Star Trek - The Next Generation: Kollateralschaden. David Mack

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dass meine Zeit als Kommandant vorüber ist, hätten sie Ihnen mittlerweile ein weiteres Abzeichen an den Kragen geheftet. Aber so, wie es aussieht, wollen sie lediglich, dass Sie das Schiff in Bereitschaft halten, bis ich zurückkehre.«

      »Ich hoffe es«, hatte Worf geantwortet. Und das war es gewesen.

      Jetzt hüllten Worf die Feedbackgeräusche und das Umgebungssummen der Brücke ein. Er hatte bereits nach kurzer Zeit erfreut festgestellt, wie absolut perfekt der Kommandosessel in der Mitte der Brücke auf all das, was ringsum geschah, ausgerichtet war. Jeder Konsolenalarm, jedes Flackern unerwarteter Aktivität erregte Worfs Aufmerksamkeit.

      Commander Geordi La Forge befand sich im hinteren Teil der Brücke, in der Nähe der Hauptsystemanzeige, und sichtete gemeinsam mit Lieutenant Dina Elfiki, der Chefwissenschaftlerin des Schiffs, einige Sensorlogbücher. Obwohl La Forge lieber vom Hauptmaschinenraum aus arbeitete, wann immer das möglich war – eine Bitte, der Captain Picard grundsätzlich stattgab, denn La Forge war schon Chefingenieur gewesen, lange bevor er die zusätzliche Rolle des zweiten Offiziers an Bord übernommen hatte –, hatte ihm Worf klargemacht, dass er ihn auf der Brücke brauchte. Da Worf nun als amtierender Kommandant des Schiffs fungierte, war auch La Forge zeitweilig befördert worden, und zwar zum amtierenden Ersten Offizier. Was bedeutete, dass er, ob es ihm gefiel oder nicht, hier auf Deck eins seinen Arbeitsplatz hatte.

      Auf dem Hauptschirm strömten vom Warp lang gezogene Sterne auf die Enterprise zu und verschwanden dann aus dem Bildausschnitt. Routine-Funkkommunikation war von der Sicherheitskonsole zu hören, die von Lieutenant Aneta Šmrhová besetzt war. Die Frau mit dunklen Haaren und ebensolchen Augen, die ihren Job stets todernst nahm, schien die Einzige auf der Brücke zu sein, die Worfs Abneigung gegenüber ihrer Mission teilte, die schlichtweg banal war, ganz gleich, wie man es drehte und wendete.

      An den vorderen Stationen beugte sich Chefpilotin Lieutenant Johanna Faur zum Ops-Offizier Glinn Ravel Dygan hinüber. »Hatten Sie bereits Gelegenheit, in den Holoroman hineinzuschauen, den ich Ihnen empfohlen habe?«, fragte sie den cardassianischen Austauschoffizier mit vertraulich gesenkter Stimme.

      Dygan bedachte Faur mit einem verstohlenen Seitenblick. »Den mit sich unterschiedlich entwickelnden Erzählsträngen?«

      »Genau.«

      Er verzog das Gesicht. »Ich ertrage ihn kaum noch. Nichts als glückliche Enden.«

      »Na ja, was haben Sie erwartet? Es ist eine romantische Komödie.«

      Er zuckte mit den Schultern. »Viele Romanzen enden mit Mord und Selbstmord. Liebende werden durch Kriege getrennt. Katastrophen. Schicksalsschläge.«

      »Dann wäre es keine Komödie.«

      »Da bin ich anderer Meinung. Ich denke, es ist alles eine Frage davon, wie man es spielt.«

      Ihre Diskussion weckte die Aufmerksamkeit von Lieutenant T’Ryssa Chen, der halb vulkanischen, halb menschlichen Erstkontaktspezialistin des Schiffs. »Sie hat recht, Dygan. In der westlichen Literatur der Erde gibt es eine klassische Trennung zwischen Komödie und Drama – oder Komödie und Tragödie, wie man es damals definierte.«

      Lieutenant Rennan Konya blickte von seiner taktischen Konsole auf. Der Betazoide wirkte sichtlich fasziniert. »Kann eine Geschichte nicht Elemente von beidem haben?«

      »Natürlich«, sagte Chen, die zwischen dem stellvertretenden Sicherheitschef und Dygan an der Ops hin und her blickte. »Aber den alten Griechen zufolge lag das Ziel einer Geschichte entweder darin, Lachen zu erzeugen oder Tränen.«

      Faur an der Flugkontrolle blickte über die Schulter und schüttelte den Kopf. »Ich bevorzuge den elisabethanischen Standard: Tragödien enden mit dem Tod, Komödien mit Hochzeiten.«

      Dygan runzelte die Stirn. »Das erscheint mir unnötig beschränkend.«

      Chen reagierte auf seinen Protest gespielt schockiert. »Und das von einem Mann, dessen Kultur Das ewige Opfer für die größte aller literarischen Errungenschaften hält. Beinahe zwei Millionen Worte gewichtiger Prosa über sieben Generationen einer Familie, die sich alle ihr Leben lang abplagen und dann sterben.«

      »Wenn auch nur eine Ihrer Kulturen etwas hervorbringt, das in Form oder Subtext nur annähernd so tiefgründig ist wie das repetitive Epos, dann mag ich mich dazu herablassen, diese Debatte mit Ihnen zu führen – aber vorher nicht.«

      Aus dem Augenwinkel sah Worf, wie La Forge und Elfiki von dieser Diskussion angezogen wurden wie Motten von der sprichwörtlichen Flamme. Bitte lass sie sich nicht in diese Sache einmischen.

      »Wissen Sie«, machte La Forge Worfs Hoffnung direkt zunichte, »ich habe nicht viel cardassianische Literatur gelesen, aber in den Werken, die ich kenne, sind mir ein paar wiederkehrende Themen aufgefallen, die hier relevant sein könnten. Als Erstes …«

      Worf musste all seine Selbstbeherrschung aufbringen, um zu verhindern, dass sich seine Hand zur Faust ballte. Fek’lhr, töte mich bitte.

      An Šmrhovás Konsole schrillte ein Alarm, und plötzlich drang wildes Geplapper aus dem Komm-Kanal.

      »Alle auf Posten!«, sagte Worf und richtete sich auf seinem Platz auf. Endlich passierte etwas.

      Die Brückenbesatzung wurde sofort wieder ernst, und jeder Small Talk endete umgehend.

      Šmrhová brachte das Lärmen ihrer Konsole zum Verstummen. »Captain, wir empfangen einen Notruf. Von der Kamhawy-Minenkolonie auf Celes II.« Sie aktivierte einen kleinen Sendeempfänger an ihrem Ohr und lauschte der Botschaft. »Sie sagen, dass sie von nausikaanischen Plünderern überfallen worden sind und schwere Schäden an den Schilden ihrer Siedlung erlitten haben.«

      Ein weiterer Alarm erklang, diesmal von Konyas Konsole. Er brachte ihn zum Schweigen und überprüfte seine Anzeigen. Dann blickte er auf und Worf an. »Captain, neue Befehle vom Sternenflottenhauptquartier. ›Begeben Sie sich so schnell wie möglich nach Celes II und untersuchen Sie den Angriff auf die Kamhawy-Kolonie. Bieten Sie Unterstützung an und ergreifen Sie alle weiteren Maßnahmen, die Sie für richtig und notwendig erachten.‹ Unterzeichnet von Admiral Kernova, Sir.«

      »Navigation, setzen Sie einen Kurs nach Celes II, Warp neun, und ausführen. Lieutenant Konya, stellen Sie einen Bericht aller jüngsten Piratenaktivitäten in diesem Sektor zusammen. Markieren Sie alle Fälle, in die Nausikaaner verwickelt waren.« Worf drehte seinen Sessel gerade weit genug, um La Forge anzublicken. »Nummer eins, finden Sie heraus, welche Schiffe in diesem und benachbarten Sektoren unterwegs sind. Vielleicht benötigen wir Hilfe bei der Verfolgung der Angreifer.«

      La Forge bedachte ihn mit einem knappen Nicken. »Ich kümmere mich darum.«

      »Lieutenant Šmrhová. Setzen Sie noch für diese Stunde eine Gefechtsübung an.«

      »Aye, Sir.«

      Die künstliche Schwerkraft des Schiffs fluktuierte kurz, als die Enterprise auf hohe Warpgeschwindigkeit beschleunigte und sich die Streifen aus Sternenlicht auf dem Bildschirm in verwaschene Schlieren aus wirbelndem Licht verwandelten. Durch den Rumpf und die Deckplatten des Sovereign-Klasse-Schiffs spürte Worf die Vibrationen des Warpantriebs, der an seine Grenzen ging, und das bisherige leise Plaudern einer Brückenbesatzung auf Routineflug war dem angespannten Gemurmel von Männern und Frauen gewichen, die der Gefahr entgegenflogen.

      Manche der Offiziere mochten sich darüber ärgern, dass sich ihr entspannter Rundflug durch die Kernsysteme in eine ernsthafte Mission verwandelt hatte, aber für Worf, dessen klingonisches Herz sich allein bei der Erwähnung von Freizeit sträubte, war es genau das, wonach er sich gesehnt hatte: eine Gelegenheit, etwas zu tun, das Bedeutung hatte.

      Seiner Meinung nach gab es nichts Besseres.

      •

      Nachdem er jahrelang auf das Zirpen von Türglocken an Bord von Raumschiffen reagiert hatte, klang das Geräusch eines einfachen Klopfens gegen einen hölzernen Türpfosten in Picards Ohren eigenartig atavistisch.

      Er legte sein Padd auf den Tisch neben dem Sofa im Wohnzimmer und stand


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