Hamanyalas – Weisheiten des leichten Lebens. Ilona Friederici

Hamanyalas – Weisheiten des leichten Lebens - Ilona Friederici


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so ein Rhododendron am Wegesrand, dachte Leni und blieb kurz stehen.

      Sie konnte Samiras Fragen gerade nicht beantworten, war irgendwie sprachlos, aber die Gedanken kreisten. Als sie zu der Grauhaarigen hinüberschaute, registrierte sie, dass diese auch gar nicht auf ihre Antwort wartete. Sie schien in sich zu ruhen. Wirkte so ausgeglichen und in sich gekehrt. Sie schenkte ihr nur ein kleines Lächeln, das Leni sofort erwiderte. Immer noch schweigend gingen sie weiter.

      Was war das nur für ein merkwürdiger Tag? Leni lief hier mit einer alten Frau, die sie nicht kannte, durch den Wald, fühlte sich dabei aber nicht unwohl. Ganz im Gegenteil, es tat ihr gut, in der Natur und in ihrer augenblicklichen Situation nicht allein zu sein. Doch trotz der Ruhe, die sich in ihr ausbreitete, wollten die Plagegeister in ihrem Inneren keine Ruhe geben. Immer wieder schossen ihr Fragen durch den Kopf, auf die sie keine Antworten wusste.

      Zeitweise hatte Leni Schwierigkeiten, Samira zu folgen, vielleicht weil sie oft stehen blieb, um die Landschaft und die friedliche Stille zu genießen, oder weil die alte Frau trotz ihres vermuteten Alters ziemlich flott auf den Beinen war. Samiras Schritte machten einen leichten und federnden, fast schon beschwingten Eindruck. Sie ging nicht wie eine alte Frau. Es kam Leni vor, als wäre Samira beim Gehen mit vollem Herzen dabei, ganz ins Gehen vertieft.

      Der Ort war wunderschön und die friedliche Ruhe hatte etwas Magisches an sich. Außer dem leisen Zwitschern einiger Vögel waren keine Geräusche zu hören.

      Plötzlich wurde die Sicht weit und erlaubte einen Blick über einen großen Teil des Tals. Sie mussten sich auf der anderen Seite des Hügels befinden. Leni nahm sich vor, bald mal wieder hierherzukommen. Die Sonne lachte immer noch hell und warf leichte Schatten. Es war irgendwie ein schöner Ausblick.

      »Lass uns hier eine Pause machen, Leni. Dort drüben auf der rustikalen Holzbank. Sie lädt geradezu zu einer Rast ein. Und eine alte Frau, wie ich sie bin, sollte sich ja nicht überanstrengen.« Samira lenkte ihre Schritte in Richtung Bank und setzte sich.

      Leni, die ihr wortlos gefolgt war, nahm neben ihr Platz. Die wärmende Sonne auf ihrem Gesicht, schloss sie für einen Moment die Augen und dachte zum wiederholten Mal: Wie schön es hier ist!

      Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie, dass jetzt ihre Begleiterin die Augen geschlossen hatte und ganz in sich gekehrt wirkte. Schlief sie womöglich? Liebend gern hätte sie ihr noch so viele Fragen gestellt, doch nun hielt sie es für angebracht, Samira in Ruhe zu lassen.

      So saßen sie einige Zeit still auf der Bank, bis Samira ihre Augen wieder öffnete und in ihrem Rucksack kramte. Nachdem sie zwei Brote und zwei Birnenhälften herausgenommen hatte, hielt sie Leni, ohne ein Wort zu sagen, eines der Brote und eine Birnenhälfte hin.

      Leni spürte, dass die alte Frau jetzt nicht reden wollte. Deshalb nickte sie nur zum Dank, nahm das Angebotene, lehnte sich wieder zurück und aß in Ruhe das Stück Birne. Nachdem sie am Morgen keinen Appetit gehabt hatte und ohne Frühstück aus dem Haus gegangen war, genoss sie jetzt das saftige Obst.

      Sie versuchte, ein Gespräch anzufangen, merkte aber sofort, dass Samira ihr nicht zuhörte. Sie schien ganz auf ihr Brot konzentriert zu sein. Also verstummte Leni und widmete sich ebenfalls ihrem Essen.

      Nach einer gefühlten Ewigkeit sagte Samira: »Ich sitze, wenn ich sitze; ich esse, wenn ich esse; ich gehe, wenn ich gehe, und ich stehe, wenn ich stehe.« Wieder lehnte sie sich zurück.

      Ja, so kam es Leni auch vor. Samira schien bei allem, was sie tat, hundertprozentig dabei zu sein und sich von nichts und niemandem ablenken zu lassen. Wie es schien, war sie die ganze Zeit über im Hier und Jetzt. Mit einem tiefen Blick in ihre Augen fing Samira dann doch wieder an zu sprechen: »Du erinnerst dich an meine Frage von vorhin? Du hast sie noch gar nicht beantwortet. Die Frage lautete: Wer bist du?« Ihr Blick war warm und mitfühlend.

      Leni musste noch ein wenig über diese Frage nachdenken. Wusste sie überhaupt, wer sie war? Hatte sie sich jemals Gedanken über ihre eigenen Wünsche und Träume gemacht? Ja, jetzt erinnerte sie sich: Ein paarmal hatte sie daran gedacht, wie schön es wäre, wenn sie Klavier spielen könnte. Den Gedanken hatte sie jedes Mal aber auch schnell wieder verworfen. Dafür war bisher einfach keine Zeit und kein Geld da gewesen. Sie hatte auch schon mal darüber nachgedacht, Spanisch zu lernen. Sie liebte den Klang dieser Sprache, hatte sich aber noch nie richtig damit auseinandergesetzt. Dafür wusste sie, wie Samira vorhin angedeutet hatte, sehr genau, was ihre Kinder und ihr Mann liebten.

      Sie blieb noch eine ganze Weile stumm auf der Bank sitzen und ließ diese Gedanken auf sich wirken, während Samira sie, ebenfalls ohne ein Wort zu sagen, einfach nur liebevoll ansah.

      Schließlich sagte Samira: »Dort, wo ich herkomme, gibt es die zehn Hölzer, die das Feuer des Glücks entfachen. Sie symbolisieren die zehn Dinge, die wichtig sind, um glücklich zu sein. Es sind die Hamanyalas. Wenn es dich interessiert, erzähle ich dir gern von ihnen. Ansonsten geht es hier gleich rechts den schmalen Pfad entlang zu deinem Auto. Du kannst den Weg nicht verfehlen.«

      Leni musste nicht lange überlegen. Sie wollte mehr über diese Frau wissen, die ihr zwar irgendwie eigenartig vorkam, die etwas unheimlich war, gegenüber der sie aber ein so warmherziges Gefühl verspürte. Ihr war klar, dass es falsch wäre, jetzt zu gehen. »Ja, gerne!«, sagte sie daher und lächelte.

      Also begann Samira zu erzählen: »Das erste Hamanyala sagt dir: Lerne deine Leidenschaften, Sehnsüchte und Träume kennen, denn diese führen dich auf den Weg zu dir selbst. Spüre in dich hinein und schaue, wobei dein Herz aufgeregt höher schlägt. Wobei verlierst du dich in Raum und Zeit? Was zaubert ganz automatisch ein Lächeln in dein Gesicht, wenn du es tust, siehst oder erlebst?« Sie hielt kurz inne. »Aber nun muss sich die alte Frau ein wenig ausruhen. Geh doch für eine Weile über die Wiese da vorne und genieße die bunten Schmetterlinge, die sich auf die verschiedenen kleinen Blüten setzen. Wir sprechen dann etwas später weiter.«

      Leni konnte zwar kein Anzeichen von Müdigkeit in Samiras Gesicht erkennen, aber sie wollte auch nicht unhöflich sein und machte sich deshalb auf, um ein paar Schritte über die Wiese zu gehen. Dabei lauschte sie dem Zwitschern der Vögel und dem Summen der Libellen.

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