Alltagsrassismus. Wolfgang Benz
Deutschland sei kein Einwanderungsland, die Angst vieler Bürger vor „Überfremdung“ angesichts tatsächlicher sozialer Probleme, vor allem aber Gefühle der Unsicherheit steigerten, und verbreitetes – von Demagogen geschürtes – Unbehagen nach dem Terroranschlag des 11. September 2011 in den USA herrschte, das von interessierter Seite als bedrohliches Szenario beschworen wurde, ergab sich 2014 die humanitäre Notwendigkeit, einer Million Menschen, vor allem Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien, die deutschen Grenzen zu öffnen. Das Vertrauen der deutschen Kanzlerin auf die solidarische Mitwirkung der europäischen Nationen bei der Lösung des Problems – das die über das Mittelmeer drängenden Flüchtlinge aus Afrika steigerten – wurde getäuscht. Die Notwendigkeit der Integration der Immigranten wurde umso dramatischer deutlich, als gleichzeitig reaktionäre Kräfte mit der ausländerfeindlichen Bewegung „Alternative für Deutschland“ sensationell erfolgreich waren.
Die Autoritarismus-Studie von Sozialwissenschaftlern der Universität Leipzig aus dem Jahr 2018 macht die Perspektive der Mehrheitsgesellschaft auf Zuwanderer deutlich: 35 % der Deutschen glauben, es sei das Motiv der Immigranten, den Sozialstaat auszunützen. Etwa gleich viele lehnen diese These ab, 30 % haben keine eindeutige Meinung zum Problem. Daraus folgt, dass zwei Ansätze zur Lösung erforderlich sind: Der eine muss auf die Aufklärung der einheimischen Bevölkerung zielen, über Motive der Zuwanderer und die rechtlichen, politischen und sozialen Strukturen informieren, innerhalb derer Einwanderung in Deutschland möglich ist. Der andere Ansatz verfolgt die Integration der Ankommenden (sofern die Voraussetzungen für ihren dauernden Aufenthalt gegeben sind).
Integration bedeutet generell die Eingliederung von Zuwanderern in die Gesellschaft des Aufnahmelandes, d.h. Spracherwerb, Akzeptanz der Kultur, soziale und politische Partizipation, Teilhabe am Bildungssystem und Zugang zum Arbeitsmarkt. Sozialwissenschaftler unterscheiden vier Dimensionen der Integration: erstens die Kulturation im Sinne von Sprach- und Wissenserwerb, zweitens die Platzierung in der Aufnahmegesellschaft im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt, drittens die Interaktion, d.h. die Teilnahme am sozialen Leben im Alltag und viertens die Identifikation als Gefühl der Zugehörigkeit als Individuum zur Aufnahmegesellschaft.
Ziel und Erfolg der Integration einer Person besteht darin, dass diese nicht nur handlungsfähig und teilhabeberechtigt ist, sondern sich auch als anerkannt und wertgeschätzt fühlt. Integration als Akkulturationsstrategie besteht im Erfolg der Anstrengung beider Seiten, der aufnehmenden Gesellschaft ebenso wie des Strebens nach Zugehörigkeit der Ankommenden. Integration ist nicht zu verwechseln mit Assimilation, d.h. vollkommener Preisgabe eigener kultureller Werte. Zur Integration gehört einerseits die Wertschätzung der Herkunftskultur durch die Aufnahmegesellschaft, andererseits jedoch die Anerkennung deren Werte und Normen durch Zuwanderer wie Gleichberechtigung der Geschlechter, unbedingter Vorrang der Verfassung und der Gesetze vor religiösen, sozialen, kulturellen Praktiken der individuellen oder familiären Sozialisation.
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