Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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sagte Jochen warnend.

      »Ich will nicht, daß Martina diffamiert wird, daß Kathrin leiden muß. Ich werde den Mund nicht länger halten, Jochen. Ich spreche morgen mit dem Boß. Er muß seinen Einfluß geltend machen.«

      »Okay, aber die Kinder sind hier gut aufgehoben. Wie ich von Dr. Norden gehört habe, ist auf Mutter Hedwig Verlaß. Ihr dürft nur niemandem sagen, daß Kathrin hier ist. Und du sollst nicht den Verstand verlieren.«

      »Ich war gestern auf dem Gericht, Jochen. Ich kann es Martina nicht sagen. Christoph hat beantragt, daß ihr das Sorgerecht entzogen wird. Deshalb muß sich der Senior äußern. Christoph verschanzt sich hinter dem Namen Wellinger, und dagegen komme ich nicht an. Uns wird es immer angekreidet, daß wir geheiratet haben. Es kommt immer darauf an, wie Gesetze ausgelegt werden und von wem. Aber kein Wort zu Martina.«

      *

      Martina sprach mit Mutter Hedwig. Ohne Beschönigung schilderte sie ihre Situation.

      Voll mütterlichen Mitgefühls betrachtete Mutter Hedwig die junge Frau.

      »Ja, dann können wir nur hoffen, daß dieser Herr Wellinger junior nicht herausfindet, wo sich Kathrin befindet«, sagte sie. »Ich könnte mich dauernd mit diesen Vormundschaftsrichtern anlegen, Frau von Tammen. Sie ahnen ja nicht, was es alles gibt, wodurch Kinder krank gemacht werden. Von denen, die hier sind, stammen dreißig aus zerrütteten Verhältnissen. Geld ist genug da bei allen. Die Kinder werden aus den unterschiedlichsten Gründen abgeschoben. Ich bin richtig froh, wenn mal Kinder zu uns kommen, die noch richtig geliebt werden. Diese vertraue ich dann auch unserer Annabel an. Sie hat das richtige Gespür.«

      »Sie ist mir sehr sympathisch«, sagte Martina.

      »Ja, sie ist für mich wie ein Kind. Ich hatte ja nie eins. Ich hatte auch nie einen Mann, aber manchmal ist es besser, man findet keinen, als einen, der einem nur das Leben vergällt.«

      »Mein Mann, mein jetziger Mann, möchte Kathrins Vater sein«, sagte Martina leise.

      »Wir werden schon was dazu beitragen, Frau von Tammen«, sagte Mutter Hedwig. »Mein guter Dr. Norden«, fuhr sie dann gedankenverloren fort, »er weiß, was mir gut tut. Jetzt haben wir wieder mal zwei Kinder, die man behalten will. Der Herr Dr. Stahl macht ja auch einen guten Eindruck.«

      »Er liebt seinen Sohn über alles. Leider ist seine Frau ja lange krank gewesen und früh verstorben«, sagte Martina.

      »Und dann kommen andere Frauen, die sich einen Mann, der so gut aussieht, unter den Nagel reißen wollen«, brummte Mutter Hedwig. »Das kenne ich. Ihm traue ich schon Verstand zu.«

      »Das dürfen Sie, Mutter Hedwig«, sagte Martina. »Wie oft dürfen wir die Kinder besuchen?«

      »Am besten gar nicht. In Ihrem Fall wäre das sogar ein bißchen gefährlich, weil der Wellinger ja nicht wissen soll, wo Kathrin ist. Machen Sie sich nur keine Sorgen. Sie werden erleben, wie wohl sich die Kinder hier fühlen. Die Zeit vergeht ja so schnell, viel zu schnell für die, die eben doch schon älter sind. Bei den Kindern spielt es keine Rolle. Anrufen können Sie mich natürlich jederzeit.«

      »Ich möchte aber nicht, daß uns Kathrin entfremdet wird«, sagte Martina.

      »Auch darum brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Annabel hat Fingerspitzengefühl. Sie ist geschulte Pädagogin. Sie wollte sich behinderten Kindern widmen, aber das hat sie physisch nicht geschafft. Nicht wegen der Kinder etwa, sondern wegen deren Eltern. Sie kann sehr viel Liebe geben.«

      »Eine so junge aparte Frau«, sagte Martina gedankenvoll. »Man sollte mei­nen, daß sie selbst Kinder haben möch­te.«

      »Vielleicht hat sie mal eine Enttäu­schung erlebt«, sagte Mutter Hedwig. »Sie spricht nicht darüber. Sie geht ganz in der Fürsorge für die Kinder auf. Ich sagte ja schon, daß sie mir besonders nahe steht, daß ich mir solch ein Kind gewünscht hätte. Ich hoffe daß sie mir lange erhalten bleibt.«

      »Ich wünschte mir eine solche Freun­din«, sagte Martina. »Aber wenn man reich geboren ist, findet man keine ehrli­che Freundin. Sie sind neidisch. Manch­mal verfluche ich das Geld, das mir kein Glück gebracht hat. Sagen Sie mir, was Sie für den Tannenhof brauchen, Mutter Hedwig.«

      »Ach, brauchen können wir viel«, er­widerte Mutter Hedwig lächelnd. »Der Wohltätigkeit sind keine Grenzen ge­setzt. Manchmal möchte ich auch Kinder aufnehmen, deren Eltern nicht zahlungs­fähig sind, und die gern etwas für ihre kranken Kinder tun würden.«

      »Nehmen Sie solche Kinder auf, und schicken Sie mir die Rechnungen«, sagte Martina.

      Mutter Hedwig riß die Augen auf. »Sie sind die Erste, die so was sagt«, platzte sie heraus. »Ich nehme Sie beim Wort!«

      »Das hoffe ich«, sagte Martina. »Danke für dieses Gespräch. Es hat mir sehr geholfen. Sie ahnen nicht, wie sehr. Ich habe Mut. Ich werde kämpfen. Ich werde nicht dulden, daß Kathrins Kindheit zerstört wird. Danke Mutter Hed­wig!« Und dann wurde die Ältere auch noch umarmt und auf die Wange geküßt.

      Sie faltete die Hände, als sich die Tür hinter Martina von Tammen schloß.

      »Ab und zu schickst du uns doch ein Zeichen deiner Güte, Herrgott«, mur­melte sie. »Verzeih mir, wenn ich manchmal daran zweifle, aber heute mußt du wohl besonders freigiebig sein.«

      *

      »Kann ich nicht mit Kathrin in einem Zimmer sein, Tante Annabel?« fragte Toby. »Wir kennen uns doch schon.«

      »Das geht leider nicht, Toby. Wir ha­ben unsere Bestimmungen«, erwiderte Annabel. »Du hast das Zimmer mit Jan, und Kathrin teilt es mit Nadine. Du mußt das verstehen, Toby. Ihr seid beide schon zehn Jahre, und das sind noch kleine Mädchen. Tagsüber könnt ihr immer beisammen sein.«

      »Aber wenn Kathrin weint, darf ich sie doch trösten?« fragte er.

      Annabel fuhr ihm mit der Hand durch das dichte Haar. »Wir kommen schon zurecht, Toby«, sagte sie leise. Und sie konnte sich nicht erklären, warum ihr Herz ausgerechnet diesem Jungen ent­gegenschlug.

      »Papi konnte mich ja nicht mitneh­men«, flüsterte Toby traurig. »Aber dich mag ich. Hätten wir doch nur mal so eine Hausdame gehabt.«

      Ein flüchtiges Lächeln huschte um Annabels weichen Mund. »Hattet ihr schon mehrere?« fragte sie.

      »Fünf in vierzehn Monaten. Da war Mama gestorben, aber sie war sehr krank. Die Hausdamen waren nur immer hinter Papi her, aber um mich haben sie sich nicht viel gekümmert. Es gefällt mir gut hier. Und ich bin froh, daß Kathrin auch hier ist. Ich kann mich schwer an andere Kinder gewöhnen. Ist das schlimm?«

      »Nein, das ist nicht schlimm, Toby. Es geht anderen auch so. Jan zum Beispiel. Du wirst dich bestimmt mit ihm verstehen. Er redet nur nicht viel. Du bist schon gescheiter. Er könnte viel von dir lernen.«

      »Kommt er auch aufs Gymnasium im Herbst?«

      »Nein, das wird nicht möglich sein. Er bleibt noch länger hier.«

      »Ist er richtig krank?« fragte Toby. »Ich stecke mich nämlich leicht an.«

      »Er ist nicht ansteckend krank. Er ist nur sehr traurig. Seine Eltern sind bei einem Unfall ums Leben gekommen. Ich muß dir das sagen. Sprich bitte nicht von Flugzeugen.«

      Toby starrte sie an. »Sie sind mit dem Flugzeug verunglückt?« fragte er bebend. »Mein Papi muß aber auch fliegen, bis nach Ägypten.«

      »Deinem Papi passiert schon nichts«, sagte Annabel hastig. »Das war so ein kleines Flugzeug. Du brauchst keine Angst zu haben, Toby.«

      »Du hast jetzt ja auch Angst«, sagte er.

      »Ich hätte nicht davon reden sollen«, sagte sie leise.

      »Ich habe aber schreckliche Angst, daß meinem Papi was passiert«, flüsterte Toby. »Ich habe ihn doch so lieb, Tante Annabel. Du weißt nicht, wie ich ihn liebhabe. Er ist der beste Papi auf der ganzen Welt.«

      Und warum habe


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