Sherlock Holmes - Seine Abschiedsvorstellung. Arthur Conan Doyle
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Inhaltsverzeichnis
I. Das eigenartige Erlebnis des Mr. John Scott Eccles
I
Der Detektiv auf dem Sterbebett
Das Verschwinden der Lady Frances Carfax
Ein Sherlock-Holmes-Epilog
Impressum
Covergestaltung: Steve Lippold
Digitalisierung: Gunter Pirntke
ISBN: 9783955012403
2014 andersseitig
andersseitig Verlag
Dresden
(mehr unter Impressum-Kontakt)
Vorwort
Die Freunde von Mr. Sherlock Holmes werden mit Genugtuung vernehmen, daß er nach wie vor gesund und munter ist, wenn ihm auch gelegentliche rheumatische Anfalle zu schaffen machen. Er hat viele Jahre auf einem kleinen Landgut in den Downs, fünf Meilen von Eastbourne entfernt, mit dem Studium der Philosophie und der Landwirtschaft verbracht. Während dieser Zeit der Ruhe hat er sich trotz fürstlicher Angebote geweigert, weitere Fälle zu übernehmen, da er beschlossen hatte, daß sein Rückzug ins Privatleben endgültig sei. Das Heraufziehen des Weltkrieges veranlaßte ihn indessen, seine außergewöhnliche Kombination von intellektuellen und praktischen Fähigkeiten in den Dienst der englischen Regierung zu stellen, was historische Resultate zeitigte, von denen in Seine Abschiedsvorstellung berichtet wird. Eine Reihe früherer Erlebnisse, die lange in meiner Mappe gelegen haben, sind dieser Geschichte beigesellt, um den Band zu vervollständigen.
JOHN H. WATSON, M.D.1
Wisteria Lodge
I. Das eigenartige Erlebnis des Mr. John Scott Eccles
In meinem Notizbuch finde ich vermerkt, daß es ein trüber und windiger Tag gegen Ende März des Jahres 1892 war. Während wir beim Mittagessen saßen, hatte Holmes ein Telegramm erhalten und rasch eine Antwort hingekritzelt. Er äußerte sich nicht dazu, aber die Angelegenheit schien ihn weiter zu beschäftigen, denn etwas später stand er mit nachdenklicher Miene vor dem Feuer, rauchte seine Pfeife und warf hin und wieder einen Blick auf die Nachricht. Plötzlich wandte er sich mit einem schalkhaften Funkeln in den Augen mir zu.
»Ich würde doch sagen, Watson, daß man Sie als einen Mann von Bildung zu betrachten hat«, sagte er. »Wie würden Sie denn das Wort ›grotesk‹ definieren2?«
»Seltsam – merkwürdig«, schlug ich vor.
Er schüttelte den Kopf ob meiner Definition.
»Es steckt mit Sicherheit noch mehr darin«, entgegnete er; »ein Unterton von Tragik und Schrecken schwingt da mit. Wenn Sie Ihre Gedanken zu einigen jener Erzählungen zurückschweifen lassen, mit denen Sie Ihre langmütige Leserschaft traktiert haben, wird Ihnen auffallen, wie oft das Groteske ins Verbrecherische umgeschlagen ist. Denken Sie nur etwa an jene Episode mit den Rotschöpfen. Die hätte am Anfang kaum grotesker sein können, und doch lief sie zum Schluß auf den tollkühnen Versuch eines Bankraubs hinaus. Oder auch jene äußerst grotesk anmutende Angelegenheit mit den fünf Orangenkernen, welche in direkter Verbindung mit einem Mordkomplott stand. Mich macht dieses Wort hellhörig.«
»Steht es da drin?« fragte ich.
Er las mir das Telegramm vor.
Hatte soeben äußerst unglaubliches und groteskes Erlebnis. Darf ich Sie konsultieren?
SCOTT ECCLES
Postamt Charing Cross
»Mann oder Frau?« fragte ich.
»Ah, ein Mann natürlich. Eine Frau würde nie ein Telegramm mit bezahlter Rückantwort senden. Sie würde einfach herkommen.«
»Werden Sie ihn empfangen?«
»Mein guter Watson, Sie wissen doch, wie sehr ich mich langweile, seit wir Colonel Carruthers hinter Schloß und Riegel gebracht haben. Mein Geist ist wie eine Maschine, die leerläuft und sich selbst in Stücke reißt, weil sie nicht mit dem Räderwerk gekoppelt ist, für das sie konstruiert wurde. Das Leben ist banal; die Zeitungen sind geistlos; Wagemut und Romantik scheinen auf immer aus der Welt des Verbrechens entschwunden zu sein. Wie können Sie mich da noch fragen, ob ich gewillt bin, ein neues Problem in Augenschein zu nehmen, wie trivial auch immer es am Ende sein mag. Aber da ist, wenn mich nicht alles täuscht, ja unser Klient.«
Man hörte einen gemessenen Schritt im Treppenhaus, und einen Augenblick später wurde eine große, stattliche, auf imposante Weise respektabel wirkende Gestalt mit grauem Backenbart ins Zimmer geführt. In seiner gravitätischen Miene und seinem würdevollen Auftreten stand die Geschichte seines Lebens geschrieben. Von den Gamaschen bis zu der goldgeränderten Brille war er ein Konservativer, Kirchgänger und rechtschaffener Bürger, orthodox und traditionsverhaftet bis zum Äußersten. Aber irgendein bestürzendes Erlebnis hatte die ihm eigene Gemütsruhe gestört und in seinem wirr abstehenden Haar, auf den zorngeröteten Wangen und in seinem aufgescheuchten, erregten Gebaren Spuren hinterlassen. Er sprudelte sogleich sein Anliegen hervor.
»Mr. Holmes, ich habe ein äußerst eigenartiges und unerfreuliches Erlebnis hinter mir«, sagte er. »Nie in meinem ganzen Leben bin ich in eine solche Situation gebracht worden – eine äußerst unschickliche, äußerst empörende Situation. Ich muß auf einer Erklärung bestehen.« Er schnaubte und prustete vor Wut.
»Nehmen Sie doch bitte Platz, Mr. Scott Eccles«, sagte Holmes in beschwichtigendem Ton. »Darf ich zuerst einmal fragen, was Sie überhaupt zu mir führt?«
»Nun, Sir, die Sache schien mir nicht gerade ein Fall für die Polizei zu sein, und doch werden Sie, sobald Sie die Einzelheiten vernommen haben, zugeben müssen, daß ich sie nicht einfach auf sich beruhen lassen konnte. Privatdetektive sind zwar eine Sorte Menschen, der ich nicht die geringste Sympathie entgegenbringe, aber da ich Ihren Namen früher einmal ...«
»Schon