Mountain Darkness – befreit mich aus der Dunkelheit. Vanessa Vale
„Ich will einen Ring an Kits Finger stecken und sie in mein Bett schaffen. Sie zwischen uns holen. Aber so wie es aussieht“, ich rieb mit meiner freien Hand über meinen Nacken, „muss ich sie eventuell in Handschellen legen und in eine Gefängniszelle stecken.“
„Wie du gesagt hast, fuck nein. Sie hat jetzt uns. Ich will sie in Handschellen legen und damit an meinem Bett befestigen.“
Abso-fucking-lut.
3
KIT
Jeder in Cutthroat hatte von Erin gehört. Mit zwanzigtausend Einwohnern war die Stadt groß genug, dass ich nicht jeden kannte, aber jeder kannte Erin Mills oder zumindest die Mills Familie. Die Neuigkeiten verbreiteten sich wie ein Waldbrand während einer Sommerdürre. Alle versuchten, an Insider-Infos, Klatsch und Tratsch zu kommen. Bei mir. Ihnen war egal, dass es grausam war, dass Erin meine Freundin war, dass ihr der Kopf eingeschlagen worden war.
Nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen und zu meinem Auto gebracht worden war – mit der strengen Anweisung, die Stadt nicht zu verlassen, bis ein Detective meine offizielle Aussage aufnehmen konnte – war ich zum Büro gefahren.
Ich hatte sonst keinen Ort, an den ich hätte gehen können. Bei Erin zu wohnen, war nur eine vorübergehende Lösung gewesen. Ich hatte etwas Geld ansparen wollen, da fast jeder Penny, den ich hatte, für die Anzahlung und die erste Monatsmiete draufgehen würde. Ich besaß nicht viel, denn der Sammelzwang meiner Mutter hatte mich gelehrt, mich genau gegenteilig zu verhalten und wirklich nur das Allernötigste zu behalten. Ich besaß einen Fernseher und ein Sofa, sogar ein Bett, aber sie wurden momentan eingelagert, bis ich meine eigene Wohnung fand. Jetzt kam das nicht mehr infrage, zumindest keine halbwegs vernünftige oder sichere Wohnung.
„Es ist in allen Nachrichten.“ Mom war verängstigt und das war nicht gut. Ihre Stimme, normalerweise schon angespannt, hatte jetzt einen schrillen Klang, den ich durchs Telefon hören konnte.
„Ja, ich weiß“, antwortete ich und tigerte durch den Raum, während ich sie reden ließ. Ich hatte sie angerufen, um ihr mitzuteilen, dass es mir gut ging, dass sie sich keine Sorgen machen sollte. Oh, sie machte sich Sorgen, aber nicht um mich.
„Du glaubst aber nicht, dass sie hierherkommen werden, oder?“
Ich runzelte die Stirn. „Wer? Der Mörder?“
Sie keuchte. Scheiße, das war genau das Falsche gewesen. „Daran habe ich gar nicht gedacht. Ich bin allein.“
Ich rollte mit den Augen. Sie war absichtlich allein. Ihre psychische Krankheit ließ nichts anderes zu. Ihre Medikamente waren richtig eingestellt, aber wie bei einer Wippe reichte eine winzige Bewegung in die falsche Richtung, dass ihr Leben in Schieflage geriet. Ihr Sammelzwang hatte derartige Ausmaße angenommen, dass niemand auch nur versuchen würde, ihr Schaden zuzufügen, weil es kaum eine Möglichkeit für jemanden gab, zu ihr zu gelangen. Ich machte mir keine Sorgen, dass irgendein verrückter Psycho darauf aus war, ihr den Schädel einzuschlagen. Ich machte mir Sorgen wegen eines Feuers.
„Du bist in Sicherheit. Wirklich. Es muss jemand gewesen sein, der Erin kannte und sie hatten einen Streit.“
Das war zumindest das, worauf ich hoffte.
„Die Polizei wird nicht hierherkommen, oder?“
„Sie haben keinen Grund dazu.“
„Aber du hast doch gesagt, dass du dort warst.“
„Ja, das war ich.“ Ich ließ mich auf das Sofa fallen, darum bemüht, das Bild von Erin, die tot auf dem Boden lag, nicht in meinen Gedanken aufflackern zu lassen. „Mom, für dich hat sich nichts geändert und es wird sich auch nichts ändern.“
„Hast du meinen Lottoschein gekauft? Was ist mit der Stromrechnung?“
Ich pustete so leise wie möglich Luft aus. „Ja zu beidem. Ich muss jetzt Schluss machen. Ich werde mich morgen wieder bei dir melden.“ Ich beendete den Anruf und ließ mein Handy auf das Kissen neben mir fallen. Grübelte, wie ich ohne einen Job die Stromrechnung meiner Mom bezahlen sollte.
Ich konnte eindeutig nicht bei meiner Mom unterkommen. Das war seit kurz nach der Highschool schon keine Option mehr. Ihre Angstzustände waren zu groß, als dass sie mich in ihrem Haus ertragen hätte, und ihr Sammelzwang hatte mein Schlafzimmer in eine Müllhalde verwandelt. Ich konnte es nicht riskieren, ihre Probleme noch zu verschlimmern. Wenn ein Mord ihre mütterlichen Instinkte nicht weckte, damit sie mich in ihrem Haus wohnen ließ, dann würde das auch sonst nichts schaffen.
Mit einem Griff in den Schreibtisch förderte ich einen Haargummi zu Tage und band meine Haare in einem Pferdeschwanz nach hinten, seufzte. Zum Kuckuck, würde mir überhaupt jemand etwas vermieten? Ich war bisher nicht länger als die paar Minuten im Haus von Nix befragt worden, aber das stand mir noch bevor. Ich hatte mich gerade am Ende des Flurs befunden, als sie umgebracht worden war. Warum hatte ich nichts gehört?
In der Notaufnahme hatten sie mir DNA-Proben entnommen. Fotos von mir gemacht. Ich war untersucht worden, um sicherzugehen, dass sich unter all dem Blut nicht doch Verletzungen verbargen. Dann hatte mich eine freundliche Krankenschwester zu einer Dusche geführt und mir sauber Kleider gegeben. Ich hatte auf das schlichte weiße T-Shirt, Jogginghosen und Flipflops geblickt. Es war nicht stylisch, aber ohne Blut.
Das Bürotelefon hatte den ganzen Tag geklingelt. Zuerst war ich besorgt gewesen, dass es Probleme mit einem unserer Events gab, doch ich hatte ziemlich schnell herausgefunden, dass jeder, angefangen von Erins Friseur bis hin zur Kriminalitätsabteilung der Stadtzeitung, nur versucht hatte, die blutrünstigen Details zu erhalten.
Danach hatte ich das Telefon neben die Gabel gelegt und mich einer langen Heulattacke hingegeben. Ich war daran gewöhnt, allein zu sein, aber das hier… Gott, das war ein völlig neues Level von allein.
Heute Nacht würde ich hier übernachten, das Ledersofa war bequem genug dafür – Erin hätte nichts gekauft, das nicht bequem war – und über den Rest würde ich mir morgen klar werden. Ich würde die Events, die noch in unserem Terminplaner standen, durchziehen müssen. Falls die Leute überhaupt noch mit uns arbeiten wollten.
Nicht uns. Mir.
Fuck. Erin war tot. Es war ihre Firma.
Ich machte einen riesigen Satz in die Luft, als es an der Tür klopfte.
„Kit, hier ist Nix.“
Mein Herz setzte einen Schlag aus und ich kletterte von der Couch, drehte das Schloss um und ließ ihn rein. Er sah genauso aus wie heute Morgen, sein Blick war immer noch durchdringend und abschätzend. Er war immer noch gut aussehend auf diese groß, breit und umwerfende Art und Weise. Jetzt hatte er Stoppeln an seinem kantigen Kiefer und ich fragte mich, ob sie weich oder rau wären. Gott, wie würden sie sich wohl anfühlen, wenn sie über meine Schenkel strichen?
„Alles okay bei dir?“, erkundigte er sich, während er die Tür hinter sich schloss. Er ließ seinen Blick über mich schweifen und sah vermutlich, dass ich absolut beschissen aussah, dass ich geweint hatte. Wenigstens war ich nicht mehr voller Blut.
Ich lachte, teilweise, weil ich darüber nachdachte, dass er mich leckte, und teilweise, weil ich nach dem Tag, den ich hatte, alles andere als okay war. Ich seufzte. „Meine Freundin ist tot. Ich habe keinen Platz zum Wohnen. Mein Gehaltscheck ist vor der Testamentseröffnung vermutlich auf Eis gelegt und ich bin jetzt definitiv arbeitslos. Das Ganze könnte nur noch schlimmer werden, wenn du hier bist, um mich zu verhaften.“
Sein dunkler Blick hielt meinen, aber er sagte nichts.
„Gott, du bist hier, um mich zu verhaften.“ Ich leckte über meine Lippen. Geriet in Panik. Während ich darüber nachgedacht hatte, dass er mich oral befriedigte, hatte er beabsichtigt –
„Ich verhafte dich nicht. Aber ich