Einführung in die systemische Supervision. Andrea Ebbecke-Nohlen

Einführung in die systemische Supervision - Andrea Ebbecke-Nohlen


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von SupervisorInnen. Im Einzelnen lassen sich unterscheiden:

      Einzelsupervision: Berufstätige Menschen begeben sich in Supervision, um in einer dyadischen Beziehung zu einer SupervisorIn ihre beruflichen Fragestellungen zu reflektieren. Vorteile des Einzelsettings sind die Konzentration auf die persönlichen Fragestellungen, die Anpassung des Gesprächsprozesses an die individuellen Bedürfnisse der SupervisandIn und die auf Grund der Eins-zu-eins-Situation potenziell geschütztere Vertraulichkeit.

      Gruppensupervision: Personen aus gleichen oder verschiedenen Berufsgruppen, jedoch mit in der Regel unterschiedlichem institutionellem Hintergrund treffen sich zum Zweck der Reflexion ihrer beruflichen Tätigkeit. Sie teilen gegebenenfalls ein ähnliches Berufsprofil, sind in ihrem beruflichen Alltag jedoch nicht gemeinsam tätig. Gruppensupervision realisiert sich häufig im Kontext von Weiterbildung oder berufsbegleitender Fortbildung. Eine besondere Stärke des Gruppensettings liegt in der Fülle und der Vielfalt der in unterschiedlichen Arbeitskontexten gewonnen Berufserfahrung. Weitere Vorteile sind in den parallel ablaufenden supervisionsbegleitenden Gruppenprozessen begründet, die oft kognitive und affektive Beziehungsmuster des Fallgeschehens widerspiegeln.

      Fallsupervision: Sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting werden in der Fallsupervision konkrete Fälle aus der beruflichen Praxis der SupervisandInnen in die Supervision eingebracht und besprochen. Vorteile der Fallsupervision liegen darin, dass sich auf diese Weise das Fallverständnis der SupervisandInnen verändern kann, in der Auseinandersetzung mit dem konkreten Fallgeschehen neue Ideen für die praktische Arbeit gewonnen werden können und sich so in der Folge die Professionalität der SupervisandIn vertieft.

      Teamsupervision: Einen anderen Fokus als die Fallsupervision setzt die Teamsupervision, von Heinz Kersting auch als „Arbeitssystemsupervision“ bezeichnet, in der Arbeits- und Kommunikationsprozesse und damit zusammenhängende Fragen im Mittelpunkt stehen (Kersting 1995). Mitglieder von Teams, Arbeits- oder Projektgruppen teilen denselben institutionellen Hintergrund miteinander und reflektieren in Begleitung einer SupervisorIn ihre gemeinsame Arbeitssituation. Ein Vorteil von Teamsupervision erwächst daraus, dass alle oder zumindest die meisten in denselben Arbeitsprozess eingebundenen Personen bei den Besprechungen anwesend sind und Informationsgewinnung in der Supervision gleichzeitig Informationsfluss im Team bedeutet. Ein weiterer Pluspunkt von Teamsupervision ist, dass bei institutionellen Veränderungsprozessen, Umstrukturierungen, Konzeptentwicklungen etc. durch die Anwesenheit der KollegInnen die Organisation selbst mit ihren Strukturen und Funktionen stärker im Blick ist. Eine Variante von Teamsupervision kann allerdings auch darin bestehen, dass das Setting für die Besprechung von Fällen genutzt wird und in der Folge eine Kombination aus Team- und Fallsupervision stattfindet.

      Leitungssupervision: Einzel- oder Gruppenberatung von Führungskräften stellt neben der Teamsupervision eine weitere Form von Supervision dar, in der Arbeits- und Kommunikationsprozesse thematisiert und vor dem Hintergrund von Führungsaufgaben beleuchtet werden können. Der Vorteil von Leitungssupervision ist die leichtere Initiierung von strukturellen Veränderungsprozessen in Organisationen und die Nutzung des Modellcharakters der Führungskraft in kommunikativen Prozessen.

      Interne Supervision: Wenn die SupervisorIn gleichzeitig hauptamtliche MitarbeiterIn der Organisation ist, in der auch die SupervisandInnen arbeiten, wird von interner oder hausinterner Supervision gesprochen. Oft übernimmt eine Leitungsperson die Rolle der SupervisorIn, und das Supervisionssetting mischt sich mit anderen in der Institution bereits existierenden Besprechungsformen, wie Teambesprechungen oder Mitarbeitergesprächen. Neben den unübersehbar eher ungünstigen Kontextvermischungen, die u. a. „Betriebsblindheit“, Zweifel an der Einhaltung der Schweigepflicht und Gefahren der Mitarbeiterkontrolle beinhalten können, hat die interne Supervision den Vorteil, dass die SupervisorIn eine hohe Feldkompetenz hat und mit den „KundInnen“, dem „Produkt“ und dem spezifischen „Markt“, in dem sich die Institution bewegt, ausreichend vertraut ist.

      Intervision: Als Alternative zur Gruppensupervision stellt sich die kollegiale Peergruppenberatung dar, die in Abwesenheit einer SupervisorIn stattfindet. Eine klare Absprache bezüglich Rollenverteilung und Spielregeln hilft dabei, auch ohne Moderation von außen einen funktionierenden strukturellen Rahmen zu etablieren. Vorteile dieser selbstorganisierten Supervisionsform sind gleiche Augenhöhe, Aktivierung der Selbsthilfepotenziale, Betonung der Eigenverantwortlichkeit und nicht zuletzt die Kostengünstigkeit.

      Selbstsupervision: Als Alternative zur Einzelsupervision bietet sich die Selbstsupervision an, die per definitionem logischerweise ebenfalls in Abwesenheit einer SupervisorIn stattfindet. Auch hier ist ein struktureller Rahmen, z. B. die Formulierung verschiedener Supervisionsfragen, hilfreich. Selbstsupervision kann im Sinne eines Selbstbild-Fremdbild-Abgleichs gut mit anderen Formen von Supervision ergänzt werden. Besondere Vorteile liegen ebenfalls in der Aktivierung der Selbsthilfepotenziale, in der Betonung der Eigenverantwortlichkeit, in der Kostengünstigkeit und nicht zuletzt in der zeitlichen Flexibilität. Tabelle 3 fasst die Besonderheiten der Supervisionsformen knapp zusammen.

Reflexion von beruflichen Fragestellungen durch eine SupervisandIn in einer Eins-zu-eins-Situation mit einer SupervisorIn
Gruppensupervision Bearbeitung von Fragen beruflicher Zusammenhänge in einer Gruppe von TeilnehmerInnen aus verschiedenen Institutionen und Berufsgruppen
Fallsupervision Bearbeitung von Fragestellungen entlang einem konkreten Fall aus der beruflichen Praxis der SupervisandIn
Teamsupervision Reflexion beruflicher Interaktionen und institutioneller Belange durch Mitglieder eines Teams
Leitungssupervision Beratung von Führungskräften interne Supervision Beratung von MitarbeiterInnen durch Vorgesetzte oder KollegInnen aus der gleichen
Institution Intervision kollegiale (Peergruppen-)Beratung in Gruppen ohne Anwesenheit einer SupervisorIn
Selbstsupervision Reflexion beruflicher Zusammenhänge ohne Anwesenheit einer SupervisorIn

       Tab. 3: Supervisionsformen

       1.4Abgrenzung von Psychotherapie und anderen Beratungsformen

      Wenn Vielfalt in den verschiedenen aufgezeigten Hinsichten ein Markenzeichen von Supervision ist, die unter anderem von der Grenznähe zu anderen Disziplinen und Praxisfeldern genährt wird, so lassen sich neben den darin begründeten Gemeinsamkeiten auch Unterschiede feststellen und Abgrenzungen vornehmen.

       1.4.1Abgrenzung von Psychotherapie

      Beim Vergleich von Supervision und Psychotherapie sind trotz des großen Abgrenzungsbedarfs v. a. von Seiten der Profession Supervision die Gemeinsamkeiten nicht zu übersehen. Bei Supervision wie bei Psychotherapie handelt es sich um eine professionelle Helferbeziehung, es werden ähnliche Wirkfaktoren angenommen, häufig auch ähnliche Methoden und Techniken angewandt. Manche Psychotherapieschulen, vor allem solche, die sich weniger am Krankheitsmodell, sondern mehr am humanistischen Menschenbild orientieren, betonen die Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten der Gestaltung der Gesprächsprozesse. So wird z. B. manchmal Familientherapie auch als „Supervision und Organisationsberatung für Familien“ beschrieben.

      Die Grenzen zwischen beiden Disziplinen und Arbeitsfeldern sind also einerseits fließend, andererseits interpretationsabhängig. Die deutlichsten Unterschiede liegen darin, dass sich Psychotherapie, zumindest im Verständnis mancher Psychotherapieschulen,


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