Game - Stephanie und Chase. Cora Brent

Game - Stephanie und Chase - Cora Brent


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Gentry.

      Er saß am Nebentisch bei Creed und Truly, und ein Kellner brachte gerade die Steaks für die Gäste. Chase sah wieder zu mir herüber. Wir gingen in dieselben Psychologie-Vorlesungen, und als er feststellte, dass wir denselben Bekanntenkreis hatten, kam er immer öfter in meine Nähe. Wie bei einer Katze, die mit einem Ball spielt, hatten seine Annäherungsversuche etwas frech Verspieltes. Meistens endeten unsere Unterhaltungen abrupt und profan. Doch in Wahrheit fand ich Chase so gottverdammt heiß, dass ich Probleme hatte, ihn direkt anzusehen, ohne dabei mit einer Wimper zu zucken. Ich könnte schwören, dass der Kerl das genau wusste. Er war daran gewöhnt, dass sich ihm die Frauen reihenweise an den Hals warfen und er nur sein freches Grinsen zeigen musste, um zu bekommen, was er wollte.

      Ich stellte das Glas ab und begann, mein Steak anzuschneiden. Hier fühlte ich mich total fehl am Platz. Außerdem wollte ich unbedingt das Spiel sehen, auch wenn ich nichts darauf gesetzt hatte. Es wäre besser, wenn ich vor dem Bildschirm auf und ab gehen oder es auf dem Handy verfolgen könnte. Es juckte mich in den Fingern, es hervorzuholen. Normalerweise wäre ich nur darauf konzentriert, doch es schien mir unpassend, auf einer Hochzeit vor elektronischen Geräten zu hängen. Ich beließ das Handy in der kleinen Handtasche, die mir Truly anstelle meines üblichen Rucksacks aufgezwungen hatte.

      An meinem Tisch saßen Saylors Cousin Brayden und seine Freundin Millie. Sie gaben sich alle Mühe, sich bei mir beliebt zu machen.

      „Also“, sagte Millie fröhlich, „fährst du oft nach New York zurück?“

      Ich schüttelte den Kopf. Seit drei Jahren war ich nicht mehr dort gewesen. Es gab keinen Grund dafür. Robbie und meine Mutter waren tot. Mein Vater saß in einem abgelegenen Gefängnis. Und Michael und ich waren schon immer zerstritten gewesen. Ich wusste nicht einmal, wo er gerade war. „Ich fahre nie zurück.“

      „Wie war das so?“, fragte Brayden beeindruckt. „In New York aufzuwachsen?“

      „Auf Long Island“, sagte ich. „Das ist wie ein Vorort dreißig Meilen außerhalb der Stadt.“

      Brayden nickte. „Aber bist du damals oft dort gewesen?“

      „In der Stadt? Nicht wirklich. Vielleicht vier oder fünf Mal in der Kindheit.“ Immer wenn wir den Zug nach Manhattan nahmen, war es wie ein alternatives Universum voller Menschenmengen, Lärm und seltsamen Gerüchen. Meine Mutter hasste die Stadt. Sie sehnte sich nach dem Heim ihrer Kindheit in den Catskills. Doch sie liebte den Strand. Wenn ich an meine Mutter dachte, verband ich es immer mit der alten Jones Beach Strandpromenade.

      Millie lehnte den Kopf an Braydens Schulter und lächelte, während ich halbherzig mein Essen aß. Die beiden waren wirklich liebe Leute. Bei ihnen hatte ich den Wunsch, mich doch ein bisschen anzustrengen.

      „Wie lange seid ihr schon zusammen?“, fragte ich und hoffte, dass mein Ton freundlich genug war.

      „Anderthalb Jahre“, antwortete Millie.

      Sie war eine wirklich hübsche Frau. Zart gebaut mit glänzenden schwarzen Haaren und makelloser brauner Haut. Sie wirkte noch schöner, als sie zu Brayden aufsah. Ob die Liebe das immer mit den Menschen machte? Sie schöner wirken ließ?

      Ich blickte zu Saylor, die strahlte, als sie sich auf die Zehenspitzen erhob und ihren frisch angetrauten Ehemann küsste.

      Normalerweise trank ich keinen Alkohol, und sogar das bisschen Champagner machte mich leicht schwindelig. Das Gefühl war mir unangenehm. Ich behielt lieber meine Selbstkontrolle.

      Ich checkte die Uhrzeit und dachte mir, dass ich wohl noch mindestens eine Stunde bleiben sollte, und unterhielt mich weiter mit Millie und Brayden. Irgendwann kam Saylor vorbei, umarmte ihren Cousin und sagte mir, wie froh sie war, dass ich gekommen sei. Ich lächelte und sagte, dass sie eine umwerfend schöne Braut war. Und das war keine Lüge.

      Saylor sah an sich hinab und tätschelte ihren Bauch. „Das war keinen Moment zu früh. Noch eine Woche, und ich hätte nicht mehr in das Kleid gepasst.“

      Millie legte ihre Hand auf Saylors Bauch. „Wie geht es dir?“

      „Müde“, sagte sie und seufzte. „Aber gut.“ Saylor kicherte. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass es mehrere sind. Ich hätte es mir aber denken können.“

      „Mehrere?“, fragte ich.

      „Babys“, antwortete sie stolz. „Zwillinge.“

      „Oh, wie schön.“ Ich kam mir blöd vor, denn ich wusste nichts über Schwangerschaften, Zwillinge oder sonst irgendwas über das Thema. Außerdem war mir unklar, wieso eine Zweiundzwanzigjährige unbedingt heiraten, Kinder kriegen und sich niederlassen wollte, doch Saylor schwebte im siebten Himmel. Ich nahm an, sie war einfach ein anderer Menschenschlag als ich.

      Saylor lachte, riet mir zu einem weiteren Glas Champagner und ging weiter zu ihren anderen Gästen. Die meisten kannte ich nicht. Da war ein Mann um die vierzig, den jemand als Saylors Vater bezeichnet hatte, doch die schlecht gelaunte Blonde an seiner Seite schien nicht ihre Mutter zu sein. Sie wirkte alles andere als froh, hier zu sein. Cords Eltern hatten die Reise nicht angetreten, und von Truly wusste ich, dass die Beziehung zwischen den drei Jungs und ihren Eltern schlecht war. Der einzige weitere Gentry hier war ein Cousin namens Dreck oder Decker oder so ähnlich. Bei der Vorstellung hatte ich nicht wirklich aufgepasst. Er saß in einer Ecke und irgendeine Tussi tanzte über seinem Schoß.

      Die anderen Gäste waren eine Mischung aus Cords Arbeitskollegen aus dem Tattoo-Studio, in dem er arbeitete, und ausgesuchten Freunden. Soweit ich es überblicken konnte, war ich die Einzige ohne Partner. Außer Chase. Und das wahrscheinlich nur, weil er sich gern alle Optionen offen hielt.

      Apropos Chase. Mir fiel auf, dass er mich erneut ansah, als ich zum tausendsten Mal mit zusammengebissenen Zähnen mein Kleid justierte. Das verdammte Kleid erreichte ein ganz neues Level an Blamage. Als wir uns gestern zur Abreise fertigmachten, fragte mich Truly, wie zum Geier ich es schaffen wollte, ein Abendkleid in meinen Rucksack zu stopfen. Ich zuckte mit den Schultern und erklärte ihr, dass ich sowieso nur Jeans anziehen wollte. Schließlich war das Ganze nur ein kleiner Event im Excalibur, und keine VIP-Party im Bellagio. Daraufhin materialisierte sich ihr Südstaatenakzent, wie immer, wenn sie sauer war.

      „Stephanie Bransky, ich verbiete dir, in Jeans zu dieser oder jeder anderen Hochzeit zu erscheinen.“

      Dann ließ sie ihren Koffer fallen und eilte in ihr Zimmer. Ich hörte, wie sie ihren Schrank durchsuchte und dabei nicht gerade leise fluchte. Irgendwann tauchte sie mit einem dünnen himmelblauen Kleid auf und drückte es mir in die Hand.

      „Das wirst du anziehen“, befahl sie, öffnete einen ihrer Koffer und legte es hinein.

      „Wie soll das gehen?“ Ich schnaubte. „Sieh dir deine Figur an und dann meine. Ich müsste das Oberteil mit Socken ausstopfen, und dann würde kein Mensch die Braut ansehen, weil alle zu fasziniert von meinen dicken Implantaten wären.“

      Truly runzelte kurz die Stirn und winkte dann ab. „Ach Quatsch. Ich nähe es etwas ein wenn wir dort sind.“

      Das hatte sie versucht, doch es ging nicht, ohne das Kleid mühsam umzuschneidern. So etwas passierte eben, wenn man ein Kleid, das für eine Frau mit DD-Körbchen gedacht war, für eine anpassen wollte, die nicht mal an ihren aufgeblähtesten Tagen des Monats ein B-Körbchen ausfüllte. Truly war der Verzweiflung nah, als ich mich weigerte, meine Oberweite mit irgendwas auszustopfen. Am Ende ertrank ich geradezu in dem dämlichen Ding von der Taille an. Ich fühlte mich lächerlich, als ob ich das Abschlussballkleid meiner großen Schwester auftrug. Ich nahm an, dass Chase mich deswegen ständig ansah. Wahrscheinlich lachte er sich innerlich kaputt.

      Nachdem Saylor zu den anderen Gästen weitergezogen war, fuhren Brayden und Millie fort, eine Unterhaltung mit mir zu versuchen. Mir wurde klar, dass sie mir damit einen Gefallen taten, denn ohne sie hätte ich hier einsam und allein für alle sichtbar herumgesessen und mich unwohl gefühlt. Dennoch behielt ich die Zeit im Auge und fragte mich, wie lange ich noch bleiben musste, bevor ich auf mein Zimmer verschwinden konnte.

      Truly


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