Personal, Team- und Konfliktmanagement. Ute Reuter
(vgl. Holtbrügge, 2013: 136)
2.4.2 Personalentwicklung auf einer bestimmten Stelle im Unternehmen
Ist die Anlernausbildung, die Berufsausbildung oder das Trainee-Programm abgeschlossen, so wechselt der Mitarbeiter auf eine reguläre Stelle im Unternehmen. Die dann relevanten Kategorien der Personalentwicklung enthalten stellengestaltende Personalentwicklungsmaßnahmen (On-the-Job), beratende Personalentwicklungsmaßnahmen (Along-the-Job), stellenbegleitende Personalentwicklungsmaßnahmen (Near-the-Job) und stellenferne Personalentwicklungsmaßnahmen (Off-the-Job). Die genannten Kategorien sind in Abbildung A.8 mittig eingezeichnet.
2.4.2.1 Stellengestaltende Personalentwicklungsmaßnahmen
Stellengestaltende Personalentwicklungsmaßnahmen werden unter der Kategorie On-the-Job zusammengefasst. Die Nähe dieser Kategorie zur eigentlichen Tätigkeit ist sehr hoch und der Charakter der in ihr enthaltenen Instrumente ist stellengestaltend (vgl. Berthel/Becker, 2017: 545). Drei sehr bekannte und in Unternehmen viel genutzte Instrumente aus der Kategorie On-the-Job werden unter dem Schlagwort der »qualifikationsfördernden Aufgabengestaltung« (Holtbrügge, 2013: 136) zusammengefasst: Job Rotation, Job Enlargement und Job Enrichment.
Bei der Job Rotation tauschen zwei oder auch mehrere Mitarbeiter in einer Art systematischem Ringtausch ihre Aufgaben (vgl. Holtbrügge, 2013: 162). Es findet zwar ein Arbeitsplatzwechsel statt (vgl. Dillerup/Stoi, 2013: 604), gestalterische Eingriffe in den eigentlichen Arbeitsablauf unterbleiben hingegen. Bei einer Job Rotation mit drei Beteiligen übernimmt Mitarbeiter 1 statt seiner ursprünglichen Aufgabe 1 nun Aufgabe 2, Mitarbeiter 2 übernimmt statt Aufgabe 2 im Weiteren Aufgabe 3 und Mitarbeiter 3 erledigt statt Aufgabe 3 für eine Zeitlang Aufgabe 1. Die Zeitdauer der Job Rotation kann dabei ganz unterschiedlich sein. Je nach Ziel des Ringtauschs kann sich die Frequenz des Tauschs von wenigen Minuten bis hin zu mehreren Monaten erstrecken. (vgl. Holtbrügge, 2013: 162)
Gegen den Einsatz von Job Rotation spricht in der Unternehmenspraxis nur, dass eine teilweise sehr aufwändige Einarbeitung in die neue Aufgabe notwendig ist (vgl. Krämer, 2012: 57). Job Rotation hat neben diesem Nachteil eine ganze Reihe von praktischen Vorteilen:
• Job Rotation bietet sich insbesondere dann an, wenn die einzelnen Aufgaben für sich genommen monoton sind und durch den Ringtausch vermieden werden kann, dass die jeweiligen Mitarbeiter immer die gleiche monotone Aufgabe erledigen.
• Job Rotation ist zu empfehlen, wenn die Erledigung einer bestimmten Aufgabe zu einseitigen motorischen Belastungen und damit zu einem erhöhten Krankheitsrisiko des Mitarbeiters führt. Der Ringtausch ermöglicht es den beteiligten Mitarbeitern, sich eine Zeit lang von der jeweiligen gesundheitlichen Belastung zu erholen, indem eine andere Tätigkeit ausgeführt wird.
• Eine erhöhte Aufgabenvielfalt wirkt sich positiv auf die Arbeitszufriedenheit der beteiligten Mitarbeiter aus.
• Aus Personalentwicklungsperspektive bietet Job Rotation zudem die Chance, dass Mitarbeiter Mehrfachqualifikationen erwerben und im Weiteren multifunktional einsetzbar sind. (vgl. Holtbrügge, 2013: 162)
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit für das Unternehmen, beim Einsatz von Job Rotation Lohnzuschüsse vom Staat zu erhalten, wenn während der Zeit der Weiterbildungsmaßnahme ein Arbeitsloser als Stellvertreter für den betroffenen Mitarbeiter eingestellt wird (vgl. Bartscher/Nissen, 2017: 479). Das Unternehmen kann sich den Einsatz von Job Rotation also dann staatlich fördern lassen, wenn der zu fördernde Mitarbeiter nicht – wie oben beschrieben – mit einem oder mehreren anderen Mitarbeitern des Unternehmens einen Ringtausch vornimmt. Stattdessen soll ein Arbeitsloser als Stellvertreter für den zu fördernden Mitarbeiter eingestellt werden. Der Staat erhofft sich davon eine zügigere Reintegration von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt. Bei guter Leistung kann das Unternehmen sich schließlich dafür entscheiden, den als Stellvertreter eingestellten Arbeitslosen nach Ende der Job Rotation-Maßnahme zu übernehmen.
Rechtsgrundlage für diese Förderung ist das Job-AQTIV-Gesetz, das am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist. Das Job-AQTIV-Gesetz dient der aktiven Arbeitsförderung (vgl. die Neufassung von § 1 des Dritten Sozialgesetzbuches, Bundesgesetzblatt, 2001: 3444) und soll, wie bei der oben beschriebenen Job Rotation, die Integration Arbeitsloser ins Berufsleben vereinfachen und darüber hinaus Arbeitslosigkeit nach Möglichkeit bereits vor deren Entstehen verhindern (vgl. Bartscher/Nissen, 2017: 479).
Job Enlargement bezeichnet eine horizontale Erweiterung der Aufgaben (vgl. Holtbrügge, 2013: 163). Es handelt sich damit um eine Arbeitserweiterung (vgl. Dillerup/Stoi, 2013: 604). Der Mitarbeiter behält seine ursprünglichen Aufgaben, erhält aber zusätzlich weitere, qualitativ gleichwertige Aufgaben hinzu. Der Umfang der ausführenden Tätigkeiten wird erweitert, der Entscheidungsspielraum des Mitarbeiters bleibt hingegen gleich, ebenso wie der Kontrollspielraum. (vgl. Holtbrügge, 2013: 163) Die zusätzlichen Aufgaben grenzen an das bisherige Aufgabenfeld an. Die Durchführung der Personalentwicklungsmaßnahme wird primär durch den direkten Vorgesetzten angestoßen. Ein positiver Effekt des Job Enlargement ist, dass die Tätigkeit insgesamt abwechslungsreicher wird. Allerdings kann es sein, dass die Erweiterung des Arbeitsumfangs langfristig zu einer Überlastung des Mitarbeiters führt. (vgl. Krämer, 2012: 56)
Beim Job Enrichment erfolgt eine vertikale Aufgabenerweiterung. Das bedeutet, dass zu den ursprünglichen Aufgaben qualitativ höherwertige Aufgaben hinzukommen. (vgl. Holtbrügge, 2013: 163) Es handelt sich damit um eine Arbeitsbereicherung (vgl. Dillerup/Stoi, 2013: 604). Nicht nur der Tätigkeitsspielraum wird erweitert (wie beim Job Enlargement), sondern auch der Entscheidungs- und Kontrollspielraum. Job Enrichment eignet sich bestens für Mitarbeiter, die auf zukünftige Führungsaufgaben vorbereitet werden sollen. (vgl. Holtbrügge, 2013: 163) Das ist insbesondere deshalb der Fall, weil Job Enrichment die Selbstständigkeit des Mitarbeiters unterstützt, unternehmerisches Denken und Agieren fördert, die Entscheidungsfähigkeit positiv beeinflusst und das Verantwortungsbewusstsein des betreffenden Mitarbeiters erhöht. Trotz dieser positiven Aspekte wird Job Enrichment oftmals nicht bewusst als Instrument der Personalentwicklung eingesetzt. (vgl. Krämer, 2012: 57)
2.4.2.2 Beratende Personalentwicklungsmaßnahmen
Bei der Beantwortung der Frage, wie sich Widerstände gegen Veränderungen überwinden lassen, wurde bereits auf eine Personalentwicklungsmaßnahme eingegangen, nämlich auf das Coaching. Coaching wird von Berthel und Becker als beratende Personalentwicklung bezeichnet und in die Kategorie Along-the-Job eingeordnet (vgl. Berthel/Becker, 2017: 545). Im Unternehmen kann dazu ein interner oder ein externer Coach zum Einsatz kommen:
• Externe Coaches werden in Unternehmen hauptsächlich beim Coaching von Top-Führungskräften eingesetzt (vgl. Czerny/Steinkellner, 2012: 397).
• Als interner Coach fungiert im Idealfall ein Mitarbeiter, der ein Psychologiestudium und/oder eine spezifische Coachingausbildung absolviert hat, eine von den funktionalen Abteilungen unabhängige Position (z. B. in einer eigens dafür eingerichteten Stabsstelle) einnimmt und den Mitarbeitern mit Coachingbedarf als neutraler Ansprechpartner zur Verfügung steht (vgl. Berninger-Schäfer, 2011: 16). Interne Coaches werden schwerpunktmäßig beim Coaching von Führungskräften der mittleren und unteren Führungsebenen eingesetzt (vgl. Czerny/Steinkellner, 2012: 397). Empirische Studien zeigen, dass Coaching von Führungskräften eine sehr wirksame Personalentwicklungsmaßnahme sein kann (vgl. Friedrichs, 2003: 42 ff).
• In der Praxis kommen beim Coaching von Mitarbeitern häufig auch Führungskräfte als Coaches zum Einsatz. Eine Führungskraft, die als Coach agiert, wird ebenfalls als interner Coach bezeichnet. Aufgrund der Vorgesetztenfunktion ist das Coaching durch die eigene Führungskraft mit besonderen Herausforderungen verbunden. (vgl. Berninger-Schäfer, 2011: 16) Wiebke Köhler und Ingo Hamm haben in einer quantitativ-empirischen Studie (n=1.100) zur Mitarbeiterbegeisterung gezeigt, dass das Thema »Führungskraft als Coach«, das in der New Work-Forschung in den letzten Jahren sehr positiv bewertet wurde, tatsächlich nur bei 14 Prozent der befragten Mitarbeiter Begeisterung erzeugen kann. (vgl. Köhler, 2019: Teil 1/7 und Teil 4/7) Patrick Vermeren sieht das im Interview sogar noch kritischer (vgl. Schwertfeger,