Mami Staffel 10 – Familienroman. Lisa Simon

Mami Staffel 10 – Familienroman - Lisa Simon


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nahm das Gespräch wieder auf.

      »Du willst dich also nach Italien verabschieden?« fragte Kathrin tonlos. »Dazu hättest du dich nicht herzubemühen brauchen.«

      »Ich? Wieso? Keineswegs! Hella besitzt in der Schweiz ein kleines Chalet. Und weil wir dachten, daß du nach deinem Unfall etwas Erholung nötig hättest und ich nach den Turbulenzen im Krankenhaus ebenfalls, stellt sie uns ihr Häuschen für einen Urlaub zur Verfügung.«

      Kathrin schwieg verblüfft. Das war ihr allerdings zu hoch, und sie konnte Peter nicht folgen.

      Hella griff nach Peters Hand. »Vielleicht sollte ich es anders erklären. Peter hat mir viel von Ihnen erzählt. Aber bisher gab es ja keine richtige Gelegenheit, daß ihr euch näherkommt. Immer waren die Kinder dabei. So lieb die drei Racker sind, in manchen Situationen – nun ja, sagen wir mal – sind sie unerwünscht.« Sie lächelte. Kathrins Augen wurden immer größer. »Da dachte ich mir, ich nehme die Kinder für zwei Wochen zu mir nach Rom und ihr beide genießt die Einsamkeit im Engadin.«

      Nun klappte Kathrin endgültig der Unterkiefer herunter und ihr Gesichtsausdruck muß so entgeistert gewesen sein, daß sogar Kai lachte.

      »Übrigens, wir sollten du zueinander sagen. Schließlich hoffe ich, daß wir bald Schwägerinnen werden.« Hella streckte Kathrin ihre Hand entgegen.

      »Schwägerinnen? Ich verstehe nicht…« Kathrin starrte auf Hellas ausgestreckte Hand.

      »Kathrin, wieviel Glühwein hast du schon getrunken, daß du so begriffsstutzig bist? Dabei sagt man Hella und mir nach, daß wir uns sehr ähnlich sehen. Hella ist allerdings drei Jahre jünger als ich. Sie ist meine Schwester.«

      Kathrin saß wie vom Donner gerührt. Natürlich, die Kinder sprachen immer von Tante Hella. Und Kathrin in ihrer kopflosen Eifersucht hatte nichts begriffen. Hätte sie genauer zugehört, wäre es sicher gar nicht zu diesem Mißverständnis gekommen. Mit einer Hand ergriff sie Hellas Hand, mit der anderen schlug sie sich an die Stirn.

      »Ich bin ein kompletter Esel«, stöhnte Kathrin. Martin griente bis an die Ohren.

      »Das war nicht für deine Ohren bestimmt, junger Mann!« Kathrin lächelte, und die Erleichterung war ihrem Gesicht anzusehen.

      »Peter, holst du bitte den restlichen Glühwein aus der Küche? Kinder, schaut doch mal unter den Weihnachtsbaum, da liegen drei bunte Pakete…«

      *

      Ein strahlend blauer Himmel wölbte sich über die phantastische Bergwelt der Schweizer Alpen. Der tiefe Schnee funkelte und glitzerte, daß es in den Augen schmerzte. Das verträumte kleine Chalet lag auf einer Anhöhe mit einem traumhaften Blick über das Tal. Drinnen war es warm und gemütlich. Im Kamin knisterte ein Feuer und verbreitete eine anheimelnde Atmosphäre. Kathrins Wangen glühten von dem langen Spaziergang durch den Schnee, den sie mit Peter unternommen hatte.

      »Wie geht es deinem Bein?« wollte Peter wissen. »Hast du noch Schmerzen?«

      »Überhaupt nicht!« strahlte Kathrin. »Die Bewegung bekommt mir gut. Nur Skifahren traue ich mich noch nicht.«

      »Du sollst es auch nicht übertreiben, denn schließlich habe ich noch allerhand mit dir vor.« Peter zog Kathrin in die Arme und blickte auf ihr kastanienrotes Haar, auf dem die Schneekristalle schmolzen. Die Wassertropfen funkelten wie kleine Perlen.

      »Es ist traumhaft schön hier.« Kathrin war noch etwas außer Atem von ihrem Marsch. Sie hob das Gesicht und blickte Peter an. »Ich wünschte, dieser Urlaub würde nie vergehen.«

      Peter beugte sich zu ihr hinab und suchte ihre Lippen. Kathrin streckte sich ihm entgegen und ergab sich dem wonnevollen Kribbeln in ihrem Bauch.

      »Ich hole noch etwas Holz für den Kamin. Bereitest du uns einen Glühwein zu? Dann machen wir es uns gemütlich.« Peter verließ den Raum für einen Augenblick und packte sich den Arm voll Holzscheite aus dem Stapel, der vor der Hütte lagerte. Er blickte sich um. Die schneebedeckten Gipfel der Berge ragten majestätisch in den Abendhimmel. Die Sonne warf einen letzten goldenen Schein auf den Hang und färbte den Schnee wie Kupfer. Vom Dach des Chalet hingen Eiszapfen wie die Pfeifen einer Orgel. Die Luft war klar und frisch. Unter Peters Füßen knirschte der Schnee. Es würde eine kalte Nacht geben. Er packte noch einige Holzscheite auf seinen Arm.

      Kathrin stand in der kleinen rustikalen Küche, die sich gleich neben dem Kaminzimmer befand und erhitzte den Glühwein. Zwei Gläser standen bereits auf dem groben Holztisch vor dem Kamin. Ein mit Fellen bedecktes Sofa lud zum Kuscheln ein.

      Peter legte einige Holzscheite in den Kamin und schürte das Feuer an.

      »Warte nur, die Nacht wird kalt, da wirst du froh sein, wenn im Kamin ein warmes Feuer brennt.«

      »Und ich hoffte schon, daß du mich wärmst«, scherzte sie.

      »Natürlich. Das ist im Service dieses Hotels inbegriffen.«

      Kathrin drohte ihm scherzhaft mit dem Finger. Sie servierte den Glühwein und entledigte sich ihres dicken Wollpullovers.

      »Ich fühle mich wie neugeboren«, schwärmte sie. »Ich bin deiner Schwester sehr dankbar, daß sie uns diesen wunderbaren Urlaub ermöglichte. Aber das beste daran bist du.« Sie lehnte sich an seine Schulter.

      Peter legte den Arm um sie. Er genoß jeden Augenblick, wenn er Kathrin im Arm hielt, ihren wundervollen schlanken Körper fühlte und ihre Lippen küßte. Und er lernte Kathrins Natürlichkeit und Herzlichkeit mehr und mehr schätzen. Sie war ein wunderbarer Mensch. Er spürte es mit jeder Faser, daß sie die richtige Frau für ihn war.

      »Bist du glücklich?« fragte er. »Ist es das, wovon du geträumt hast?«

      »Es ist mehr, als ich zu träumen wagte. Nein, es ist anders. Ach, was war ich doch für ein dummes Mädchen mit all diesen naiven Träumen von teuren Kleidern, einem luxuriösen Leben. Es waren Träume vom Laufsteg der Eitelkeit. Jetzt weiß ich, daß es noch viel schönere Dinge gibt, nämlich die Liebe.«

      »Seit einer Woche sind wir nun schon hier. Vierundzwanzig Stunden am Tag sind wir zusammen. Bist du meiner noch nicht überdrüssig?« fragte er.

      »Niemals! Ich möchte keine Sekunde davon missen. Ich wußte ja gar nicht, was es bedeutet zu lieben, einem Menschen so nahe zu sein. Es ist eine wunderbare Vertrautheit. Peter, halt mich fest und laß mich nie wieder los.«

      Ihre Lippen fanden sich zu einem langen Kuß, und Kathrin wußte, daß sie sich von nun an nie wieder trennen würden. Nur zögernd löste sie sich von ihm. Sie hatten ja so viel nachzuholen.

      Kathrin blickte versonnen ins prasselnde Feuer. »Es ist schon eigenartig. Ich habe mir immer gewünscht, mit dir ganz allein zu sein, dich völlig für mich zu haben.«

      »Hast du doch. Was fehlt dir denn noch zum Glück?«

      »Die Kinder. Ohne sie fehlt irgend etwas.«

      »Den Kindern geht es bei Hella gut, mach dir um sie keine Sorgen.«

      »Ich mach mir keine Sorgen um die Kinder, ich vermisse sie einfach. Sie gehören doch zur Familie dazu.«

      Peter schaute sie lächelnd an. »Empfindest du das so?«

      »Aber natürlich. Und ich freue mich auf die Rückkehr, um sie in die Arme zu schließen.«

      »Wußtest du, daß Martin jetzt Bergsteiger werden will, um uns notfalls zu retten, wenn uns eine Lawine überrollt?«

      Kathrin lachte. »Das sieht ihm ähnlich. Ich hätte gar nichts dagegen, noch ein Weilchen mit dir eingeschneit zu bleiben. Aber ich freue mich auch auf die Kinder, auf das Leben in der Familie.« Sie rieb ihre Nase an seiner. »Ach, Peter, wenn du wüßtest, wie glücklich ich bin! Dabei dachte ich, das Glück kommt immer nur zu anderen, aber nie zu mir.«

      »Siehst du, wie du dich geirrt hast. Manchmal kommt das Glück eben nicht in großen Schritten, sondern auf kleinen Füßen daher.«

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