Fürstenkrone Box 14 – Adelsroman. Marisa Frank
Kleine ist ganz gesund, Fürst. Und die Mama wird es auch überstehen. Hab’ ich es nicht gesagt? Sie hat einen eisernen Willen, Ihre Tochter, Durchlaucht!«
»Darf ich meine Tochter sehen? Bitte…«
»Nur ganz kurz. Und erschrecken Sie nicht. Die Geburt hat sie sehr mitgenommen. Sie ist noch nicht aus der Narkose erwacht.«
Schwester Mathilde und Fürst von Buchenhain gingen in Dianas Schlafzimmer. Wären die beiden Ärzte und die Schwestern nicht anwesend gewesen, wäre Fürst von Buchenhain vielleicht neben seinem Kind zu Boden gesunken. Nur mit äußerster Kraftanstrengung vermochte er, gegen die Ohnmacht anzukämpfen.
»Nun gucken Sie sich den Kleinen an, Durchlaucht«, bat Schwester Mathilde.
Sie führte den Fürsten in den angrenzenden Salon und hob ein winziges Bündel hoch, das in weiße Tücher gehüllt war. Das Bündel hatte kein einziges Haar auf dem Kopf und besaß ein krebsrotes Gesicht.
»Glauben Sie mir, Durchlaucht, das wird einmal ein schöner junger Mann werden. Fast alle Babys sehen so aus. Und es war ja auch nicht leicht für den Jungen.«
Der winzige Mensch gab Schmatzlaute von sich und öffnete dann weit seinen Mund.
»Finden Sie nicht auch, dass er eigentlich jetzt schon sehr hübsch ist, Schwester Mathilde?«, fragte der Fürst mit aufflammender Freude.
»Natürlich, er ist ein Schatz. Nicht wahr, du bist ein Schätzchen?«, fragte die sonst so herbe Schwester und legte das Baby in sein Körbchen zurück.
*
Markus von Homberg war einer der ersten, den Hubertus nach seiner Rückkehr aus Paris von Hamburg aus anrief.
»Wo bist du?«, rief Markus in die Telefonmuschel, nachdem Hubertus sich gemeldet hatte.
»In Hamburg. In einer Woche komme ich nach München. Hast du von meinem Buch gehört?«
»Lass das Buch jetzt, Hubertus. Es gibt Wichtigeres. Wo ist Diana?«
Mehrere Sekunden lang herrschte am anderen Ende der Leitung Schweigen.
»Frag mich das noch einmal, Markus.«
»Du weißt also nicht, wo sie ist?«
»Nein.«
»Sie kann doch nicht vom Erdboden verschwunden sein.«
»Bitte, Markus, drücke dich ein wenig deutlicher aus. Was ist passiert? Erzähl mir alles. Bitte, schnell.«
»Nicht am Telefon. Wann kannst du frühestens nach München kommen?«
»Mit der nächsten Maschine. Hol mich bitte vom Flughafen ab. Frag einfach nach der nächsten Maschine, die von Hamburg aus in München landet.«
»Gut, Hubertus. Ich hole dich vom Flughafen ab.«
Markus von Homburg fuhr sofort los.
Zwei Stunden später landete ein Jet aus Hamburg. Von der Zuschauertribüne aus erkannte Markus unter den Fluggästen, die zum Ankunftgebäude gingen, seinen Kusin.
Markus lief die Treppen hinunter und erreichte Hubertus hinter der Passkontrolle.
Sie setzten sich in Markus’ Wagen. Nachdem sie das Flughafengebäude hinter sich gelassen hatten und über schneebedeckte schmale Landstraßen fuhren, bat Hubertus seinen Kusin doch bitte anzuhalten.
»Erzähl bitte, Markus. Ich verstehe nämlich nichts. Erzähl also bitte alles, was du über Diana und mich weißt.«
»Eben leider sehr wenig. Es ist mir einfach nicht gelungen, sie wiederzufinden, nachdem sie bei Maria ausgezogen ist.«
»Fang von vorn an. Ich verstehe immer weniger, Markus.«
Mit brennenden Augen sah Hubertus seinen Kusin an.
Graf Markus von Homberg begann von den Ereignissen zu berichten, die sich während Dianas fast viermonatigem Aufenthalt in München zugetragen hatten.
Er versuchte, sich ihres Aussehens, ihrer Worte zu erinnern.
Hubertus war zusammengezuckt und saß wie erstarrt, nachdem Markus ihm von dem Kind erzählt hatte, das Diana erwartete. Er fühlte, wie sein Mund ganz trocken wurde, und ihm kalter Schweiß ausbrach. Gleichzeitig begann sein Herz wie wild zu schlagen.
»Und jetzt?«, stieß er dumpf hervor, als Markus schwieg.
»Sie ist wie vom Erdboden verschwunden. Maria, die Studentin, und ich haben unsere Nachforschungen inzwischen aufgegeben. Maria hat sofort jemanden nach Schloss Buchenhain geschickt, um zu erfahren, ob Diana inzwischen wieder zu ihrem Vater zurückgekehrt war. Aber auf Buchenhain war sie auch nicht.«
Hubertus biss die Zähne ganz fest aufeinander. Er glaubte, den Schmerz in sich nicht ertragen zu können.
»Kannst du mir deinen Wagen leihen?«, fragte er plötzlich voller Hast.
»Natürlich. Was willst du damit machen?«
»Ich fahre nach Buchenhain. Ich werde mit diesem Vater abrechnen. Es ist mir gleichgültig, was hinterher passiert. Und wenn er weiß, wo Diana ist, wird er es mir sagen. Ich werde ihn zwingen.«
»Pass auf dich auf, Hubertus. Mach keine Dummheiten.«
»Dummheiten habe ich hinter mir, Markus. Jetzt werde ich endlich tun, was schon seit langem notwendig gewesen wäre. Diana und ich waren zu jung und zu unerfahren, wir haben uns betrügen lassen. Aber jetzt bin ich aus meinem Dornröschenschlaf aufgewacht, Markus. Ich fahre dich zurück zum Flughafen. Kannst du von dort aus die Bahn oder ein Taxi nehmen?«
»Natürlich. Ich meine nur, du solltest bis morgen warten. Die Straßen sind vereist. Ich habe vorhin mehrere Warnmeldungen gehört, Hubertus.«
»Ich hab’ schon viel zu lange gewartet, Markus.«
Hubertus und Markus von Homberg wechselten die Plätze. Hubertus startete den Motor und fuhr zurück zum Flughafen. Dort stieg Markus aus und Hubertus fuhr auf die Autobahn, die ihn in die Nähe von Schloss Buchenhain bringen würde.
*
Eine Stunde später geriet Hubertus in einen Autostau, der über fünf Kilometer lang war. Die Ladung eines Überlandwagens war auf die Autobahn gekippt. Hubertus erfuhr, dass keine Aussicht bestand, dass die Autobahn bald geräumt werden konnte.
Es hatte wieder zu schneien begonnen. An ein Zurückkehren oder Ausweichen über eine Landstraße war nicht zu denken.
Polizeibeamte versorgten die Autofahrer mit warmen Decken und Getränken.
Erst nach Mitternacht wurde die Autobahn geräumt. Hubertus war wie erstarrt vor Kälte. Er fuhr zu einem der Autobahnhotels und übernachtete dort.
Wegen Eisglätte auf der Autobahn konnte er seine Reise nur sehr vorsichtig und langsam fortsetzen. So war es fast elf Uhr, als er durch den Ort Buchenhain kam.
Auf dem hohen schmiedeeisernen Gitter, vor dem Hubertus bald darauf stand, lagen weiße Schneehäubchen.
Er stieg aus, um das Tor zu öffnen.
Im gleichen Augenblick erblickte er einen hochgewachsenen, schlanken jungen Mann mit ungesunder Gesichtsfarbe und schütterem Haar.
Er starrte auf Hubertus. Seine Hand lag auf der Verriegelung des Tores.
»Wollen Sie das Tor nicht öffnen?«, fragte Hubertus ungeduldig und übermäßig erregt.
»Woher kommen Sie?«
»Hier ist meiner Meinung nach nicht der richtige Ort und auch nicht die passende Zeit, um Konversation zu betreiben. Mein Name ist Graf Hubertus von Homberg.«
Hubertus nannte sonst nie seinen Titel. Er hoffte jetzt jedoch, dass dieser Titel den Mann hinter dem Tor dazu bewegen könnte, ihn einzulassen.
Der schmale Mund von Fürst Friedrich von Großborn krümmte sich kaum merklich. In seinen grauen Augen lag Eiseskälte.
»Ich