Märchen aus Griechenland, Band 1. Группа авторов
der Prinz und die Prinzessin zu Abend gegessen hatten, gingen sie zu Bett; der Prinz schlief fest, aber die Prinzessin tat kein Auge zu und wartete die ganze Nacht vergebens auf die Ankunft des Derwisches. Als am andern Morgen der Prinz auf die Jagd gezogen war, da ging sie in großem Zorne zur Kiste, öffnete sie und fragte den Derwisch, warum er nicht gekommen sei. Dieser aber antwortete: "ich weiß nicht, wie das zuging, aber ich konnte die Kiste nicht aufmachen, denn am Abend setzte sich etwas auf die Kiste und blieb die ganze Nacht darauf sitzen und drückte mich so, daß ich kein Glied rühren konnte. Am Abend mußt du mich in den Backofen verstecken und seinen Gefolgsleuten nicht erlauben, ins Haus zu kommen."
Doch der Kluge hörte auch dieses Gespräch und sagte es dem Prinzen auf der Jagd; der Schwere aber versetzte darauf: "fürchte dich nicht, o Herr! ich will mich vor das Ofenloch setzen und ihn drücken, wie gestern Nachts." Als sie am Abend von der Jagd zurückkehrten, wollte die Königin die Gefolgsleute nicht einlassen. Da bat sie ihr Mann und sprach: "lasse sie doch ein, sie tun dir gewiß nichts", und da konnte sie wohl nicht anders und mußte sie einlassen. Der Schwere ging aber stracks auf den Backofen zu und setzte sich mit dem Rücken an dessen Türe; da konnte sich der Derwisch die ganze Nacht über wiederum nicht rühren, aber auch die Prinzessin tat kein Auge zu, weil sie fort und fort erwartete, daß er kommen und ihren Mann totschlagen werde.
Als nun am andern Morgen der Prinz auf die Jagd gezogen war, da lief sie in großem Zorne an den Backofen und fragte den Derwisch, warum er nicht herausgekommen sei. Der antwortete: "Es ging mir in dieser Nacht, wie in der vorigen; aber ich sehe nun, daß es im Hause nicht geht und daß wir es im Freien versuchen müssen. Morgen mußt du deinen Mann nicht auf die Jagd lassen und ihn in einen verschlossenen Garten locken, seine Gefolgsleute aber aussperren und es so anstellen, daß er auf einen Fruchtbaum steigt. Für das Weitere werde ich dann sorgen."
Kaum hatten sie das ausgemacht, so sagte der Kluge zum Prinzen: "Herr! so eben haben sie sich verabredet, daß sie dich morgen in dem Garten totschlagen und uns davon aussperren wollen." Darauf sagte der Leichte: "fürchte dich nicht, o Herr! denn wenn der Derwisch morgen kommt und dich fressen will, so brauchst du uns nur zu rufen, dann springe ich über die Mauer, öffne den andern die Türe, und wir kommen und zerreißen den Derwisch in vier Stücke."
Am andern Morgen sprach die Prinzessin zu ihrem Manne: "Seit der Zeit, wo du hierher gekommen, bist du auch noch nicht einen einzigen Tag zu Hause geblieben, sondern hast mich stets allein gelassen, heute aber sollst du bei mir bleiben, und da wollen wir in unsern Garten gehn und Apfelsinen und andre Früchte pflücken." Der Prinz erwiederte: "wenn es dir Vergnügen macht, so wollen wir in den Garten gehn." Als sie aber zum Garten kamen und die Gefolgsleute des Prinzen ihnen in denselben folgen wollten, sprach die Prinzessin: "wenn diese da mitgehn, so traue ich mich nicht in den Garten und kehre um." Die drei blieben also vor dem Garten stehn, und die Prinzessin schloß die Türe zu.
Als sie eine Weile im Garten gewandelt waren, rief die Prinzessin: "sieh diese beiden Apfelsinen auf jenem Baume, steige hinauf und brich sie, die eine soll für dich und die andere für mich sein." Kaum war er aber oben, so erschien der Derwisch am Fuße des Baumes und rief: "habe ich dich endlich, du Hund, komme gleich herunter." Der Prinz erwiederte: "ich bin nun dein so wie so, lasse mich nur noch drei Worte sagen." "Nun so sage sie, aber schnell!" Da rief der Prinz: "Leichter, Kluger und Schwerer!" und wie ihn die drei rufen hörten, so war auch schon der Leichte über die Mauer gesprungen, hatte den andern das Tor aufgemacht und patt! patt! patt! kamen sie angetrappt, packten den Derwisch, der eine bei den Füßen, der andere bei den Händen, und rissen ihn in Stücke. Darauf töteten sie auch die Prinzessin, und der Prinz nahm eine von ihren Mägden zur Frau, und lebte von nun an herrlich und in Freuden.
Vom Prinzen, der dem Drakos gelobt wurde.
Es war einmal ein König, der bekam keine Kinder, und war darüber so betrübt, daß er einstmals ausrief: "ich wollte, ich hätte ein Kind, und möchte es auch der Drakos fressen." Und siehe da, auf diese Rede hin wurde der Leib der Königin gesegnet und sie kam mit einem Knaben nieder. Als aber dieser Knabe herangewachsen war, da trat der Drakos vor den König und sprach:
"gieb mir nun den Knaben, den du mir gelobt hast"; und dieser antwortete: "du sollst ihn haben." Darauf ließ der König seinen Sohn kommen und erzählte ihm die Sache, indem er sprach: "liebes Kind, so und so steht es mit dir, ich habe dich dem Drakos gelobt, und nun ist er gekommen, um dich zu holen." "Wenn dem so ist", antwortete der Sohn, "so will ich nicht warten, bis er wiederkommt, sondern hingehn und ihn aufsuchen und sehn, wer von beiden den andern tot schlägt."
Darauf nahm der Prinz ein Messer und zog fort, um den Drakos aufzusuchen. Als er eine Weile gewandert war, kam er an ein Gebirge, und als er das erstiegen hatte, und auf die Ebene herabblickte, die jenseits lag, sah er dort einen schwarzen Punkt, der sich bewegte. Da sagte er bei sich: "das wird der Drakos sein, ich will hin, und ihn entweder tot schlagen, oder von ihm gefressen werden." Er ging also mutig auf jenen schwarzen Punkt los; statt des Drakos fand er aber einen Löwen, einen Adler und eine Ameise, welche alle drei mit einander ein Aas gefunden hatten und nun nicht über dessen Teilung einig werden konnten. Als der Prinz sah, daß das nicht der Drakos war, da wollte er umkehren; sie riefen ihn aber herbei und sagten: "sei so gut und teile dieses Fleisch unter uns." Da teilte er es in drei Teile, einen großen, einen kleinern und einen ganz kleinen, und gab den großen dem Löwen, den kleinern dem Adler und den ganz kleinen der Ameise. Diese Teilung gefiel den drei Tieren und sie dankten daher dem Prinzen, als er Abschied von ihnen nahm; aber keines dachte daran, ihm für seine gerechte Teilung ein Gegengeschenk zu machen. Als er schon weit weg war, da fiel es der Ameise ein, und sie sprach daher: "hört, Gesellen, wollen wir denn dem, der uns so gut abgeteilt hat, zum Dank dafür nichts verehren?" "Du hast Recht", erwiederten die beiden andern; sie riefen ihn also zurück, und der Löwe sprach zu ihm: "du hast uns den Gefallen erwiesen und unter uns abgeteilt; wir wollen dir nun auch etwas Gutes dafür erweisen. Von mir aus gewähre ich dir, daß, wenn du zweimal: ›Löwe, Löwe!‹ rufst, du so stark werden sollst, als ich selber bin." Der Adler aber sprach: "und ich gewähre dir, daß, wenn du zweimal: ›Adler, Adler!‹ rufst, du zum Adler werden und wohin du willst, fliegen kannst, und wenn du sagst: ›Mensch, Mensch!‹ wieder zum Menschen wirst." Endlich sagte die Ameise: "Ich gewähre dir, daß, wenn du zweimal: ›Ameise, Ameise!‹ rufst, du zur Ameise wirst, und wohin du willst, kriechen kannst, und wenn du wieder: ›Mensch, Mensch!‹ rufst, du wieder zum Menschen wirst."
Da bedankte sich der Prinz bei den Tieren und wollte wieder nach Hause zurückkehren. Unterwegs kam er durch einen Wald, in dem die Schäferei eines Königs lag, und von dieser bis zu dessen Schloß war eine Stunde Wegs. In dieser Schäferei melkte man die Schafe, aber man konnte die Milch dem König nicht heiß ins Schloß bringen, um daraus Käse zu machen. Dieser hatte daher in seinem Reiche ausrufen lassen, daß, wer im Stande sei, die Milch aus der Schäferei heiß ins Schloß zu liefern, den wolle er zu seinem Schwiegersohne machen. Als der Prinz in die Nähe der Hürde kam, stürzten sich alle Hunde auf ihn, um ihn zu zerreißen, er aber sagte: "Adler, Adler!" und flog mitten in die Schäferei. Als ihn die Hirten sahen, wunderten sie sich und fragten ihn: "he, wie bist du hereingekommen, ohne daß dich die Hunde zerrissen haben?" Er aber sagte ihnen nicht die Wahrheit, sondern antwortete: "ich habe auf meinem Wege keinen Hunden begegnet." Als sie die Milch gemolken hatten und darüber sprachen, wie Schade es sei, daß sie keiner von ihnen dem Könige heiß bringen könne, sagte der Prinz: "gebt sie mir, ich will sie schon heiß hinbringen." Da spotteten die Hirten über ihn: "was! wir sind hier so viel gute Springer und können das nicht zu Wege bringen, und du solltest es im Stande sein?" Er aber sprach: "wenn ihr mir die Milch nicht gebt, so werde ich es dem König sagen, und der wird euch dafür strafen." Als sie das hörten, fürchteten sie sich und gaben ihm die Milch. Er ging also mit der Milch aus der Schäferei, und sie schützten ihn vor den Hunden. Als er so weit war, daß sie ihn nicht mehr sehen konnten, da rief er: "Adler, Adler!" verwandelte sich in einen Adler, nahm die Milcheimer in seine Krallen und flog geraden Wegs zum Schlosse des Königs. Dort klopfte er an das Tor, da ihm dies aber nicht schnell genug aufgemacht wurde, so rief er: "Ameise, Ameise!" verwandelte sich in eine Ameise, schlüpfte durch das Schlüsselloch und erschien vor dem König. Dieser