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er erkannte sie nicht. Da sprach er zu ihr: "guten Tag!" und sie erwiderte: "sei willkommen!" und sogleich rief auch das ganze Hausgeräte, was im Schloße war: "sei willkommen! sei willkommen!" Darauf rief sie einen Sessel herbei, und als dieser herangekommen war, lud sie ihren Gast ein, sich darauf zu setzen, und frug ihn nach der Ursache seines Besuches. Als sie hörte, daß er sich auf der Jagd verirrt habe, sagte sie ihm, er solle über Tisch bleiben und dann nach Hause zurückkehren.
Darauf rief sie den Tisch herbei, und dieser kam mit allem nötigen Gedecke. Dann sprach sie: "kommt, ihr Wasserkannen und Waschbecken und Handtücher, damit wir uns waschen!" Nachdem sie sich gewaschen: "kommt nun, ihr Speisen von zehnerlei Art!" und alles, was sie befahl, kam sogleich herbei.
Als sie abgegessen hatten, nahm der Königssohn heimlich einen Löffel weg und steckte ihn in seinen Stiefel. Wie sie aber von der Tafel aufstanden, rief die Hauswirtin zu seinem großen Schrecken: "Sage mir, Tisch, ob du dein ganzes Tischzeug hast?" Der antwortete: "ja!" "Sagt mir, ihr Löffel, ob ihr noch alle da seid!" Die aber sagten: "ja, bis auf einen!" und dieser rief: "ich stecke in dem Stiefel des Gastes." Die Wirtin aber tat, als habe sie es nicht gehört, und fragte abermals: "hört, ihr Löffel, seid ihr noch alle da?" Da warf der Prinz den Löffel heimlich weg und wurde dabei ganz rot. Sie aber rief: "warum wirst du denn rot? ich habe wohl gemerkt, was du getan hast, doch du brauchst dich nicht zu fürchten, denn ich bin deine Frau und so und so ist es mir ergangen."
Da herzten und küßten sie sich, und jedes erzählte dem andern alles, was sich mit ihm seit ihrer Trennung zugetragen. Darauf befahl die Königin ihrem ganzen Schlosse, sich nach der Hauptstadt ihres Gemahles auf den Weg zu machen, und sogleich fing das an, nach jener Gegend hinzurücken. Als die Leute in der Stadt hörten, daß ein großes Schloß herzuwandere, liefen sie alle heraus, um dies mit anzusehn, und als dasselbe endlich stille stand und der Königssohn mit seiner verlorenen Gemahlin heraustrat, entstand ein ungeheurer Jubel, und sogleich begannen große Festlichkeiten, um ihre Rückkehr zu feiern. Der Königssohn aber ließ die beiden Schwestern seiner Frau kommen und hieb sie mit eigener Hand in Stücke und lebte von nun an glücklich und zufrieden mit seiner Frau.
Von dem Schönen und vom Drakos.
Es war einmal ein Mann, der verpraßte seine Jugend in jeder Art von Lust und Vergnügen. Nachdem er sich aber ausgetobt hatte, entschloß er sich, zu heiraten. Seine Frau gebar ihm zwei Knaben, von denen der jüngste sehr schön war, und daher von seinem Bruder sehr gehaßt wurde. Als sie nun eines Tages zusammen in den Wald gingen, da packte der Ältere seinen Bruder, band ihn an einen Baum und ging seiner Wege, indem er hoffte, daß der schöne Knabe so verschmachten müsse.
Der Zufall wollte aber, daß ein alter und buckliger Schäfer mit seiner Heerde an dem Baume vorüberzog, an dem der Knabe gebunden war, und als dieser ihn erblickte, fragte er: "sage mir doch, mein Sohn, warum sie dich so an den Baum gebunden haben." Dieser antwortete: "weil ich sehr buckelig war, haben sie mich an den Baum gebunden, und davon ist mein Rücken ganz grade geworden." "Willst du mich nicht auch binden", sagte darauf der Schäfer, "damit auch mein Rücken grade werde?" "Ei warum sollte ich dir nicht den Gefallen tun?" antwortete der Knabe, "wenn du mich losbindest, so will ich dich daran binden, so gut ich es nur vermag." Da löste der Schäfer die Stricke, mit denen der Knabe gebunden war; er band nun den Schäfer an seiner Statt an den Baum; und mit dieser List nahm er dem Schäfer seine Heerde und zog damit fort. Darauf begegnete er einem Pferdehirten und betrog ihn um dessen Heerde, und dann begegnete er einem Ochsenhirten und nahm auch dem seine Heerde.
Durch diese und ähnliche Streiche wurde er nach und nach so berühmt im Lande, daß sein Ruf bis zu dem König drang und dieser neugierig wurde, den Menschen zu sehn, welcher alle Welt betrügen könne. Er befahl also seinen Leibwächtern, den Schönen einzufangen und vor ihn zu führen.
Als nun der Schöne vor den König gebracht wurde, sprach dieser zu ihm: "du hast durch die Streiche, welche du den Leuten gespielt, das Leben verwirkt; wenn du aber im Stande bist, mir das Flügelpferd des Drakos zu bringen, so will ich dir das Leben schenken; wenn du das nicht kannst, so lasse ich dich in Stücke hauen!" Da sagte der Schöne: "wenn es weiter nichts ist, das will ich schon holen." Er machte sich also auf, und ging grades Wegs in den Stall, wo das Flügelpferd des Drakos stand; so wie er aber die Hand ausstreckte, um es am Zaume zu fassen, da fing es, so stark es konnte, zu wiehern an. Der Stall war aber grade unterhalb der Stube, in der der Drakos schlief, so daß dieser von dem Wiehern des Gaules geweckt wurde und ihm zurief: "was hast du denn, mein Schätzchen, daß du so spektakelst?" Nach einer Weile versuchte der Schöne von neuem den Gaul loszubinden, der fing aber wieder so laut zu wiehern an, daß der Riese abermals aufwachte und den Gaul fragte, was er denn habe, daß er so spektakle. Als nun der Schöne abermals den Gaul abzubinden versuchte und dieser abermals wieherte und den Drakos zum dritten Male weckte, da wurde der böse, ging in den Stall, nahm eine Peitsche und gab dem Pferd eine derbe Tracht Schläge. Das verdroß aber den Gaul, und als sich daher der Drakos wieder niedergelegt hatte, und der Schöne von neuem versuchte, ihn abzubinden, so ließ er sich das ruhig gefallen. Da zog der Schöne den Gaul aus dem Stalle, setzte sich darauf, und rief, so laut er konnte: "he Drakos! Drakos! wenn dich einer fragt, wer dir deinen Gaul genommen habe, so sage, das sei der Schöne gewesen", und ritt darauf, so rasch er konnte, zum König.
Der König aber sagte ihm: "das Flügelpferd reicht mir nicht hin, du mußt mir auch die Bettdecke mit den Schellchen des Drakos bringen, sonst lasse ich dich in Stücke hauen." Da antwortete der Schöne: "wenn es weiter nichts ist; die will ich schon holen." Er ging also zum Hause des Drakos, stieg in der Nacht auf das Dach und öffnete die Dachluke, ließ die Kesselkette herab und versuchte mit dem Kesselhaken die Bettdecke herauf zu ziehen. Da fingen aber die Schellchen zu klingen an, und davon wachte der Drakos auf und rief: "Frau, du hast mich aufgeweckt!" und zog die Decke wieder an sich, und zugleich den Schönen aus der Dachluke herunter in die Stube. Da packte ihn der Drakos und band ihn und sprach zur Drakäna: "Morgen werde ich in die Kirche gehn, du aber mußt zu Hause bleiben und ihn schlachten und zurichten, und wenn ich aus der Kirche komme, so wollen wir ihn verzehren."
Als nun am andern Morgen der Drakos zur Kirche gegangen war, packte die Drakäna den Schönen, um ihn zu schlachten. Während sie ihn losband, sagte er zu ihr: "warte ein bischen, damit ich mich noch einmal vor dir verbeugen kann"; und wie sie ihm ein bischen Luft ließ, so daß er sich bücken konnte, da packte er sie bei den Beinen, riß sie zu Boden, schlachtete sie und steckte sie in den Backofen, den sie für ihn angezündet hatte; ihre Brüste aber schnitt er ab und hängte sie an den Nagel. Dann nahm er die Schellendecke und brachte sie dem Könige.
Der König aber sagte: "auch das ist noch nicht genug, du mußt mir den Drakos selbst holen, oder ich lasse dich in Stücke hauen." Da antwortete der Schöne: "auch das soll geschehen, aber du mußt mir dazu zwei Jahre Zeit lassen, damit mir der Bart wächst, und er mich nicht erkennt." Der König war das zufrieden, und nun wartete er zwei Jahre lang, bis ihm der Bart gewachsen war. Darauf machte er sich nach dem Hause des Drakos auf den Weg und begegnete einem Bettler, den fragte er, ob sie nicht ihre Kleider tauschen wollten; und da der es zufrieden war, so zog er dessen Kleider an und gab ihm dafür die seinigen. Darauf ging er grades Wegs in das Haus des Drakos und traf ihn, wie er grade einen Kasten zimmerte, und sprach: "guten Tag, deiner Herrlichkeit, gieb mir ein Stückchen Brot." Dieser aber sprach: "wart ein bischen, bis ich den Kasten fertig habe, dann gebe ich dir." Da fragte ihn der Bettler: "was hast du denn mit diesem Kasten vor?" Der Drakos erwiederte: "so und so ist es mir mit dem Schönen ergangen und darum habe ich diesen Kasten gemacht, um ihn hinein zu stecken, wenn ich ihn erwische." Da sprach der Bettler: "das ist in der Tat ein großer Bösewicht, denn der ist auch Schuld an meinem Elend und hat mich so herunter gebracht. Aber dein Kasten ist zu klein für ihn, denn er ist ein großer Mensch." "Ei was", antwortete der Drakos; "der Kasten ist ja für mich groß genug." Der Bettler sagte: "ja, aber der Schöne ist auch fast so groß wie du, geh her und probir's einmal, wenn du hinein gehst, so geht auch er hinein." Da legte sich der Drakos in den Kasten, und der Schöne machte den Deckel zu und rief: "drücke mal, um zu sehn, ob du den Kasten nicht sprengen kannst." Da drückte der Drakos, was er konnte, und rief dann: "er ist fest, mache nur auf!" statt