Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac


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Verzweif­lung und er­stick­te Schmer­zens­schreie, wie­viel miß­lun­ge­ne Ver­su­che und ver­wor­fe­ne Meis­ter­wer­ke zwi­schen dem frei­wil­li­gen Tode und der kei­men­den Hoff­nung lie­gen, de­ren Stim­me den jun­gen Mann einst nach Pa­ris ge­lockt hat. Je­der Selbst­mord ist ein Poem von er­ha­be­ner Me­lan­cho­lie. Wo fän­de man im Ozean der Li­te­ra­tu­ren ein die Zei­ten über­dau­ern­des Buch, das sich an Poe­sie mit die­ser Zei­tungs­no­tiz mes­sen könn­te: ›Ges­tern um vier Uhr stürz­te sich eine jun­ge Frau vom Pont-des-Arts in die Sei­ne.‹

      Vor die­sem Pa­ri­ser La­ko­nis­mus ver­blas­sen alle Dra­men und Ro­ma­ne, selbst je­nes alte Ti­tel­blatt: ›Die Kla­gen des ruhm­rei­chen Kö­nigs von Kaër­na­van, den sei­ne Kin­der in den Ker­ker war­fen‹; der ein­zi­ge Über­rest ei­nes ver­lo­ren­ge­gan­ge­nen Bu­ches, das den har­ten Ster­ne, der doch selbst Frau und Kin­der ver­las­sen hat­te, zum Wei­nen brach­te.

      »Schlech­tes Wet­ter, sich zu er­trän­ken!« rief ihm ein al­tes, zer­lump­tes Weib la­chend zu. »Die Sei­ne ist kalt und schmut­zig!«

      »Ach, lie­ber Mon­sieur, la ca­rità! La ca­rità! Ca­ta­ri­na! Nur einen klei­nen Sou für Brot!«

      Ein klei­ner Schorn­stein­fe­ger mit auf­ge­dun­se­nem schwar­zen Ge­sicht, ru­ßig­brau­nem Kör­per und zer­lump­ten Klei­dern, streck­te die Hand aus, um ihm das letz­te Geld ab­zu­bet­teln.

      Zwei Schrit­te von dem klei­nen Sa­voyar­den ent­fernt, stand ein ar­mer, de­mü­ti­ger Al­ter, hin­fäl­lig, be­dürf­tig und elend, in eine zer­schlis­se­ne Ta­pis­se­rie gehüllt, der ihn mit dump­fer ein­dring­li­cher Stim­me bat: »Mon­sieur, ge­ben Sie mir, was Sie wol­len, ich wer­de für Sie be­ten …« Aber als der jun­ge Mann den Al­ten an­ge­blickt hat­te, ver­stumm­te die­ser und ver­lang­te nichts mehr. Es moch­te ihm aus die­sem düs­tern Ge­sicht wohl eine noch här­te­re Not als die sei­ne ent­ge­gen­star­ren.

      »La ca­rità! La ca­rità!«

      Der Un­be­kann­te warf dem Kna­ben und dem ar­men Al­ten sein Geld hin, ver­ließ den Ufer­weg und ging zu den Häu­sern hin­über, da ihm der quä­len­de An­blick der Sei­ne un­er­träg­lich ge­wor­den war.

      »Wir wer­den Gott um die Er­hal­tung Ih­rer Tage bit­ten«, rie­fen ihm die bei­den Bett­ler nach.


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