Perry Rhodan Neo 236: Das Ei der Loower. Lucy Guth

Perry Rhodan Neo 236: Das Ei der Loower - Lucy Guth


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bald wiederholen wollte. Sie hatte danach fast drei Stunden unter der Dusche gestanden. Bei der Erinnerung schüttelte es sie.

      Und dann waren da immer wieder diese seltsamen zwischenmenschlichen Interaktionen, zu denen sie gezwungen wurde. Wie an diesem Morgen. Sollte sie es Banner melden? Oder würde der sie nur wie üblich verächtlich ansehen oder gar auslachen?

      Stetson stand entschlossen auf und ging zu Banner hinüber. Sie würde ihm sagen, dass Dubois sie an diesem Morgen angelächelt und gebeten hatte, für ihn die Subroutinen in dem ihnen zugewiesenen Sektor zu überprüfen; eine ungeliebte Aufgabe, vor der sich die meisten Techniker gern drückten. Nachdem Stetson das für ihn erledigt hatte, hatte Dubois gegenüber Banner behauptet, er habe das selbst getan. Und er hatte Stetson nicht mehr angelächelt.

      Sie holte tief Luft. »Das ist nicht logisch. Es ergibt überhaupt keinen Sinn.«

      »Was ist denn, um Himmels willen?«, fragte Banner gereizt. »Ich kann dieses Gebrabbel langsam nicht mehr hören, und Ihre Streitereien auch nicht. Wenn Sie nicht endlich etwas zur Lösung des Problems beizusteuern haben, halten Sie den Mund.«

      Stetson erstarrte. Sie mochte es nicht, wenn jemand in diesem Ton mit ihr redete. Sie zog sich zurück. Dabei hatte sie das Problem gelöst. Das könnte sie Banner sagen: dass es ein Kommunikationsproblem zwischen SENECA und der Technikkomponente von Impulstriebwerk drei gab. Doch nun war sie frustriert, weil Banner sie so harsch angegangen war. Sie ging langsam zurück zu ihrem Analysegerät.

      »Mister Banner, ich glaube, ich habe es«, hörte sie Dubois. Der IT-Techniker stand auf und ging zum Teamchef hinüber, zeigte ihm etwas auf einem Hologramm. »Ich glaube, es gibt ein Kommunikationsproblem zwischen der Hauptpositronik und dem Knotenpunkt am Impulstriebwerk.«

      Fred Banner klopfte Charles Dubois auf die Schulter. »Sehr gut, Dubois. Ich mag, wie Sie denken!«

      Donna Stetson blinzelte. Sie wandte den Kopf und sah zu Dubois' ursprünglichem Platz. Neben dem Hocker, auf dem Boden, lag ihr Notizblock.

      4.

      Thora Rhodan da Zoltral

      Vor den unzähligen Sternen des galaktischen Zentrums waberte ein schwarzer Fleck. Es war, als hätte jemand ein Stück aus dem All herausgerissen.

      Der Anblick ließ Thora Rhodan da Zoltral schaudern. Man könnte fast denken, dass dort eine Wolke Dunkelleben treibt.

      Mit dem Unterschied, dass echtes Dunkelleben viel bedrohlicher ist. Das haben wir im Arkonsystem hautnah erfahren. Dass du eine Dunkelwolke mit dem Dunkelleben assoziierst, erscheint mir eher der Ausdruck deines schlechten Gewissens.

      Die lapidare Feststellung ihres Extrasinns machte Thora wütend. Natürlich habe ich ein schlechtes Gewissen. Er ist mein Freund. Und ich sehe einfach dabei zu, wie er sich quält.

      Es ist deine Pflicht, in diesem Fall nicht als Guckys Freundin zu entscheiden, sondern als Kommandantin der CREST II. Du hast ... der Besatzung gegenüber eine Verantwortung.

      Thora stutzte. Du zögerst. Warum?

      Der Extrasinn schwieg. Thora wusste mittlerweile, dass sie in diesem Fall nicht nachzuhaken brauchte. So redselig ihr »inneres Kind« für gewöhnlich war: Manchmal war es verstockt, vor allem, wenn es Gefahr lief, im Unrecht zu sein.

      Stattdessen ging sie zu Mentro Kosum in seinem Pilotensessel. Er hatte die SERT-Haube aufgesetzt und aktiviert, die ihn mit dem Raumschiff verband. Schweiß glänzte auf der Stirn des Emotionauten, rote Haarsträhnen klebten an seiner Schläfe. Die Augen hatte er geschlossen, er wirkte aber alles andere als entspannt. Seine Lider zuckten, während die Augäpfel darunter hin und her rollten.

      Zwar kamen sie für Thoras Begriffe viel zu langsam voran. Das Schneckentempo war an diesem Ort allerdings nicht weniger anstrengend für Kosum als eine Fluchtbeschleunigung bis zu einer Nottransition. Ein Beleg hierfür war, dass rund um den Pilotensitz keine einzige Kapsel einer Sarrka-Spore zu finden war, die Kosum normalerweise unermüdlich kaute. Dass er sogar dafür keine Zeit hatte, bewies Thora den Ernst der Lage.

      »Mister Kosum, wie sieht es aus?«, fragte sie.

      »Geht so, Ma'am.« Die Stimme des Piloten klang gepresst. »Diese chaotischen Verhältnisse machen es mir nicht gerade einfach. Die vielen Schwarzen Löcher, Neutronensterne und sonstigen Massivstrahlungsquellen in der weiteren Umgebung überfluten diese Raumregion mit Plasmawolken, Gammablitzen, stellaren und planetaren Trümmern sowie normal- und hyperenergetischen Störeinflüssen – sie stellen ein enormes Risiko dar. Ich muss auf die kleinsten Messwerte der Ortungssensoren achten, damit wir nicht in eine Gravitationssenke geraten und zerrissen oder von jähen Energiefluten gegrillt werden. Es erinnert mich ein wenig an die Situation im Sternenriff vor Archetz. Nur extremer.«

      »Also gehe ich besser nicht davon aus, dass wir das Tempo erhöhen und größere Distanztransitionen wagen können?«, vermutete Thora.

      Der Pilot öffnete ruckartig die erstaunlich grünen Augen. »Auf keinen Fall. Als wir eben diese Dunkelwolke passiert haben, hätte uns eine Schwerkraftirregularität beinahe aus der Bahn gerissen – wenn wir schneller gewesen wären, hätte ich kaum gegenhalten können. Bei aller Liebe, schneller zu fliegen, ist momentan eine schwachsinnige Idee ... Ma'am.«

      Das »Ma'am« hätte er sich angesichts dieser despektierlichen Rede sparen können.

      Der Extrasinn kicherte. Ach komm, eigentlich mögen wir ihn und seine unkonventionelle Art.

      Normalerweise hätte Thora dem Piloten trotzdem eine Rüge erteilt, doch Kosum hatte die Augen wieder geschlossen und wirkte völlig konzentriert. Daher ließ Thora ihn in Ruhe und wandte sich Bingdu zu.

      Der Omnit stand an einer Holokonsole und bemühte sich, Kosum zu unterstützen. Er speiste unablässig weitere Informationen über den Kurs, den er dem Cyboraner vorgeschlagen hatte, in die Navigationspositronik ein – soweit es seine eigenen Daten hergaben, die er auf einem silbernen Speicherplättchen mit sich führte.

      »Wie ist Ihre Meinung dazu, Bingdu?«

      Der Omnit sah auf. Sein Anblick – der gläserne Kopf mit dem pechschwarzen Gehirn darin – war Thora unheimlich. »Ich kann Mister Kosum nur zustimmen. Die Fluggeschwindigkeit drastisch zu erhöhen und mehr als extrem vorsichtige und gut vorbereitete Kurztransitionen anzusetzen, wäre unverantwortlich. Meine Daten sind mehrere Wochen alt; in diesem Raumsektor können sich die Verhältnisse innerhalb von Tagen ändern.«

      Thora schürzte die Lippen. »Zu dumm, dass uns keiner Ihrer Lotsen zur Verfügung steht.«

      »Das ist wahr. Die Lotsen verfügen über andere Möglichkeiten, auf die ich nicht zurückgreifen kann.«

      Thora fragte nicht weiter nach. Sie hatte genug Erfahrungen mit den Khe'Mha'Thir, den Sternenlotsen, die Raumschiffe durch den Leerraum nach Thantur-Lok führten. Einigen Wesen standen besondere Wege offen, sei es durch die Sternengötter oder andere Einflüsse. Die Menschen würden vielleicht irgendwann erfahren, auf welche Mittel die Lotsen des galaktischen Zentrums zurückgriffen.

      »Miss Maas, irgendwelche Zeichen von unseren Verfolgern?«

      »Bislang nicht, Kommandantin«, gab die Ortungschefin zurück. »Wir scheinen sie tatsächlich abgehängt zu haben.«

      »Bleiben Sie trotzdem weiter wachsam.«

      »Selbstverständlich, Ma'am.«

      Willst du deiner Crew vielleicht noch andere nützliche Tipps geben? Möchtest du Siobhan O'Sullivan raten, die Impulsstrahler richtig durchzupusten?

      Ist gut. Thora war frustriert. Sie hätte gern ihre Gedanken in einem Gespräch mit Perry Rhodan geklärt, aber ihr Mann hatte vor Kurzem die Zentrale verlassen. Sie vermutete, dass er in die Medostation gegangen war, um nach Gucky zu sehen.

      Vielleicht solltest du dort mal nachfragen, statt deine Offiziere mit überflüssigen Anweisungen zu piesacken. Denn eigentlich willst du wissen, wie es unserem pelzigen Freund geht.

      Thora hörte auf den


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