhanden ist. Wichtig ist Löwenthal die scharf dichotomische Fassung des Verhältnisses von Recht und Macht, die jede Form von Gewaltbeziehung unter den Vorbehalt der rechtlichen Begründung stellt, wobei die neukantianische Perspektivierung insofern überrundet wird, als die Entwicklung von Rousseau über Kant zum frühen Fichte zwar als Fortschritt gesehen wird, aber erst mit dem Blick auf Marx zum Abschluss kommt. Noch interessanter für uns ist aber die Schlussthese: „Die Geschichte der Korrelation von ,Gewalt und Recht‘ von Rousseau bis Fichte ist zugleich die Geschichte der immer anwachsenden Aktualisierung der rechtsphilosophischen Probleme“49, schreibt Löwenthal und fügt hinzu, dass einerseits dieser „Weg zu einer immer näheren und intimeren Beschäftigung mit den gegebenen Realitäten führt“. Andererseits aber scheint dieser Wege am Ende in ein messianisches Licht einzutauchen, in „die Ahnung von einem völlig gewaltlosen Zustand […], in dem Sanktionen des Rechts, die ja nichts anderes sein können als Akte der Gewalt, auch nicht mehr existieren“.50

      Vollends offensichtlich werden die Parallelen zu Max Horkheimer dann in der Helvetius-Studie, an der Löwenthal seit Anfang der 1930er Jahre schrieb, möglicherweise um sich damit an der Universität Frankfurt zu habilitieren.51 Horkheimer hatte im Sommersemester 1927, damals noch Privatdozent, eine dreistündige „Vorlesung über die Geschichte der neueren Philosophie“ gehalten, in der ein deutlicher Schwerpunkt auf der französischen Aufklärungsepoche und hier noch einmal auf ihren radikalsten Vertretern lag, den Anhängern des erkenntnistheoretischen Materialismus.52 Einen Auszug daraus, aber nur zur Vorgeschichte hatte er 1930, unterstützt von Leo Löwenthal, in dem Büchlein „Anfänge der bürgerlichen Geschichtsphilosophie“ veröffentlicht.53 Löwenthals Helvetius-Studie steht sicherlich in dem dadurch markierten Rezeptionshorizont, sie geht aber durchaus eigene Wege, ist ganz aus dem verstreuten französischen Originalmaterial gearbeitet und demonstriert auf eindrucksvolle Weise, wie auf einer strikt materialistischen Erkenntnistheorie eine eigenständige und entwicklungsfähige Sozialphilosophie aufgebaut werden kann. Ihr Fokus ist nicht zufällig eine griffige geschichtsphilosophische Perspektive, deren scharfe anti-theologische Wendung nicht verschwiegen wird. Aber für Löwenthal ist das nur die eine Seite der Medaille.

      Die andere Seite zeigt sich, wenn in derselben geschichtsphilosophischen Denkfigur eine Versöhnung mit der Religion anvisiert wird, die gerade auf dem Umweg über die historische Aufklärung, durch die Festlegung des Helvetius auf eine säkularisierte Geschichtsphilosophie möglich scheint. Der Aufklärer Helvetius, der radikale Kritiker der Theologie, wird von Löwenthal gelesen als Vertreter eines Geschichtsdenkens, das die menschliche Vernunft zum Mittel und gleichzeitig zum Ziel der Geschichte erhebt und dadurch, wie das letzte Kapitel lautet, eine „Religion der Erkenntnis“ an die Stelle einer dogmatischen Religionsphilosophie setzt. Deren Schlusspointe ist gleichzeitig der plausible Endpunkt von Löwenthals Denkweg während der Weimarer Republik: „Damit findet die Aufklärung ihre Vollendung: der Feind, die Religion, ist zum Freund geworden, indem ihre Bedeutung verwandelt wurde; an die Stelle der Kirche tritt die Philosophie, an die Stelle der geoffenbarten Lehre die sich verwirklichende menschliche Vernunfterkenntnis; die Heiligen dieser philosophischen Kirche sind die moralischen Genies; ihre Verdammten die Friedensbrecher der menschlichen Gemeinschaft.“54

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