Fürstenkrone Box 14 – Adelsroman. Marisa Frank
zum Hauptschloss und dem Wasserbassin lag.
»Bitte kleide dich um und komme in mein Arbeitszimmer, Diana«, befahl der Fürst.
Diana eilte in ihr Zimmer und zog Hubertus’ Hose und sein Hemd aus. Dann presste sie ihre Lippen auf diese Kleidungsstücke, die Hubertus vor ihr getragen hatte und versteckte sie in einer Schublade in ihrem Schlafzimmerschrank.
Sie ließ Wasser in die rosafarbene Badewanne laufen, legte sich hinein und schloss die Augen. Diana wusste, dass ihr Vater und Fürst von Großborn sie erwarteten. Aber sie fand nicht die Kraft, zu ihnen zu gehen.
Nach dem ausgedehnten Bad kleidete sich Diana an. Sie wählte ein schlichtes, langes Kleid aus roter Rohseide, das bis zu ihren Fesseln reichte.
Es klopfte an die Tür.
»Ja bitte?«
Der Sekretär des Fürsten trat ein. Die Prinzessin möge bitte nicht vergessen, dass Ihr Vater und Fürst von Großborn im Arbeitszimmer des Fürsten auf sie warteten.
»Nein, ich habe es nicht vergessen. Danke«, erwiderte Diana.
Es dämmerte bereits, als Diana das Arbeitszimmer ihres Vaters betrat.
Fürst von Buchenhain legte gerade den Hörer des Telefonapparates auf die Gabel zurück. Auf seinem Gesicht war ein Ausdruck von Befriedigung zu erkennen.
Friedrich von Großborn stand neben dem Fenster und verneigte sich stumm.
Diana erwiderte seinen wortlosen Gruß durch ein Neigen ihres Kopfes.
»Ich wollte Ihnen nur vergewissern, Prinzessin, dass ich meine Absichten, Sie um Ihre Hand zu bitten, nicht geändert habe«, sagte Friedrich von Großborn und sah Diana dabei mit einer gewissen Starre in die Augen.
Danach wandte Friedrich von Großborn sich an Fürst von Buchenhain. »Bitte entschuldigen Sie mich, Fürst. Ich bin sehr erleichtert und möchte heute nach Großborn zurückkehren.«
»Ich danke Ihnen, Fürst«, erwiderte Dianas Vater und führte seinen Gast, nachdem dieser sich förmlich von seiner Tochter verabschiedet hatte, aus dem Zimmer. Er geleitete ihn zu seinem Wagen.
*
Nach seiner Rückkehr ins Arbeitszimmer zündete Fürst von Buchenhain alle Leuchter im Raum an.
Mit auf dem Rücken verschränkten Armen stellte er sich vor Diana. Diese Haltung ihres Vater hatte für Diana immer etwas Furchteinflößendes gehabt, als sie noch ein Kind gewesen war. An diesem Abend empfand sie jedoch keine Angst. Ihre Liebe hatte sie sicher gemacht.
»Ich habe vorhin mit Graf von Homberg gesprochen, Diana«, begann Fürst von Buchenhain und maß seine Tochter mit aufmerksamen Blicken.
»Hubertus hat sich mit seinen Eltern entzweit, Vater.«
»Ich weiß es seit langem. Ich muss ein wenig ausholen, mein Kind. Deine Mutter ist eine entfernte Verwandte der Gräfin von Homberg. Man kann sagen, sie liebten einander wie Schwestern.
Ich hatte deine Mutter übrigens bei einem Besuch auf dem Gut des Grafen kennengelernt. Sie verbrachte damals vier Wochen in Deutschland.
Schon bei jenem ersten Besuch entging mir nicht, dass Graf von Homberg – der übrigens einen sehr zweifelhaften Ruf als Frauenheld hatte und bereits verheiratet war – sich um deine Mutter bewarb. Ich brauche nicht zu betonen, dass deine Mutter über jeden Zweifel an ihrer Tugend erhaben war.
Da ich deine Mutter liebte und auch, um sie vor den – übertriebenen Referenzen – des Grafen zu bewahren, reifte in mir bald der Entschluss, sie als meine Frau nach Buchenhain zu führen.
Deine Mutter fühlte sich während der ersten Zeit hier ein wenig einsam, und ich gab schließlich ihren Bitten nach, die Gräfin und Graf von Homberg nach Buchenhain zu laden. Der Besuch wurde wiederholt.«
Der Fürst brach ab, als könne er die Erinnerung nicht ertragen und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen.
Es dauerte eine ganze Weile, bis er fortfuhr: »Ich überraschte den Grafen dabei, wie er versuchte, deine Mutter zu küssen. Sie wehrte sich auf ihre scheue ein wenig verhaltene Art. Nun, was danach geschah, bedarf keiner langen Erzählung.
Gräfin und Graf von Homberg kamen nie wieder nach Buchenhain. Ich habe sie auch an anderen Orten nicht wiedergesehen, nur von ihnen gehört.
Die unselige Leidenschaft des Grafen für Frauen und sein Unvermögen, sein Erbe zusammenzuhalten, hat sich auf seine fünf Kinder übertragen.
Der Reichtum der Grafen von Homberg ist geschmolzen. Sie waren gezwungen, ihr Gut zu verkaufen und leben jetzt in ihrem Stadthaus.
Der älteste Sohn, so wurde mir berichtet, und davon konnte ich mich heute mit eigenen Augen überzeugen, soll ein Ebenbild seines Vaters sein. Graf von Homberg, wie er früher gewesen war. Inzwischen ist der alte Herr zur Vernunft gekommen und erkennt, welches Erbe er seinen Kindern überlassen hat.
Ich habe den Grafen gebeten, morgen nach Buchenhain zu kommen. Was ich zu sagen hatte, habe ich gesagt, Diana. Der Graf wird dir alles weitere erläutern.«
»Weshalb soll ich mit Graf von Homberg sprechen?«, fragte Diana. »Du weißt doch bereits, was er mir sagen wird, Vater.«
»Liebes Kind, übermäßige Gefühlsausbrüche schätze ich nicht.«
»Vater, ich weiß, dass Hubertus ein ehrenwerter und wertvoller Mensch ist. Er und ich – wir können doch nichts dafür, was in der Vergangenheit geschehen ist. Niemand und nichts wird mich davon abhalten können, mit Hubertus wegzugehen, wenn du mir am Sonntag immer noch verweigerst, seine Frau zu werden.«
Fürst von Buchenhain sah zu Boden. Ein kaum merkliches Lächeln umspielte seinen Mund. Grausamkeit lag in diesem angedeuteten Lächeln. Die Grausamkeit eines Menschen, der seinen einmal als richtig erkannten Weg geht, wenn auch Menschen dabei sterben mochten.
»Du wirst dich jetzt sicherlich schlafen legen wollen, Diana.«
»Ja, Vater.«
»Dann gute Nacht.«
»Gute Nacht, Vater.«
Der Fürst hielt Diana seine Wange hin, und sie berührte sie flüchtig mit ihren Lippen.
*
Als Diana morgens aufstand, um sich anzukleiden, regnete es draußen in Strömen. Sie streckte eine Hand aus dem Fenster und ließ die Wassertropfen auf ihre Hand fallen.
Plötzlich sah sie ein beigefarbenes englisches Auto.
»Hubertus’ Vater!«, sagte Diana halblaut.
Sie kleidete sich mit fliegender Hast an. Vielleicht war es wichtig, dass sie Graf von Homberg begegnete, bevor ihr Vater mit ihm sprechen konnte und die Feindschaft zwischen beiden Männern wieder aufflammen konnte.
Ein Blick auf ihre Armbanduhr zeigte ihr, dass es bereits fast zehn Uhr war. So lange hatte sie geschlafen.
Sie lief über die Marmortreppe in die Halle.
Gerade als sie die unterste Stufe erreichte, trat Graf von Homberg ein.
Abrupt blieb er stehen und starrte auf Diana. Mit einer raschen Bewegung strich er sich über die Augen, als wolle er ein Bild verscheuchen.
Er kam zögernd näher.
»Prinzessin?«, fragte er mit der Stimme von Hubertus.
Diana versuchte zu lächeln. Sie fühlte, dass ihre Lippen zitterten.
»Ich bin Diana von Buchenhain. Und ich möchte, dass Sie in mir die Frau Ihres Sohnes und Ihre Tochter sehen können, Graf«, entgegnete sie.
Der Graf merkte, dass er noch immer ihre Hand festhielt.
»Ich bin etwas verwirrt«, sagte er leise.
Einen Augenblick lang hatte er wirklich geglaubt, Amalia käme auf ihn zu. Amalia, als sie zwanzig Jahre alt gewesen war. Amalia, die er so sehr geliebt