Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
stöhnte der Junge.
»Nein, keine Hausdame. Ich weiß ein sehr hübsches Kindererholungsheim. Es ist ein richtiges Schloß, und Mutter Hedwig ist eine gute Bekannte von mir.
Da sind nur nette Kinder, die alle oft mal krank sind. Die Luftveränderung würde dir auch sehr gut tun, und wenn dein Papi dann wieder zurückkommt, bist du quietschvergnügt und darfst dir selbst aussuchen, wer Hausdame bei euch werden soll.«
»Ich darf selbst eine für uns suchen?« fragte Toby ganz aufgeregt. »Die Linda kommt bestimmt nicht ins Haus?«
»Welche Linda?« fragte Dr. Norden aufhorchend.
»Papis Sekretärin, die Linda Krauss. Die macht ihm doch auch schöne Augen. Ich bin doch nicht mehr doof«, sagte Toby.
Dr. Norden verkniff sich ein Lachen. Er freute sich, daß der Junge wieder so munter war und außerdem auch darüber, daß er Augen und Ohren anscheinend doch ganz auf dem rechten Fleck hatte.
»Dein Papi hat mir gesagt, daß er es dir überläßt, eine Haushälterin zu suchen«, erklärte er.
»Eine Hausdame«, sagte Toby, »aber es muß eine richtige Dame sein, nicht eine, die im Bademantel herumscharwenzelt, wenn Papi aufsteht. Das mag ich nämlich gar nicht.«
»Mir gefällt so was auch nicht«, sagte Daniel. »Na, wie wäre es, wenn du dich im Tannenhof mal richtig erholen würdest? Mutter Hedwig ist eine feine ältere Dame, es ist wunderschön dort. Du wirst es sechs Wochen leicht aushalten, vielleicht gar nicht mehr wegwollen.«
»Ich bin aber lieber bei Papi, als im schönsten Heim«, sagte Toby. »Aber wenn Sie es meinen, gehe ich dahin, Doktor.«
»Du bist sehr vernünftig, Toby«, wurde er gelobt. »Dein Papi wird beruhigt sein. Er will doch nur das Beste für dich.«
»Das weiß ich ja. Wir verstehen uns prima. Er muß ja auch zum General halten. Der hat genug Ärger mit seinem Sohn.«
»Wieso General?« fragte Daniel verblüfft.
»Na, der Generaldirektor Wellinger. Ich kenne nämlich die Kathrin. Der ihr Vater ist der Sohn vom General. Meine Güte, die hat bloß Angst vor ihrem Vater. Ich möchte solchen Vater wirklich nicht haben, der so gemein ist. Deswegen hat ihre Mutter nämlich auch einen anderen geheiratet.«
So, nun wußte Dr. Norden mal wieder etwas, womit er nichts anfangen konnte, aber Toby hatte sich ausgesprochen. Das war gut, und noch besser war es, daß Toby auch damit einverstanden war, in das Kinderheim zu gehen.
Jochen Stahl staunte. »Wie haben Sie das so schnell fertiggebracht, Dr. Norden?« fragte er.
»Es hat sich im Gespräch ergeben. Toby war heute sehr mitteilsam. Er sieht auch ein, daß sich der General auf Sie verlassen muß, weil sein Sohn anscheinend nichts taugt.«
»Der arme Wellinger ist tatsächlich geschlagen mit seinem Sohn«, sagte Jochen Stahl impulsiv. »Vergessen Sie’s«, fügte er dann aber rasch hinzu. »Mir steht es nicht zu, mich darüber zu äußern. Aber Sie haben wirklich eine Art jeden zum Reden zu bringen.«
»Die Taktik eines Arztes, der sich und das Vertrauen seiner Patienten bemüht«, sagte Daniel lächelnd. »Übrigens sollten Sie es Toby verschweigen, falls Sie von einer gewissen Linda Kraus nach Ägypten begleitet werden, wenn ich das bemerken darf.«
Da wurde Jochen Stahl tatsächlich verlegen. »Das ist meine Sekretärin«, erwiderte er. »Danke für den Hinweis. Sie wird uns tatsächlich begleiten. Ich weiß nicht, was Toby gegen sie hat.«
»Vielleicht hat er prinzipiell etwas gegen Frauen, die Ihnen nahe kommen«, meinte Dr. Norden hintergründig. »Man muß bei Kindern diesbezüglich sehr diplomatisch sein.«
»Sie sind wirklich ein guter Arzt, auch ein Seelenarzt«, sagte Jochen Stahl lachelnd. »Herzlichen Dank für Ihre Hilfe.«
»Schauen Sie sich das Heim an. Sie werden zufrieden sein«, sagte Dr. Norden.
»Kann ich Toby schon am Wochenende hinbringen?« fragte Jochen.
»Dem steht nichts im Wege. lch rufe Mutter Hedwig an.«
»Falls ich mal krank werden sollte, brauche ich wenigstens nicht lange nach einem Arzt zu suchen«, meinte Jochen.
»Mir sind die Gesunden lieber«, erwiderte Daniel. »An Arbeit habe ich keinen Mangel. Alles Gute für Sie, falls wir uns nicht mehr sehen sollten.«
Ein fester Händedruck, dann ging Dr. Norden und setzte seine Hausbesuche fort.
Er kam wieder spät heim, denn die Grippekranken mehrten sich. Das machten sie jedes Jahr zweimal mit. Fee Norden war immer heilfroh, wenn Ihr Mann verschont blieb.
Ihm war es wieder wohl, als er gegessen hatte und faulenzen konnte. Fee sorgte dafür, daß er es bequem hatte.
Aber sie wunderte sich, daß er dann fragte, ob sie etwas über den jungen Wellinger wüßte.
»Wie kommst du denn auf den?« fragte sie.
»Ach, Toby hat da etwas gesagt, was mir gerade wieder einfällt. Wenn ich mich recht erinnere, ist er in der Behnisch-Klinik mal am Blinddarm operiert worden.«
»Du hast ein gutes Gedächtnis. Das ist schon ein paar Jahre her. Inzwischen ist er geschieden und macht Jagd auf schöne Frauen. Aber das hat er wohl immer getan. Jetzt scheint Georgia Stafford Favoritin zu sein.«
»Die Opernsängerin. Die Frau hat doch Format«, sagte Daniel staunend.
»Und er heißt Wellinger und ist Alleinerbe. Er soll sehr charmant sein.«
»Toby sagt, daß seine Tochter Angst vor ihm hat.«
»Nun, als Vater kann ich ihn mir wirklich nicht vorstellen. Und Martina Frantzen hat sich ja auch von ihm getrennt. Sie hat sich vor einem Jahr scheiden lassen. Das weiß ich alles aus der Boulevardpresse«, erklärte sie lächelnd. »Was wahr ist, kann ich nicht beurteilen. Wahr ist jedenfalls, daß Martina Frantzen es sich leisten konnte, sich von ihm zu trennen. Sie hat nämlich kürzlich einen Baron von Tammen geheiratet. Die Tochter wurde ihr zugesprochen. Genügt dir das?«
»Recht interessant«, sagte Daniel.
Fee staunte. »Du hast tatsächlich zugehört? Ich habe das wirklich nur den Klatschspalten entnommen. Martina Frantzen habe ich allerdings früher mal kennengelernt. Vor unserer Ehe. Steinreiche Familie, im wahrsten Sinne des Wortes. Diamanten-Frantzen!«
»Wie lange war sie mit diesem Wellinger verheiratet?«
»Sieben Jahre.«
»Wie alt ist das Kind?«
»Sechs Jahre, soviel ich weiß. Seit wann interessierst du dich für die oberen Hundert?«
»Mich interessiert nur, woher Toby die kleine Kathrin kennt.«
„Du kannst ihn ja fragen«, meinte Fee neckend.
»So neugierig wollen wir auch wieder nicht sein, mein Schatz. Aber Toby ist so ein eigenartiges Kind. Er sagte, daß Kathrin Angst vor Ihrem Vater hat.«
»Ja, das sagtest du schon. Aber sie ist doch bei der Mutter.«
»Für Toby wird es gut sein, wenn er unter anderen Kindern ist«, sagte Daniel nachdenklich. »Und hoffentlich entscheidet sich Stahl für eine nette Frau, falls er an eine Wiederheirat denkt.«
»Du hast Toby sehr ins Herz geschlossen«, stellte Fee nachdenklich fest.
»Er ist ein lieber Junge. Übrigens ist er ein adoptiertes Kind.«
»Jetzt bin ich aber platt«, entfuhr es Fee.
»Ich war auch ziemlich aus der Fassung gebracht, mein Schatz. Stahl hängt mit einer Liebe an dem Jungen, die mancher richtige Vater nicht für seine Kinder aufbringt, und der Junge hängt an ihm. Hoffentlich wird er nicht wieder krank vor lauter Sehnsucht, wenn Stahl in Ägypten ist.«
»Im Tannenhof werden sie es schon verstehen,