SUB ZERO. Matt James

SUB ZERO - Matt James


Скачать книгу
Anzug schälte, »nehme ich eine Harpune mit und gehe Speerfischen!«

      House verschränkte die Arme vor der Brust und grinste, weshalb er von Trip nur einen verwirrten Gesichtsausdruck erntete.

      »Willst du noch eine Weile weiterjammern oder steigst du jetzt endlich aus dem Anzug und erzählst mir, was da unten los war?«

      »Sie haben nicht zugeschaut?«

      House schüttelte den Kopf. »Ich war ein bisschen damit beschäftigt, das Schiff zu kommandieren und so.«

      Trip lächelte und Sekunden später ertönte ein Geräusch, als würde ein überdimensionierter Schließriegel aufgeschoben werden. Als Nächstes wurden die Brust- und Rückensektionen separiert, was Trip erlaubte, sich aus dem einzigartigen atmosphärischen Tauchanzug zu schlängeln. Es war das einzige Stück Equipment dieser Art in der gesamten US-Navy.

      Am Rücken und an den Beinen waren kleine Stahldüsen angebracht, die es dem Piloten ermöglichten, mühelos durch das Wasser zu treiben, und all das ohne ein separates Antriebssystem – in etwa wie ein Unterwasser-Jetpack. Den Anzug zu steuern, war nicht so einfach, wie Trip es aussehen ließ. House hatte es ein einziges Mal versucht – auf eine Wette mit dem leitenden Ingenieur der Endeavor hin – und hatte vor der gesamten Mannschaft kläglich versagt.

       Verflucht seist du, Buddy.

      Chefingenieur Marcus Buddy Malone war ein noch älterer Seebär als House. Er war Anfang siebzig, konnte aber selbst Leute, die vierzig Jahre jünger waren, mühelos in die Tasche stecken. House hatte ihn aufgrund ihrer gemeinsamen Zeit an Bord der Harry S. Truman als Chefingenieur angeheuert. Buddy hatte dort denselben Titel innegehabt, bevor er vor über zehn Jahren in den Ruhestand gegangen war, und House traute im Umgang mit Maschinen niemandem mehr als ihm. Außerdem schadete es nicht, dass sie beide aus Georgia kamen und eingefleischte Bulldog-Fans waren.

       Go Dawgs!

      Ein Techniker zu Houses Rechten bediente jetzt die Winde, die den Tauchanzug in der Luft hielt, während er ihn mit Trip darin vorsichtig zu dessen Andockpunkt nahe dem Pool herumschwenkte. Währenddessen erzählte der Taucher, was ihm widerfahren war.

      »Im Ernst, Captain, mit dem Ding – was auch immer es ist – ist nicht zu spaßen! Da war ich nun, kurz über dem Meeresboden und plötzlich – Wumms – hat es mich angefallen und sich an meinen Helm gekrallt.«

      House lachte leise.

      Trip hatte wirklich eine blühende Fantasie. Er liebte überzogene Geschichten, Filme, Bücher und Graphic Novels.

      »Du meinst also«, sagte House mit erhobener Augenbraue, »dass die Krake dir einen Kuss geben wollte? Ist es das, was dich so verrückt macht?«

      Trip riss die Augen auf. »Von wegen, Sir. Sehen Sie doch mal, was das Ding mit meinem Helm gemacht hat!«

      House musterte den Mann ein paar Sekunden, und ihm wurde bewusst, dass da echte Angst in seinem Gesicht zu lesen war und dass er außerdem Probleme beim Sehen hatte. Doch er wollte es nicht ansprechen. Falls Trip noch Sehschwierigkeiten haben sollte, wenn er ihn das nächste Mal traf, würde er ihn zum Schiffsarzt schicken müssen.

      Als House sein Augenmerk von dem verschreckten Taucher auf dessen Helm verlagerte, war er kurzzeitig sprachlos, denn der Oktopus hatte es allem Anschein nach geschafft, mit seinem papageienschnabelartigen Kiefer tiefe Furchen in die robuste Oberfläche des Anzugs zu ritzen. In all den Jahren auf See hatte House so etwas noch nie zuvor erlebt.

      Er musste unbedingt herausfinden, was da genau sein Schiff geentert hatte.

      »Check den Anzug komplett durch und mach eine Meldung, sobald du kannst. Falls du fit genug dafür bist.«

      Trip wirkte beleidigt. »Nur, weil ich mich ein bisschen erschreckt habe …«, er blinzelte mehrmals heftig, »heißt das noch lange nicht, dass ich meine Arbeit nicht erledigen kann, Captain.«

      House gefiel die Einstellung des Mannes, aber tief im Inneren war er etwas besorgt. Er mochte Trip, und je besser er ihn kennenlernte, desto weniger hatte er etwas dagegen, dass seine Tochter ihn mochte.

      House wandte sich ab und sah sich nach Donovan und dessen Team um. Er knurrte verärgert, als er keinen von ihnen finden konnte. Sie hatten also ein Besatzungsmitglied in Not im Stich gelassen, und das alles im Namen der Wissenschaft. Das Erste, was House tun würde, sobald er Donovan ausfindig gemacht hatte, war, ihn wissen zu lassen, dass er ihm am liebsten ein zerbrochenes Reagenzglas in den Arsch schieben würde. Auf diesem Schiff kümmerte man sich um einander! Die See war Richter und Geschworene in einem und in manchen Fällen sogar der Henker. Sie alle hier an Bord waren ihr auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

      Er fauchte. »Donovan!«

      ***

      Da House nun gezwungen war, sämtliche Treppenstufen zum Oberdeck wieder hinaufzusteigen, war er nicht gerade bester Laune, als er bei den Männern ankam. Donovans Team hatte den Hangar über den Frachtaufzug betreten. Damit transportierten sie im Allgemeinen den Großteil ihres sperrigen oder schweren Equipments durch das Schiff. Der nächstgelegene Aufzug lag aber leider weiter vorn am Bug.

      Der Tauchhangar befand sich am Heck des Bootes auf dem untersten Deck, zusammen mit dem Maschinenraum. Donovans Labor war seinen Anweisungen gemäß auf dem Oberdeck errichtet worden und über ein Netzwerk aus Korridoren mit anderen Labormodulen verbunden. Der ansonsten ungenutzte Platz war besiedelt von Stahlcontainern, die von oben wie Bienenwaben wirkten.

      Es war der einfachste Weg, von Punkt A zu Punkt B zu gelangen, ohne sich der eisigen Außenluft aussetzen zu müssen. Sämtliche Innenräume der Endeavor waren beheizbar. House hatte nichts gegen solche Annehmlichkeiten, denn seine Leute arbeiteten besser, wenn sie weniger Stress ausgesetzt waren.

      Wärme ließ eine Antarktis-Mission weniger schrecklich erscheinen, und da auf dem Oberdeck bereits für zusätzliche Arbeitsbereiche gesorgt war, waren die Quartiere der Besatzung etwas großzügiger ausgefallen. Alles im Bauch der Endeavor war demontiert und erneuert worden. House hatte sich ein beeindrucktes Pfeifen nicht verkneifen können, als er seine eigene Unterbringung für die nächsten drei Monate zum ersten Mal besichtigt hatte.

      Weder House noch seine Tochter wollten in nächster Zeit irgendwo hin. Ohne Karen hatte keiner von beiden einen Grund zur Heimkehr, oder auch nur ein Heim. Beide hatten befristete Verträge mit DARPA unterzeichnet, in der Hoffnung, dass diese nach Abschluss der Mission verlängert würden.

      Der Gedanke daran, wieder voll und ganz auf See zu sein, noch dazu mit seiner Tochter an seiner Seite, entlockte ihm unwillkürlich ein Lächeln.

      Was ihm das Lächeln allerdings wieder verdarb, war die Tatsache, dass Donovan ihn offenbar ignorierte. Er hatte den Mann bereits dreimal angerufen und das ohne Erfolg. Entweder hatte das hochmoderne Kommunikationssystem versagt oder der Wissenschaftler hatte seinen Ohrstöpsel einfach herausgenommen.

      House war sich sicher, dass Letzteres der Fall war, denn Gianna hatte ihm mehrfach versichert, dass die Anlage nicht kleinzukriegen war. Gemeinsam mit einigen Freunden aus der Heimat hatte sie sich persönlich darum gekümmert. Diese Freunde, so war ihm versichert worden, hätten das System unfehlbar und idiotensicher gemacht. Er hätte sich nur gewünscht, dass sie seriöse Programmierer gewesen wären und keine kriminellen Hacker. Gianna war eine Meisterin beider Fächer.

      ***

      Donovan und sein Team leerten gerade das mobile Aquarium und ließen das Meerwasser achtlos zu Boden fließen, da die Abflussrinnen zu ihren Füßen sämtliche Überschwemmungen verhindern würden.

      Hochkonzentriert widmete sich Donovan seiner Aufgabe, ohne auch nur einen Gedanken an etwas anderes zu verschwenden. Dieses Exemplar war zwar nicht genau das, wonach sie gesucht hatten, dennoch verfügte es zweifellos über dasselbe hochwirksame Nervengift wie seine Cousins. Ungeachtet dessen, was dieser Oktopus wirklich war, würde er seinen Zweck erfüllen. Er würde Fortschritt herbeiführen.

      Mit Gummihandschuhen und -schürzen bekleidet, breiteten sie den Kraken vorsichtig


Скачать книгу