Achtsam scheitern. Christin Henkel

Achtsam scheitern - Christin Henkel


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      Eulenspiegel Verlag – eine Marke der

      Eulenspiegel Verlagsgruppe Buchverlage

      Alle Rechte der Verbreitung vorbehalten.

      ISBN E-Book 978-3-359-50094-0

      ISBN Print 978-3-359-01394-5

      © 2020 Eulenspiegel Verlagsgruppe Buchverlage GmbH, Berlin

      Umschlaggestaltung: Buchgut Berlin,

      unter Verwendung von Fotos der Autorin von

      Emanuel A. Klempa und eines Fotos von

      tomertu /AdobeStock

       www.eulenspiegel.com

      Inhalt

       Schöne neue Ökowelt

      Achtsam am Arsch …

       Green Lifestyle früher vs. Green Lifestyle heute

      Zur falschen Zeit am falschen Ort

       Ausmisten mit Marie Kondo

      Ich finde Chaos voll in Ordnung

       Zero Waste im Badezimmer

      Du riechst so schön nach Apfelessig

       Tantra-Torben und ein Haufen Liebe

      Einsam, zweisam, achtsam

       Unverpackt

      Total verkackt

       Achtsame Momblogger

      Stoffwindeln mit Montessori-Mathilda

       Konsumfrei durch die Weihnachtszeit

      Früher war weniger Lametta

       Falsche Schönheitsideale

      Baby, zieh’ die Alfstrumpfhose an!

       Das Achtsamkeitsseminar

      Rosinenmeditation für Anfänger

       Easy entschleunigen mit Corona

      Hilfe! Ich muss jetzt selber kochen

       Liebesgrüße aus der Lausitz

      Gemeinsam einsamen

      Schöne neue Ökowelt

      Achtsam am Arsch …

      »Wir brauchen das Auto eigentlich gar nicht mehr«, erklärt Mona stolz und streichelt dabei verträumt über den Lenker ihres funkelnagelneuen Lastenfahrrads, mit dem sie bald die kleine Mathilda und den Benedict-Hector vom Hatha-Yoga für Neugeborene abholen kann. Gerade eben hat sie mit ihrem neuen SUV mit Pedalen versehentlich einen E-Roller und zwei Passanten umgenietet, aber das ist nicht so schlimm – immerhin sollen die Fahrradwege im Stadtzentrum bald Lastenradmutti-tauglich erweitert werden. Nach oben und unten ist ja noch massig Platz. Es dauert ungefähr eine halbe Stunde, bis sie das Monstrum vorm Bahnhof mit sieben Sicherheitsschlössern abgesperrt hat. Den Einwand ihres Mannes, sie blockiere damit eine Feuerwehrzufahrt, hat sie dabei gekonnt ignoriert.

      Auch Gatte Manuel verzichtet seit kurzem auf seinen PKW. Obendrein hat er, trotz Tätigkeit im deutschlandweiten Vertrieb einer veganen Hundefutterfirma, all seine Inlandsflüge gestrichen und reist fortan ausschließlich mit der Bahn. Mit einer ordentlichen Portion Glück im Reisegepäck geht das genauso schnell, und er bekommt sogar manchmal einen Sitzplatz.

      Unser alter Freund Denis lässt sich gar nicht mehr in der Innenstadt blicken. Er hockt jetzt im brandenburgischen Outback und hantiert im eigenen Garten. Einen Großteil seiner Lebensmittel baut er selbst an. Slow Food und so. Ständig schwärmt er uns von der Ruhe und der malerischen Landschaft vor und endet jedes Mal mit einem ausgedehnten »Ihr müsst uuunbedingt vorbeikommen. Es ist traumhaft hier!«

      Mona und Manuel hatte er sofort angefixt. Seitdem sie mit den Zwillingen schwanger sind, suchen sie aktiv nach einem Ort, an dem ihre beiden Bio-Bälger optimal gedeihen können. Ihnen schwant, dass die Drei-Zimmer-Wohnung im Prenzlauer Berg bald ausgedient hat. Mich hingegen machte die ganze Promotion für Denis’ neuen Lebensmittelpunkt von Anfang an skeptisch. Wenn es da wirklich sooo toll ist, wieso muss man es dann explizit betonen? Das ist wie mit der kleinen Pummelfee, die jedem ungefragt erzählt, wie viel Sport sie treibt. Und warum zur Hölle weiß niemand von diesem paradiesischen Naherholungsgebiet?! Noch nie habe ich Leute sagen hören: »Also, das Karwendelgebirge, naja … Aber die Lausitz, Leute! Die Lausitz! Einfach wow!« Aber ich lasse mich gern eines Besseren belehren. Und nun verlassen Mona, Manuel und ich mit nur dreiundzwanzig Minuten Verspätung den Ostbahnhof, um Demeter-Denis einen Besuch abzustatten.

      Die Entschleunigung beginnt bereits in der Regionalbahn. Keine Ahnung, wie der Tourismusverband der Region das retten will, aber ein Abenteuer ist die Fahrt im Lausitz-Express nicht gerade: Wald – Feld – Wald – Feld – Kuhkaff – wieder Wald – noch ein Feld, und das alles über eine Stunde lang und komplett ohne LTE. Das mit dem Breitbandausbau lohnt sich wahrscheinlich nicht, weil die wenigen Ortsansässigen das Internet gar nicht kennen.

      Aber malerisch ist die Landschaft wirklich. Das muss man ihr lassen: hier ein Feld, da ein Baum, noch schnell ein paar Regenwolken – zack! Fertig gemalt. Da hat der Künstler nicht viel Arbeit.

      »Meine Lieben, schaut mal! Er wartet schon auf uns!«, unterbricht Mona meine Gedanken, als der Zug in den Bahnhof unserer brandenburgischen Zielmetropole einfährt. Tatsächlich – da steht unser kord­hosentragender Ex-Berliner winkend an Gleis 1 (es gibt nur eins), um seine Gäste in Empfang zu nehmen.

      »Hier, probiert mal!«, ruft er uns noch vorm ersten Hallo aufgeregt zu: »Das ist Brunnenkresse, frisch geerntet. Kann man prima an den Salat machen.« Sein breites Grinsen verrät, dass Brunnenkresse außerdem super in den Zahnzwischenräumen hängen bleibt. Wir umarmen ihn und freuen uns, dass die alte Gang nach langer Zeit wieder vereint ist. Die Brunnenkresse schmeckt interessant. Ein echt guter Tipp, falls ich mir einmal ein Kaninchen zulegen sollte. »Noch ein kurzer Fußmarsch, dann sind wir da«, erklärt Denis, der neuerdings ein kleines bisschen nach Kompost riecht, und wir folgen ihm auf einer verlassenen Straße in Richtung Gartenidyll. Vierzig Minuten später stapfen wir immer noch querfeldein. Er muss ziemlich viel von seiner Kresse geraucht haben, wenn er tatsächlich glaubt, dass er nah an Berlin wohnt. Mona ist bereits in siebten Monat und kommt richtig ins Schwitzen, aber glücklicherweise erreichen wir das Ziel noch vor Einbruch der Dunkelheit und vorm Einsetzen der Spontangeburt.

      Das alte Bauernhaus steht am Rande einer winzigen Ortschaft. Der verwilderte Garten ist riesig und zwischen den urigen Obstbäumen quietscht leise eine Hollywoodschaukel. Es ist wirklich schön hier, das muss ich zugeben.

      »Hier,


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