Von ihren Partnern entführt. Grace Goodwin

Von ihren Partnern entführt - Grace Goodwin


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Funkeln meiner Linse im Sonnenlicht konnte sie auf mich aufmerksam machen. Ich fühlte mich wie ein Scharfschütze, aber meine Waffe waren Informationen anstatt Kugeln. Zumindest dieser Tage. Als ich noch beim Militär war, war mein M24-Scharfschützengewehr um einiges tödlicher.

      Meine Geduld wurde entlohnt, als ein Mann, der mir nur allzu bekannt war, schließlich aus dem Schatten hervortrat und sich den beiden Drogenfahndern gegenübersetzte.

      Ich blinzelte dreimal, kräftig, um die Tränen aus meinen Augen zu bekommen, die sich dort sammelten. Ich sollte überrascht sein.

      Das war ich aber nicht, und das sagte mir schon alles, was ich wissen musste. Jeder Schnipsel meiner Scharfschützen-Ausbildung machte sich in diesem Augenblick bezahlt. Ich rastete nicht aus. Ich blieb ruhig, atmete langsam und gleichmäßig, auch wenn meine Gedanken rasten. Kacke. Verdammte Scheiße! Der elende Mistkerl!

      Ich beeilte mich und schoss mehrere Fotos, bevor ich mich zurückzog, meine Ausrüstung zusammenpackte und zu ihm nach Hause fuhr. Ich wusste genau, wo das war, denn ich war schon dort gewesen. Oft sogar. Ich würde ihm einen Hinterhalt stellen und ihn konfrontieren, und die ganze Sache aufzeichnen. Die Stadt musste erfahren, wer das Arschloch war, das hinter der neuesten Mordserie steckte, aber die Welt würde mir niemals glauben. Ich war eine verurteilte Verbrecherin, eine, die er angeschwärzt hatte. Ich brauchte ein Geständnis, und ich brauchte es auf Film.

      Zwei Stunden später kam er zurück zu seinem Herrenhaus mit vier Schlafzimmern, wo er mich in seinem edlen Speisesaal im Erdgeschoss vorfand. Die Zwölf-Kaliber-Schrotflinte, die er vor Jahren auf einer Waffenmesse gekauft hatte, war geladen, und der Lauf lehnte auf der hohen Rückenlehne eines kirschfarben gebeizten Stuhls am Esstisch. Ich zielte mit der Waffe mitten auf seine Brust. Er wusste, dass ich eine verdammt gute Schützin war. Ich hatte in jedem meiner vier Jahre bei der Armee an Scharfschützenbewerben teilgenommen, und er hatte mich persönlich trainiert.

      „Jess.“ Seine Augen wurden groß, völlig erstaunt darüber, mich zu sehen. Das hielt nur eine Sekunde lang an, bevor er seine Gefühle unter Kontrolle brachte.

      „Clyde.“

      Ich starrte meinen alten Mentor über den Waffenlauf hinweg an und schüttelte langsam den Kopf, den Blick fest auf ihn gerichtet. Er war Ex-Militär, ehemaliger Polizeichef und inzwischen Bürgermeister unserer wunderbaren Stadt. Er trug einen dunkelblauen Anzug mit Krawatte und sah gut und fit aus für seine fünfzig Jahre, ein vorbildhafter Bürger der Stadt. Ein Kriegsheld, dessen Augen von Lachfalten umrahmt waren. Das Grübchen in seinem Kinn hatte ihm den Titel des begehrtesten Junggesellen der Stadt eingebracht.

      „Ich dachte, du wärst abgehauen, um irgendein Alien zu ficken.“

      Er besaß den Nerv, sich eine Zigarette aus der Tasche zu holen und sie anzustecken, während ich zusah. Der Rauch stieg langsam auf und tanzte in der stillen Luft zwischen uns.

      „Hat dir das Alien nicht ausgereicht? Bist du zum Ficken hier, Süße? Für noch eine Dosis C-Bomb?“

      „Nein, danke.“

      Er zuckte die Schultern und nahm einen tiefen Zug von der Zigarette. Er stieß Rauchringe aus, als hätte er keine Sorge auf der ganzen Welt. „Ich dachte, ich sollte es dir anbieten. Du hast C-Bomb beim ersten Mal doch so geliebt, da dachte ich, du hättest gern noch 'ne Runde.“

      Ich schauderte. Ich hatte nie jemandem von dieser höllischen Nacht erzählt—der Nacht, die ich wie von Sinnen im Drogenrausch verbracht hatte. Ich hatte mich im Badezimmer eingeschlossen und auf dem Fußboden zusammengerollt. Ich hatte masturbiert, bis meine Pussy blutig war, mich stundenlang immer wieder übergeben, und jeder Orgasmus hatte mir nur kurz Erleichterung verschafft. Die Tortur hatte den Großteil der Nacht lang angehalten, und nun wusste ich genau, wer daran schuld gewesen war. Mein Finger zuckte am Auslöser, und er musste es bemerkt haben, denn er hob die Hände ergeben hoch.

      „Immer langsam.“

      „Ich habe dir vertraut.“ Beim Gedanken daran, ihn umzubringen, wollte ich am liebsten auf meine Stiefel kotzen, aber ich würde es tun. Er verdiente es nicht, zu leben, aber ich brauchte ein Geständnis. Es würde nicht reichen, dass er tot war. Meine Kamera saß am Kaminsims und zeichnete alles im Zimmer auf, jedes verdammte Wort. „Warum hast du das getan?“

      „Was getan?“ Er starrte mir in die Augen, ruhig und gemächlich, während er sich in seinen liebsten Lehnstuhl setzte, und zwar den, der immer eine Waffe zwischen der Polsterung der rechten Armlehne und dem Sitzkissen stecken hatte. Die Waffe befand sich derzeit sicher verstaut in meiner Tasche, aber das wusste er nicht.

      „Du weißt schon, mich anschwärzen. Ein paar Dutzend unschuldige Frauen umbringen. Mit dem Kartell Geschäfte machen. Deine Stadt verraten und verkaufen.“

      Seine Hand bewegte sich an die Stelle zwischen den Kissen und ich grinste, sah zu, wie seine Augen erst ausdruckslos waren, dann fuchsteufelswild, als er bemerkte, dass seine Waffe weg war. Er seufzte, hob die Hand und verschränkte die Arme vor seiner Brust.

      „Tu, was du tun musst, Jess, aber du wirst kein Geständnis aus mir herausbekommen. Ich habe nichts Falsches getan.“

      Ich sehnte mich danach, ihn aus nächster Nähe abzuknallen, ihm ein Loch so groß wie Texas in die Brust zu pusten, aber etwas hielt mich ab.

      Gott, manchmal war es richtig Kacke, ein Gewissen zu haben. Nicht, dass dieser Mann verstehen würde, was das bedeutete. Ich hatte schon Menschen getötet, im Einsatz im Nahen Osten, aber da war ich dazu gezwungen gewesen. Töten oder getötet werden. Das war etwas Anderes. Das hier? Es wäre kaltblütiger Mord.

      Aber ernsthaft, er verdiente den Tod.

      Ich starrte ihn eine geschlagene halbe Minute lang an und wägte meine Optionen ab. Ihn umbringen und fliehen? Ihn fesseln und die Polizei rufen?

      Sie würden mir niemals glauben. Niemals. Ich war die Verräterin, die korrupte Ex-Militäroffizierin, bei der eine überschüssige Million am Bankkonto gefunden worden war, ein Packen C-Bomb bei ihr zu Hause, und die Droge selbst in ihrem Blut. In dieser Stadt war er ein Gott. Ich war eine Verbrecherin und Lügnerin. Ich war Abschaum.

      Er lächelte mir spöttisch zu, und der Anblick machte mich so zornig, dass ich mich aufrichtete und einen Schritt nach vorne machte. Ich würde ihn anlügen und ein wenig riskieren müssen, um seine Schwachstelle zu erwischen und ihn wütend zu machen. Ihm ein Geständnis zu entlocken. Ich hatte mein Versteck verlassen, sobald ich ein Foto von ihm im Gespräch mit den Drogenfahndern hatte, aber er wusste nicht, was ich gesehen hatte und was nicht. „Ich brauche kein Geständnis, Clyde. Ich habe dich auf Film im Blowjob-Café, mit einer Nutte zwischen deinen Beinen und einer Tüte Drogengeld auf dem Tisch.“

      „Du verdammtes Miststück.“ Er funkelte mich an, jeglicher Anschein von Menschlichkeit verflogen. „Ich werde dich so high machen, dass du deinen eigenen Namen nicht mehr weißt, und dann werde ich dich unter den Männern aussetzen. Sie werden wie Hunde über dich herfallen.“

      Die Neurostims in meinen Schläfen surrten, und ich schüttelte den Kopf, um ihn klarzubekommen. Es passierte noch einmal, diesmal lauter—ein eigenartiges Geräusch, das ich noch nie zuvor gehört hatte. Als würden Maschinen miteinander reden.

      Ich trat einen Schritt zurück, und Clyde erhob sich aus seinem Stuhl und holte zum Schlag aus, während ich abgelenkt war.

      Kacke. Irgendetwas stimmte nicht. Ich hob meine Hand an die Schläfe und stöhnte. Ich musste hier raus. Sofort.

      Zu spät. Ein Schmerzensstich fuhr mir durch die Schläfen, und ich ging in die Knie. Die Flinte klapperte zu Boden, während ich mich krümmte und wimmerte und darum kämpfte, bei Bewusstsein zu bleiben.

      Clyde packte sich die Waffe und trat einen Schritt auf mich zu, als die Eingangstür aufplatzte. Drei riesige Wesen betraten Clydes Wohnzimmer. Sie waren nicht menschlich. Ihr gesamter Körper war metallisch, aber nicht hart und glänzend wie die Schraubschlüssel meines Großvaters, sondern weich, wie Metall, das sich bewegte, über ihre Körper floss wie Haut, wie lebendes Gewebe. Ihre Augen waren silbern, aber in der Mitte, wo die Pupillen sein sollten,


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