Glatt erwischt. Thurid Neumann

Glatt erwischt - Thurid Neumann


Скачать книгу
ist der Heilige Pirmin?“, piepste Flo hinter Peppi hervor.

      „Pirmin war der Gründer des Klosters auf der Insel Reichenau“, erklärte Sibylle. „Er ist nun der Schutzpatron der Insel und dort vorne, am Zugangsdamm zur Reichenau, befindet sich eine Steinstatue von ihm. Da ist auch ein kleiner Parkplatz, wo wir anhalten können.“

      „Ich gehe dann mit Sibylle für drei Stunden ins Büro, um nach Dieters Post zu sehen“, meinte Markus. Peppi spitzte sofort seine Ohren, als er den Namen seines Herrchens hörte.

      „Und wenn es euch kalt wird, dann holt euch einfach am Glühweinstand einen heißen Kinderpunsch, okay?“, fügte Sibylle hinzu. „Meint ihr auch wirklich, dass drei Stunden nicht zu lang sind?“

      „Ach was, die werden wie im Flug vergehen“, beruhigte Tim seine Mutter, während Markus mit dem Auto in eine gerade frei gewordene Lücke auf dem übervollen Parkplatz fuhr.

      „Glück muss man haben“, freute er sich und stieg aus, um den Kindern die Schlittschuhe zu geben.

      „Was wollt ihr denn mit dem Schlitten auf dem Eis?“, wunderte sich Sibylle, nachdem diese ebenfalls zum Kofferraum gegangen war.

      „Ach, der ist für Peppi“, meinte Flo schulterzuckend und zog sich ihre warme Pudelmütze über den Kopf.

      „Für Peppi? Was will Peppi denn mit einem Schlitten?“, wollte nun auch Markus wissen.

      „Ach, wisst ihr, Peppi ist nicht gerade ein begnadeter Eisläufer. Daher dachten wir, dass wir ihn auf einem Schlitten hinter uns herziehen“, erklärte Flo und holte noch ein dickes Fell aus dem Kofferraum. „Damit er es auch gemütlich hat.“ Markus nickte beeindruckt.

      „Jetzt fehlt nur noch das offene Kaminfeuer“, lachte er. Flo warf ihm einen schrägen Blick von unten zu. Dann schüttelte sie den Kopf.

      „Das geht doch nicht, Markus. Aber schau, dafür haben wir für Peppi noch einen Pullover dabei.“ Und schon zog sie einen rosa Pulli aus dem Kofferraum und stülpte ihn Peppi über den Kopf.

      „Wo hast du den denn her?“, fragte Tim entsetzt, als Peppi seine Schnauze aus dem rosa Strickteil steckte.

      „Den leiht mein Kuschellämmi Peppi aus“, teilte Flo Tim mit, „schließlich braucht es den Pulli ja jetzt nicht, wenn es zu Hause im Warmen sitzt.“

      „Aber Peppi sieht total bescheuert aus damit“, stöhnte Max. Doch in dem Moment sprang Peppi an Maxʾ Beinen hoch und wedelte wie verrückt mit seinem flauschigen Schwänzchen.

      „Du willst mir damit doch wohl nicht sagen, dass dir das peinliche rosa Ding gefällt“, seufzte Max.

      „Aber natürlich gefällt Peppi der Pullover. Er sieht doch schick aus“, verteidigte Flo den puscheligen weißen Büschel. „Im Gegensatz zu dir versteht er eben etwas von Mode.“

      Markus und Sibylle betrachteten Peppi nachdenklich.

      „Also dann, solange sich Peppi wohlfühlt“, meinte Sibylle schließlich. Und den Eindruck machte Peppi auch. Mit hoch erhobenem Kopf stand er schwanzwedelnd neben den Kindern und schien es kaum erwarten zu können, den Pullover anderen Hunden vorzuführen.

      „Nun gut“, seufzte Markus mit gerunzelter Stirn und fügte noch murmelnd hinzu: „Das erzähle ich Dieter besser nicht.“

      „Wir passen auf ihn auf“, versprach Max.

      „Und auf uns natürlich auch“, fügte Lara schnell hinzu. Dann fuhren Markus und Sibylle wieder fort und die Kinder liefen durch das Schilf hinunter zum Ufer.

      „Wow! Das sieht ja aus wie in einer Märchenlandschaft!“, rief Lara begeistert. „Als würde dort drüben in dem Schloss in Hegne die Schneekönigin wohnen!“

      Die gesamte Wasserfläche zwischen der Insel Reichenau und Allensbach und Hegne war gefroren und das Eis glitzerte in der Sonne wie ein riesiger Teppich aus Bergkristall. Sie gingen bis zum Eis vor, um dort ihre Schlittschuhe anzuziehen.

      „Peppi, lass das!“, rief Max in dem Moment. „Du ...“ Doch da schlitterte Peppi schon auf seinem Po über die Eisfläche, sodass zwei Kinder ihm ausweichen mussten, um nicht über ihn zu stolpern. Erstaunt sahen die beiden Eisläufer dem rosa-weißen Puschel hinterher, als wären sie sich nicht ganz sicher, ob sie soeben tatsächlich einen Hund gesehen hatten.

      „Das wird so nichts, Peppi, glaub mir!“, versuchte Tim Peppi zu erklären, als er ihn von der Eisfläche wieder an Land trug und auf den Schlitten setzte.

      „Du wärst ein prima Hofnarr-Hund im Schloss der Eiskönigin“, lachte Lara und zog Flos Schnürsenkel an deren Schlittschuhen fest. Peppi ließ traurig seine Ohren hängen, doch als Flo ihm ein Hundeleckerli gab, hatte der Kleine sein peinliches Missgeschick schon wieder vergessen und wedelte vergnügt.

      „So, seid ihr alle so weit?“, wollte Max wissen.

      „Klar!“, riefen Lara, Tim und Flo. Dann liefen sie los und Max zog Peppi auf dem Schlitten hinterher. Während die Kinder über das Eis glitten, drehten sich einige Eisläufer immer wieder nach ihnen um, um zu sehen, ob der Hund auf dem Schlitten echt war oder nur eine Kuschel-Plüsch-Version, die es zu Weihnachten gegeben hatte. Peppi hatte es sich inzwischen gemütlich gemacht und sich auf das Fell gelegt, mit der Schnauze in Fahrtrichtung voraus, damit er auch nichts verpasste.

      „Das ist wirklich traumhaft schön“, schwärmte Lara, die trotz der Kälte ein wenig ins Schwitzen geraten war.

      „Ja, das kann man nicht mit dem Schlittschuhfahren in der Halle vergleichen, wo man nur im Kreis laufen darf und aufpassen muss, nicht mit jemandem zusammenzustoßen“, stimmte Max zu. „Das hier ist die absolute Freiheit!“

      Die Kinder liefen bis hinüber nach Allensbach. Dort kauften sie sich an einem Stand heißen Kinderpunsch, bevor sie zurück über das Eis zur Insel Reichenau fuhren.

      „War das herrlich!“, freute sich Lara. „Am liebsten würde ich noch eine Runde laufen.“

      „Ja, aber jetzt muss sich Peppi ein wenig bewegen, bevor er noch zu einer Eisstatue wird“, meinte Tim und hob das Fellknäuel vom Schlitten. „Uh, er ist schon ganz schön steif.“

      Erschrocken rannte Flo zu dem Hund. „Peppi! Ist er schon gefroren?“, rief sie erschrocken. Doch da lachte Tim schon.

      „Nein, natürlich nicht, Flo. Ich habe einen Spaß gemacht. Er ist nur ein bisschen faul geworden. Aber schau, jetzt rennt er schon wieder.“ Peppi hatte ein paar Möwen am Rande des Schilfs entdeckt und glaubte nun, sie fangen zu können. Doch kurz bevor der furchterregende Jagdhund meinte, sie schnappen zu können, flatterten sie gelangweilt davon und machten sich nicht einmal die Mühe, ängstlich zu kreischen.

      Erleichtert atmete Flo auf.

      „Komm, Peppi! Hier ist ein Stock!“, rief sie und wedelte mit einem Stöckchen vor ihrer Nase herum. Da rannte Peppi auch schon auf sie zu und bellte dabei so gefährlich klingend, dass ein paar umherstehende Eisläufer erschrocken zur Seite sprangen.

      „Peppi! Hör mit dem Bellen auf! Du machst hier ja allen Angst!“, forderte Max Peppi auf. Doch als die Eisläufer sahen, was für ein kleiner niedlicher Hund mit einem rosa Pulli das Gebell veranstaltete, begannen sie alle herzlich zu lachen.

      „Ein Wolf im rosa Pulli“, kicherte Lara.

      „Ja, wirklich“, stimmte Max Lara lachend zu und schüttelte den Kopf, als er sah, wie sich Peppi auf Flos Stock stürzte.

      „Kommt, lasst uns hier am Ufer spazieren gehen. Dann haben wir den herrlichen Blick auf die Eisfläche die ganze Zeit vor uns“, schlug Lara vor und warf den Stock, den Peppi ihr vor die Füße gelegt hatte, voraus. Sie verstauten schnell die Schlittschuhe auf dem Schlitten und legten das Fell darüber. Anschließend liefen die Kinder gemeinsam mit Peppi Stöckchen werfend am Ufer entlang und knabberten dabei ein paar Weihnachtsplätzchen, die ihnen Sibylle noch eingepackt hatte.


Скачать книгу