Der Bergpfarrer Staffel 18 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Staffel 18 – Heimatroman - Toni Waidacher


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breit über die Vorzüge seiner Eroberung aus. Indes schien sein Geschäftspartner enttäuscht.

      »Wie, ihr habt euch geküßt? Mehr ist nicht passiert?«

      »Gut Ding will Weile haben«, entgegnete Adrian. »Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Festung gestürmt ist. Weißt du, da ist noch so ein anderer Typ, dem ich sie ausgespannt habe, und so ganz scheint sie noch nicht von ihm los zu sein, die hübsche Babette. Aber warte nur, bis ich sie von meinen Qualitäten überzeugt habe! Diesen Urlaub wird sie nicht so schnell vergessen.«

      Er machte noch ein paar derbe Witze und lachte laut darüber. Dann erkundigte er sich, ob Bettina sich mal im Büro gemeldet habe. Aber das war nicht der Fall, und er beendete das Gespräch.

      Als er sich umdrehte, und auf die Terrasse zurückgehen wollte, stand Florian Unger vor ihm.

      Der Chemiker sah ihn wütend an.

      »Du mieses Stück Dreck!« zischte er Adrian Heller an. »Ich mach’ dich fertig!«

      Der Börsenmakler bedachte ihn mit einem geringschätzigen Lächeln. »Sei nicht albern, du Milchbubi«, gab er zurück. »Aber wenn du dich mit mir duellieren willst? Bitte, jederzeit.«

      Adrian steckte sein Mobiltelefon in die Jacke und ging an Florian Unger vorbei. Der stand ohnmächtig da und ballte die Fäuste.

      *

      Florian hatte gedacht, eine Gelegenheit gefunden zu haben, um mit dem Nebenbuhler zu sprechen. Als Adrian die Terrasse verlassen hatte, waren Pfarrer Trenker und Babette aufgestanden und hatten das Geschirr in die Hütte getragen. Der Chemiker überlegte schnell und folgte dem Börsenmakler. Als er hörte, daß er noch telefonierte, blieb er an der Ecke der Hütte stehen, und was er hörte, wie der Kerl über Babette sprach, das trieb ihm das Blut ins Gesicht.

      Es war genauso, wie er gedacht hatte. Adrian Heller suchte ein kurzes Urlaubsvergnügen. Wenn er sich genügend amüsiert hatte und wieder nach Hause gefahren war, würde er Babette fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.

      Florian mußte an sich halten, um nicht gleich über den Burschen herzufallen. Eine ordentliche Tracht Prügel, das war genau das, was er verdient hatte. Aber Florian war nicht der Mensch, der durch Gewalt etwas zu erreichen suchte. Als der hämisch grinsende Börsenmakler an ihm vorbeiging, war klar, daß Florian sich auch diesmal zurückhalten würde.

      Aber sagen mußte er ihr, was er gehört hatte, wie Adrian über sie dachte und sprach!

      Nur, würde sie ihm auch glauben?

      Langsam umrundete er die Hütte, um nicht auf demselben Wege zur Terrasse zurückzukehren, wie Adrian. Dabei überlegte er, wie und wo er am besten mit Babette reden konnte. Jetzt war es nicht möglich. Sie saßen alle zusammen am Tisch, und auch der Senner hatte sich dazugesellt.

      »Florian, komm her«, sagte der Geistliche. »Der Franz hat uns Kaffee und Kuchen gebracht.«

      Essen konnte er nichts mehr, aber der heiße Kaffee tat ihm gut. Verstohlen beobachtete er Adrian und Babette, die ihre Köpfe zusammensteckten und miteinander sprachen.

      Als der Börsenmakler seine Blicke bemerkte, schaute er kurz auf und sah Florian an. Seine Augen schienen den Chemiker zu warnen.

      »Franz zeigt euch gleich, wie er den Käse herstellt«, sagte Sebastian. »Das interessiert euch doch sicher, oder?«

      »Auf jeden Fall«, nickte die Lehrerin.

      In der Käserei herrschte sterile Sauberkeit. Der Raum war bis knapp unter die Decke gefliest, die Gerätschaften hingen, ordentlich aufgereiht, an der Wand. Rechts standen zwei große Kupferkessel. Unter dem einen brannte ein leises Holzfeuer, der Rauch wurde über ein Rohr nach draußen abgeleitet. Franz Thurecker erklärte, daß er das Feuer am Morgen entzündet habe, nachdem er die Milch vom morgendlichen Melken in die von gestern abend geschüttet hatte.

      »Aber das Feuer allein’ macht’s noch noch net«, sagte er. »Davon wird die Milch zwar warm, aber net dick.«

      Er ging an einen Wandschrank und holte ein Fläschchen hervor.

      »Das ist Lab«, fuhr er fort. »Habt ihr bestimmt schon mal gehört. Es kommt in jedem Kreuzworträtsel vor: ›Ferment aus dem Kälbermagen, mit drei Buchstaben.‹

      Von dem Lab hatte er eine genau bemessene Menge der Milch zugegeben, inzwischen war sie dick geworden. Franz nahm ein Gerät von der Wand, das er Käseharfe nannte. Es besaß einen etwas längeren Stiel, vorn war ein Bogen aus Metall, in den Drahtseile gespannt waren. Das Ganze erinnerte an einen übergroßen Tennisschläger. Damit fuhr der Senner in die Milch und zerteilte sie in Stücke.

      »Das ist der Käsebruch«, erklärte er. »Je feiner er geschnitten wird, um so fester ist nachher der fertige Käse.«

      Nachdem er mit der Körnung zufrieden war, holte er ein großes, weißes Tuch herbei, von dem er zwei Enden zwischen seine Zähne nahm, die beiden anderen packte er mit den Händen – die natürlich zuvor gewaschen worden waren – und tauchte es tief in die Mischung aus Käsebruch und Molke.

      Die Zuschauer bekamen eine Ahnung davon, daß das Käsemachen keine leichte Arbeit war. Franz’ Kopf war vor Anstrengung rot angelaufen, als er das Tuch herausholte und die Molke ablaufen ließ. Er wuchtete es in eine bereitgestellte Form, setzte einen Deckel auf und beschwerte sie mit einem Gewicht. Der Boden der Form hatte Löcher, damit die restliche Flüssigkeit abtropfen konnte.

      So ging es weiter, bis nur noch Molke im Kessel war.

      »Wenn die Flüssigkeit herausgepreßt ist, bekommt der Käse schon eine gewisse Festigkeit«, sagte der Senner. »Heut’ abend kommt er in eine Salzlake, und dann wär’ er eigentlich auch schon fertig, denn jetzt ist’s nix andres als Topfen, oder Quark, wie man andernorts sagt. Aber um einen Bergkäse zu machen, der schnittfest ist und einen richtigen Geschmack hat, braucht’s noch mehr, und das zeig’ ich euch jetzt.«

      Sie betraten das Reifelager, in dem es sehr stark roch. Bis unter die Decke lagen die Käselaibe in den Regalen. Manche reiften ein paar Monate, andere über ein Jahr. Die waren dann besonders pikant im Geschmack und konnten, als Reibekäse, auch zum Kochen und Überbacken genommen werden, erklärte Franz.

      Dann zeigte er den Besuchern, wie der Käse geprüft wurde. Er klopfte die Laibe ab und hörte am Klang, wie weit das jeweilige Stück schon war. Außerdem mußten sie alle regelmäßig aus den Regalen genommen und mit Lake abgewaschen werden. Mit der Zeit bildete sich eine schützende, feste Rinde.

      Natürlich durfte auch gekostet werden. Es war erstaunlich, wie unterschiedlich die einzelnen Sorten, je nach ihrem Reifegrad, schmeckten. Ganz besonderen Anklang fand aber der Frischkäse, der beinahe eine grüne Farbe hatte. Die stammt von den vielen frischen Wildkräutern, die der Senner sammelte und kleingehackt darunter mischte.

      Die Zeit schien plötzlich zu rasen.

      »So leid es mir tut«, sagte der Bergfparrer, »aber wir müssen aufbrechen. Zwar geh’n wir über den Wirtschaftsweg ins Tal, aber das braucht auch gut zwei Stunden, und ich möcht’ net, daß wir erst im Dunkeln ankommen.«

      Franz Thurecker schaute zum Himmel. Es zeigte sich kein Wölkchen, aber der alte Senner wußte aus jahrelanger Erfahrung, wie schnell das Wetter wechseln konnte.

      »Ich will ja net unken«, sagte er, »aber da braut sich was zusammen. Heut’ nacht werd’ ich die Tiere lieber in den Stall bringen.«

      Sebastian folgte seinem Blick.

      »Ja, du könntest recht haben«, nickte er.

      »Vom Westen her braut sich was zusammen. Das bedeutet immer Regen, wenn net gar ein richtiges Unwetter.«

      Er reichte dem Alten die Hand.

      »Also, Franz, pfüat di’, bis zum nächsten Mal und hab’ herzlichen Dank für den Käse.«

      Franz Thurecker hatte jedem von ihnen ein großes Stück Käse eingepackt, mit dem Hinweis, daß die drei Urlauber ihn im Kühlschrank der Pension lagern sollten,


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