Personal, Team- und Konfliktmanagement. Ute Reuter

Personal, Team- und Konfliktmanagement - Ute Reuter


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sind. (so z. B. Schmeisser u. a., 2013: 77 sowie Wagner/Rehder, 2017: 35) Im vorliegenden Buch wird dieser zusätzlichen Aufgliederung nicht gefolgt, weshalb Abbildung A.8 nur sechs (anstatt sonst sieben) Kategorien der laufbahnbegleitenden Personalentwicklung enthält. Neben Coaching und Mentoring werden in diesem Buch auch Maßnahmen der Karriereberatung und des Erfahrungsaustausches sowie die Beteiligung eines Mitarbeiters an einem Förderkreis zur Kategorie Along-the-Job hinzugerechnet (ebenso in Berthel/Becker, 2017: 545).

      Im Rahmen der Karriereberatung wird Karriereplanung betrieben. »Zentrale mögliche Stellenfolgen innerhalb eines betrieblichen Karrieresystems« (Berthel/Becker, 2017: 576) werden gedanklich vorweggenommen. Die Karriereberatung wird vielfach auch als Laufbahnberatung bezeichnet. Bei einer umfangreichen Definition des Laufbahnbegriffs ist die klassische Führungskarriere, oder auch »vertikale Karriere« (Lang-von Wins/Triebel, 2012: 42) nur eine von vielen verschiedenen Möglichkeiten, um im Berufsleben erfolgreich zu sein. Die Grenzen zwischen Laufbahn- und Lebensberatung verschwimmen zunehmend. Um geeignet beraten zu können, sollte zwischen dem Berater und dem Klienten ein tragfähiges Vertrauensverhältnis bestehen. Der Karriereberater sollte den Klienten zudem als ganze Person wahrnehmen und nicht nur als arbeitenden Menschen. (vgl. Lang-von Wins/Triebel, 2012: 45) Damit wird die Abgrenzung zwischen Karriereberatung und Coaching ebenfalls zunehmend schwieriger. Lang-von Wins und Triebel gehen sogar davon aus, dass es sich beim Coaching um eine Unterform der Karriereberatung handelt (vgl. Lang-von Wins/Triebel, 2012: 47).

      Narrativ-konstruktivistische Ansätze in der Karriereberatung fokussieren sich auf die Lebensgeschichte des Klienten und versuchen sich darin, Sinn- und Bedeutungskonstruktionen zu entwerfen, die mit ganz bestimmten Ereignissen im Leben des Klienten verbunden sind. So werden »Lebensthemen« (Lang-von Wins/Triebel, 2012: 50) identifiziert, anhand derer Karriereberatung durchgeführt wird. Grundlegende Merkmale dieser Art der konstruktivistischen Karriereberatung sind laut Gerstenmaier die folgenden Punkte:

      • Ausgangspunkt der Karriereberatung ist die Fähigkeit des Menschen, selbst aktiv zu werden und zu handeln. Selbststeuerung wird als Basis für die Entstehung von Wissen und damit auch für die Entwicklung von Karriere gesehen.

      • Es wird davon ausgegangen, dass Wissen auf Erfahrungen basiert. Die Konstruktion von Wissen ist abhängig davon, wie Situationen wahrgenommen werden und wie die vorhandenen Rahmenbedingungen interpretiert und genutzt werden.

      • Karriereberatung ist eine Intervention, die dazu dient, selbstaktives Handeln zu unterstützen und Selbstorganisation zu fördern. Ebenso ist Karriereberatung förderlich für die »Vertiefung gemeinsam geteilten Wissens« (Lang-von Wins/Triebel, 2012: 51) in Teams und anderen Arbeitsgruppen. (vgl. Gerstenmaier, 2003: 7 f)

      Die Karriereberatung kann von einem unabhängigen Karriereberater durchgeführt werden oder aber von einem im Unternehmen oder für das Unternehmen tätigen Karriereberater. Erfolgt die Karriereberatung durch einen unabhängigen Berater, so ist die Beratung ergebnisoffen und kann auch dazu führen, dass der Klient sich (mit Unterstützung des Karriereberaters) außerhalb des bisherigen Unternehmens nach Möglichkeiten der Karriereentwicklung umsieht. Die Karriereberatung im Unternehmen hingegen hat zum Ziel, die unternehmensinterne Karriereentwicklung des Mitarbeiters zu planen.

      Ein Förderkreis umfasst Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens, die gemeinsam verschiedene Fördermaßnahmen durchlaufen, Problemlösungen erarbeiten und zu bestimmten Themen (z. B. zur Führungskompetenz) Erfahrungen austauschen (vgl. Krämer, 2012: 56). Ein positiver Nebeneffekt der Teilnahme an einem Förderkreis ist der Aufbau eines tragfähigen beruflichen Netzwerks (vgl. Berthel/Becker, 2017: 580), das oftmals auch noch lange nach Beendigung der Personalentwicklungsmaßnahme vorhanden ist.

      Erfahrungsaustausch (oder auch »peer supervision«) ist als Unterstützungsmaßnahme geeignet, wenn verschiedene Mitarbeiter im Unternehmen z. B. an einer Qualifizierungsmaßnahme teilnehmen. Tauschen diese Mitarbeiter sich untereinander über das Gelernte bzw. über die eigenen Erfahrungen in der Anwendung des Gelernten aus, so wird das als Erfahrungsaustausch bezeichnet. (vgl. Berthel/Becker, 2017: 580) Nun ist es übliche Praxis in Unternehmen, dass Mitarbeiter sich untereinander austauschen. Von einem Erfahrungsaustausch im Sinne einer konkreten Personalentwicklungsmaßnahme kann aber nur gesprochen werden, wenn der Erfahrungsaustausch in einem institutionalisierten Rahmen stattfindet oder aber dem Erfahrungsaustausch ganz bewusst Raum und Zeit eingeräumt wird.

      2.4.2.3 Stellenbegleitende Personalentwicklungsmaßnahmen

      Stellenbegleitende Personalentwicklungsmaßnahmen werden in der Kategorie Near-the-Job zusammengefasst (vgl. Berthel/Becker, 2017: 545). Sie erfolgen innerhalb von zeitlich befristeten Sonderaufgaben. Near-the-Job-Maßnahmen haben also nicht nur einen Bezug zur eigentlichen Arbeitsaufgabe, sondern gehen noch darüber hinaus. (vgl. Dillerup/Stoi, 2013: 604) Berthel und Becker ordnen die Lernstatt, den Qualitätszirkel und die Projektarbeit dieser Kategorie zu (vgl. Berthel/Becker, 2017: 545).

      Im Rahmen der Lernstatt findet ein selbstorganisierter Erfahrungsaustausch in einer Arbeitsgruppe statt, der dazu dient, das Wissen um betriebliche Zusammenhänge zu verbessern (vgl. Dillerup/Stoi, 2013: 604). Dem Teilnehmer an der Lernstatt wird arbeitsplatznah zusätzliches Wissen vermittelt. Die in der Lernstatt erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten können produktionsnah eingesetzt werden, sofern die Lernstatt gut vorbereitet ist und eine intensive Begleitung der Teilnehmer stattfindet. (vgl. Krämer, 2012: 57)

      Ein Qualitätszirkel ist eine Gesprächsrunde, die sich in regelmäßigen Abständen trifft und gemeinsam mit einem Moderator ein bestimmtes Thema bespricht (vgl. Krämer, 2012: 60). Im Qualitätszirkel werden z. B. Schwachstellen identifiziert und Verbesserungen der Produktqualität oder der Prozessgestaltung angestrebt (vgl. Dillerup/Stoi, 2013: 604). Ein wesentliches Merkmal eines Qualitätszirkels ist die freiwillige Teilnahme der Mitarbeiter. Dadurch wird sichergestellt, dass sich wirklich nur Mitarbeiter beteiligen, die ein starkes eigenes Interesse am Thema haben.

      Der Einbezug der Mitarbeiter in die Lösungsfindung hat grundsätzlich eine positive Motivationswirkung. Allerdings kann die Motivation der Teilnehmer auch ins Gegenteil umschlagen, wenn die erarbeiteten Verbesserungsvorschläge dann doch nicht realisierbar sind und eben nicht umgesetzt werden. (vgl. Krämer, 2012: 60)

      Die Mitarbeit in einem zeitlich befristeten Projekt kann ebenfalls zur Personalentwicklung beitragen. Gerade in der Führungskräfteentwicklung ist Projektarbeit ein beliebtes Instrument, um den fachlichen Horizont und die Sozialkompetenz der Nachwuchsführungskräfte zu erweitern. (vgl. Dillerup/Stoi, 2013: 604) Ein gutes Beispiel für die Anwendung von Projektarbeit in der Personalentwicklung bietet das Siemens Management Learning Programm.

      Das Siemens Management Learning Programm als Beispiel für die Nutzung von Projektarbeit in der Personalentwicklung

      Die Teilnehmer am Siemens Management Learning Programm werden in Arbeitsgruppen von vier bis sechs Personen eingeteilt und müssen für eine Unternehmensabteilung ein echtes Geschäftsprojekt entwickeln, das sog. Business Impact Project. Das Projekt wird in der jeweiligen Arbeitsgruppe gemeinsam bearbeitet. In Zusammenarbeit mit der Unternehmensabteilung, in der das Geschäftsprojekt relevant ist, wird der Projektvorschlag anhand eines ebenfalls in Projektarbeit erstellten Transferplans im Anschluss daran tatsächlich umgesetzt. Wichtig für die Beurteilung der Projektarbeit ist, dass das Business Impact Project einen ganz konkreten, messbaren Nutzen für die betroffene Abteilung und das Unternehmen bringt. Lernen und Arbeiten im Projekt werden so untrennbar miteinander verbunden. (vgl. Fassnacht, 2017 und Holtbrügge, 2013: 137)

      Im Folgenden kommt der Personalentwickler Matthias Bellmann, der das Programm 1999 mit konzipiert hat, selbst zu Wort.

      Was ist unter Business Impact Projects zu verstehen?

      Matthias Bellmann: »Es handelt sich hier um konkrete Probleme aus dem Unternehmensalltag. Die Teilnehmer müssen die Projekte, die sie bearbeiten möchten, selbst identifizieren und die entsprechende Führungskraft davon überzeugen, dass sie auch die Projektkosten trägt. Das Team hat dann vier bis sechs Monate lang Zeit, seine Aufgabe zu lösen und ein konkretes messbares Ergebnis zu erzielen. (…) Diese Vorgehensweise birgt


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