Drachengabe - Diesig. Torsten W. Burisch
Ich konnte schon das Sonnenlicht erkennen, als ich auf die Grenze zuging. Und auch hier, als wir hinausgehen wollten, konnte man schon das Tageslicht erkennen. Aber müsste es nicht eigentlich dunkel bleiben, bis man den Finger in das Rot gehalten hat und danach den nächsten Schritt macht?“
„Das hast du gut beobachtet“, lobte Mortuus nun auch ihn. „Aber das liegt daran, dass es sich damals bei E’Cellbra, ebenso wie jetzt, um die endgültige Außengrenze handelte. Mein Reich ist noch nicht ...“ Sie stockte kurz und sah sie überlegend an. „Mein Reich“, fuhr sie schließlich fort, „ist nicht unendlich. Und natürlich kann man an seinen Außengrenzen das Sonnenlicht erkennen, von dem es umschlossen ist.“ Obwohl Dantra noch über ihre Erklärung nachdachte, nahm sie den Faden an der Stelle auf, an der er vom Betreten ihres Reiches auf E’Cellbras Geheiß hin gesprochen hatte. „Bist du dir sicher, dass du damals keine rote Linie gesehen hast?“
„Sonnenlicht“, antwortete Dantra selbstbewusst. „Ich habe ganz sicher das Sonnenlicht gesehen.“
„Zuerst sicherlich“, stimmte Mortuus ihm zu. „Aber als du die Flucht nach links Richtung Fons angetreten bist, war da nicht irgendwo etwas Rotes?“
Die Suche im letzten Winkel seiner Erinnerung ließ ihn schließlich zustimmend nicken. „Ja. Da war etwas.“
„Hättest du schon damals das Wissen gehabt, über das du heute verfügst, wäre dir die Flucht von alleine gelungen.“
„Aber als wir wieder aus dem Wald heraus waren, hat mir E’Cellbra nichts von einer roten Linie gesagt. Sie muss sie doch auch gesehen haben.“
„Ich denke, das hat sie. Aber nach dem, was ich in deiner Erinnerung gesehen habe, hatte sie wohl nicht mehr die Zeit, mit dir über ihre neuesten Beobachtungen zu reden. Zuerst waren ihre Gedanken von Schuld übersät, dass sie dich hier hereingeschickt hatte, und dann habt ihr euch gestritten. Na ja, und nachdem ihr auf Tami gestoßen seid, waren sowieso alle Grübeleien über den schwarzen Baumwald dahin.“ Mortuus sah Dantra schweigend an, während er in seiner Vergangenheit schwelgte, bevor sie ihre Großzügigkeit zum Abschluss brachte. „Also, wie gesagt, ihr könnt jederzeit mein Reich nutzen, um eurer Bestimmung nachzugehen. Ihr und alle, die euch dabei helfen wollen. Aber nun ist es Zeit zu gehen. Ich glaube, ihr werdet vor meinen Grenzen gebraucht.“ Sie deutete in die Richtung, aus der sie vor einer gefühlten Ewigkeit gekommen waren. Dann stand sie auf und ihr Thron löste sich in nichts auf.
Als sich Dantra und Akinna erhoben, verschwanden ihre Stühle auf dieselbe magische Weise, auf die sie erschienen waren. Das Feuer erlosch und die unbehagliche dunkle Feuchtigkeit umschloss sie erneut.
„Lass mich dir nur noch eines mit auf den Weg geben“, sagte die Hexe zu Dantra. „Vertraue mehr auf deine Fähigkeiten. Deine magische Kraft hat damals gegen die Goracks gewirkt, auch wenn sie dir zum Schluss überlegen waren. Diese Kraft hätte auch gegen meine Krieger ihre Wirkung nicht verfehlt. Ja, selbst gegen mich hättest du sie anwenden können. Natürlich wäre sie auch dieses Mal nicht die benötigte Hilfe zum Sieg gewesen. Unsere Übermacht hätte dir keine Chance gelassen. Aber es nicht einmal zu versuchen, weil du nicht an ihre Wirkung glaubst, ist in jedem Fall der falsche Weg.“ Sie sah ihn so bohrend an, dass trotz der Kälte Schweißperlen auf seine Stirn traten. „Nur wer kämpft, kann gewinnen!“ Mit diesen Worten drehte Mortuus sich schwungvoll um und zerfiel zu Staub. Aus dem kleinen, dadurch entstandenen Häuflein wühlte sich ein schwarzer Gorack. Er sah sie noch ein letztes Mal an und flog dann davon.
Dantra und Akinna schauten sich an, denselben Gedanken im Kopf herumwälzend: „Raus hier, so schnell es geht.“
Weder Goracks noch sonst irgendwelche dunklen Kreaturen stellten sich ihnen in den Weg. Und so konnten sie ihr Glück kaum fassen, als sie endlich wieder die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut spürten.
Doch zum Durchatmen fehlte ihnen die Zeit. Noch bevor Dantra erkannte, welcher Bedrohung Akinna mit einem abgeschossenen Pfeil entgegentrat, zog er kampfbereit sein Schwert. Dann blickte er in das schockblasse Gesicht von Inius, der auf den direkt neben ihm im Boden steckenden Pfeil starrte. Er hatte bereits sein Schwert im Unterholz gefunden und war gerade im Begriff, auch das von Comal aufzuheben, als er vom plötzlichen Auftauchen der beiden Gefährten überrascht wurde.
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