HAUSER - IMMER FESTE DRUFF!. Andreas Zwengel

HAUSER - IMMER FESTE DRUFF! - Andreas Zwengel


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auf die Seite schreiben können. Aber ein kleiner Hinweis sei euch gewährt, wir sind schließlich keine Unmenschen. Achtung: Unser Goldtransport hatte ein kaputtes Rücklicht auf der rechten Seite. Wer also gestern Morgen auf der A 5 ein weißes Licht vor sich sah, keine Sorge, das war kein Geisterfahrer. Nehme ich jedenfalls an, man weiß ja nie, wer sonst noch unterwegs war.« In seinem leutseligen und seltsam aufgeputscht klingenden Vortrag zählte Guido alle bekannten Informationen zu dem Fahrzeug auf. »Ruft uns unter folgender Nummer an …«

      Melanie sah auf das Radio. »Das ist unorthodox.«

      »Echt?«, fragte Hauser überrascht. »Ich fand das eine völlig naheliegende Vorgehensweise.«

      »Wie sind Sie an den Job als Privatdetektiv gekommen? Sie erwecken nicht den Eindruck eines ehemaligen Polizisten, der sich selbstständig machen wollte.«

      »Ja, ich bin wohl ein Quereinsteiger. Genaugenommen hat es drei Jahre gedauert, bis ich mir eingestanden habe, dass ich ein Detektiv bin.« Hauser hatte nie die Absicht gehabt, Detektiv zu werden. Seine Interessen und Fähigkeiten waren so vielfältig, dass es ihm schwerfiel, sich auf einen Beruf zu beschränken. Also schrieb er seine herausragenden Talente auf ein Blatt Papier und suchte nach einer Tätigkeit, die die meisten von ihnen einschloss. Es entstand eine kurze Liste von Berufen, die er anschließend nach bestimmten Kriterien abklopfte. Er wollte lange Arbeitszeiten und enge Personalbindung ausschließen, ebenso Teamwork, strenge Kontrolle seines Tagesablaufs und eine zu geringe Bezahlung. Als Privatdetektiv bekam er nicht alles davon erfüllt, aber doch mehr als in den anderen infrage kommenden Berufen.

      »Was haben Sie vorher gemacht?«, fragte Melanie.

      »So dies und das. Alles, was man so als schlechtbezahlte Nebenjobs kennt, habe ich irgendwann mal ausprobiert. Aber ich war schon immer gut darin, Dinge und Leute zu finden. Anfangs haben mich andere Privatdetektive beschäftigt, wenn sie in einem Fall nicht weiterkamen. Das hat sich rumgesprochen und so wurde ich Spezialist für die hoffnungslosen Fälle. Im Laufe der Zeit zählten erst Rechtsanwälte zu meinen Klienten, dann kamen durch Mundpropaganda die Polizei und die Staatsanwaltschaft dazu.«

      Hausers Ambitionen, sich in Frankfurt einen Namen als Detektiv zu machen, durften als bescheiden bezeichnet werden. Die großen Detekteien hatten ihn umworben, weil seine Erfolge sie aufhorchen ließen. Aber die drei Bewerbungsgespräche über eine gemeinsame Zukunft wurden ausnahmslos zum Fiasko. Heutzutage musste ein Detektiv auch immer ein Teamplayer sein. Eine Mischung aus Manager, Ermittler, Psychologe und Softwarespezialist. Hauser saß den Headhuntern ratlos gegenüber, war auf die üblichen Bewerbungsfragen nicht vorbereitet gewesen und wollte auch nicht so gern von sich erzählen. Seine Gesprächspartner vermuteten, dass es sich wohl um eine Verwechslung handelte und sie an den falschen Hauser geraten sein mussten. Hauser dagegen verbuchte die drei kostenlosen Mittagessen als Gewinn und dachte nicht weiter über die Gespräche nach.

      »Klingt so, als hätten Sie jede Menge zu tun.«

      Hauser zuckte mit den Achseln. »Na ja, ich habe einen Weg gefunden, die Anzahl der Aufträge einzuschränken.«

      »Und wie sieht der aus?«

      »Ich verlange ein unverschämtes Gehalt.«

      »Raffiniert.«

      »Nicht wahr? Die meisten suchen sich daraufhin einen anderen Detektiv, das sortiert die leichten, sprich langweiligen Fälle aus. Erst wenn die Kollegen an einem Fall scheitern, kommt man zu mir zurück und zahlt meinen grotesk überhöhten Stundensatz. Und ich weiß dann, dass ich mich nicht langweilen werde.«

      »Was hat Sie denn an diesem Fall gereizt? Außer, dass er wie schlecht ausgedacht klingt.«

      »In erster Linie du.«

      Melanies Gesicht zog sich zu einem Fragezeichen zusammen. »Wie soll ich das denn verstehen?«

      »Na ja, da steht ja noch diese Sache zwischen uns. Wir sollten vielleicht noch einmal über den Abend im Asbest reden. Du scheinst mir deswegen immer noch angesäuert zu sein und das wirkt sich nicht positiv auf unsere Zusammenarbeit aus.«

      »Sicher nicht, aber ich möchte auch jetzt nicht darüber reden.«

      Hauser setzte seinen erprobten Dackelblick auf. »Könntest du mir nicht wenigstens einen Tipp geben? Ich versuche mich nämlich schon die ganze Zeit daran zu erinnern, was vorgefallen ist, aber es gelingt mir einfach nicht.«

      »Wir werden noch darüber reden und es stört mich überhaupt nicht, wenn Sie bis dahin noch ein bisschen leiden.« Melanie drehte sich zu ihm. »Aber wenn Sie nur meinetwegen hier sind, halten Sie dies hier also nicht für einen spannenden Fall?«

      »Nicht so sehr das Aufspüren der fünf Personen, aber die Geschichte hinter der Geschichte, die dein Boss uns beziehungsweise mir aufgetischt hat.«

      »Dann ist es Ihnen also auch aufgefallen?«

      »Na, das mit den Erben ist doch wohl Blödsinn. Eigentlich sollte es mich kränken, dass er mir so einen Quatsch zu verkaufen versucht. Glaubst du, es steckt etwas Illegales dahinter?«

      Melanie schüttelte den Kopf. »Davon lässt er die Finger. Er hat zu viel zu verlieren, um es für krumme Touren zu riskieren.«

      »Ist meist nur eine Frage der Summe, um die es geht. Aber im Zweifel für den Angeklagten. Nehmen wir an, es ist etwas Harmloses. Vielleicht eine peinliche Angelegenheit für ihn oder für den Klienten, den er vertritt.«

      Nach einer Stunde und zweimaliger Wiederholung aller bekannten Informationen, meldete sich Guido auf Hausers Handy, nachdem er die Anrufer aussortiert hatte, bei denen der Mini-Van nach Süden gefahren war. Vier Anrufer hatten ihn von der A 5 auf die A 661 abbiegen sehen, wodurch auch die beiden Anrufer, die ihn am Gambacher Kreuz und auf dem Gießener Ring gesehen haben wollten, aus dem Spiel waren. Von den verbliebenen vier behaupteten drei, er sei nach Westen gefahren und einer wollte ihn in Richtung Bad Vilbel gesehen haben. Letzterer war raus. Von den übrigen drei war nur einer mit auf die A 661 abgebogen und als er selbst in Bad Homburg abgefahren sei, fuhr der Mini-Van noch weiter. Dort endete die Spur.

      Zweimal wiederholte Guido den Aufruf, dann machte ihn in einer Werbepause sein Programmchef zur Schnecke und er musste die Aktion wohl oder übel beenden. Er verkündete einen erfundenen Gewinner. Name und Wohnort hatte er vorsichtshalber gegoogelt, um keine böse Überraschung zu erleben. Wie zum Beispiel, das diejenige Person wirklich existierte. Im Anschluss gab Guido die Erklärung ab, dass Radio F-Xpress dieses Gewinnspiel leider nicht mehr wiederholen könne, da es angesichts des hohen Gewinns den Sender unweigerlich in den Ruin treiben würde.

      »Ich bin‘s, Guido. Ich habe noch einen Hinweis … ich rede so leise, weil ich vom Klo aus anrufe. Wenn mein Boss mitbekommt, dass ich … egal, ein Rentner hat beim Gassigehen den Mini-Van gesehen. Vor einem Hotel in Oberursel. Tag und Zeit kommen hin.«

      Hauser bedankte sich für die Information und versprach mehrfach, nie wieder einen solchen oder ähnlichen Gefallen einzufordern. Er gab Melanie die Adresse.

      »Das war wirklich beeindruckend«, musste sie zugeben.

      »Findest du? Dabei ist das Prinzip simpel: Man muss nur erst einmal alles ignorieren, was andere tun würden. Gegen das, was niemand tun würde, sichert sich auch keiner ab.«

      Melanie war nicht sicher, ob Hauser mit Absicht diesen chaotischen Eindruck hinterließ. Es brachte ihm auf jeden Fall den Vorteil, dass ihn niemand richtig ernst nahm. Wenn die Leute merkten, was in ihm steckte, dürfte es meistens schon zu spät sein. Aber dieser Erfolg konnte auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Chaos ein nicht unbeträchtlicher Teil seiner Persönlichkeit war.

      »Dann mal los«, sagte sie und ließ den Motor des Jaguars an.

      »Ich nehme den Zug.«

      »Machen Sie sich nicht lächerlich, das kostet Sie Stunden. Alles vergeudete Lebenszeit.«

      »Ich bin überzeugt, dass mich jede Sekunde in diesem Wagen auf lange Sicht gesehen mehr Lebenszeit kostet. Dein Fahrstil senkt meine Lebenserwartung proportional zur zurückgelegten Strecke.«

      »Ich


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