Grundlagen des Krankenhausmanagements. Boris Rapp
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Die Autoren
Prof. Dr. Gerald Schmola lehrt Gesundheitsmanagement an der Hochschule Hof und hat langjährige Erfahrung in leitender Funktion im Gesundheitswesen.
Dr. Boris Rapp, promovierter Arzt und Diplom-Kaufmann, war viele Jahre erfolgreich im Krankenhausmanagement tätig, u. a. als Geschäftsführer und Regionalgeschäftsführer.
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2. Auflage 2020
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
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ISBN 978-3-17-036240-6
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1 Einführung in das Management von Krankenhäusern
1.1 Besonderheiten von Krankenhausleistungen
Leistungen eines Krankenhauses unterscheiden sich inhaltlich teils erheblich von klassischen Produktionsgütern, sodass sich für das Management dieser Einrichtungen spezielle Herausforderungen ergeben. Nachfolgend werden die wesentlichen Charakteristika kurz dargestellt, um dann daraus abzuleiten, welche Managementprobleme für Anbieter, d. h. Kliniken, hieraus resultieren.
Die Behandlung und Versorgung von Patienten ist eine stark personenbezogene Dienstleistung. Der Patient ist als sog. externer Faktor Ausgangspunkt und Empfänger der Krankenhausleistungen zugleich. Seine aktive Beteiligung und sein subjektives Empfinden haben wesentlichen Einfluss auf die Ergebnisqualität. Hält sich ein Patient etwa nicht an die von seinem Behandler gegebenen Therapieanweisungen (z. B. Einhaltung von Bettruhe), kann der Erfolg der Versorgung trotz an sich optimaler Leistung des Krankenhauses nicht in dem geplanten Umfang eintreten. Innerhalb der Behandlung stellen die Ärzte und Pflegekräfte die zentralen Entscheidungsträger und Leistungserbringer dar. Medizinische Geräte sowie andere Sach- und Arbeitsmittel sind letztlich nur als Hilfsmittel für die Leistungsträger anzusehen, um die anvisierten Behandlungsziele erreichen zu können. Krankenhäuser stehen folglich vor einem Integrationsproblem. Ziel muss es sein, den Patienten so weit wie möglich aktiv an dem Behandlungsgeschehen zu beteiligen. Eine patientenverständliche Aufklärung und ein fortlaufender Dialog im Rahmen der Behandlung können dafür wertvolle Unterstützung bieten.
Der Behandlungsprozess ist inhaltlich, aber auch räumlich und zeitlich bis auf wenige Ausnahmen an die Anwesenheit des Patienten geknüpft (z. B. kann eine Blut- oder Gewebeuntersuchung nach Entnahme auch ohne die Anwesenheit des Patienten durchgeführt werden). Diese Koppelung von Leistung und Anwesenheit bezeichnet man als Uno-actu-Prinzip. Problematisch ist dies vor allem deshalb, da damit unweigerlich eine Nichtlagerfähigkeit der Krankenhausleistungen verbunden ist. Ergebnis ist ein Kapazitätsproblem. Krankenhäuser können keine Leistungen auf Vorrat produzieren, auf die sie im Bedarfsfall zurückgreifen können. Erschwerend kommt ein Prognoseproblem hinzu: Es kann nur im Ansatz vorab ermittelt werden, wann welche Nachfrage anfallen wird. Die Auslastung von Betten oder einzelner Kapazitäten (OP, Geräte usw.) ist nicht umfassend prognostizierbar. Insbesondere Notfälle sind im Krankenhaus ein bedeutender Unsicherheitsfaktor, für den ständig Leistungspotenziale vorzuhalten sind. Krankenhäuser stehen vor einem Steuerungsproblem. Sie müssen versuchen, durch ein gezieltes Aufnahme- und Behandlungsmanagement möglichst einen Großteil der Nachfrage zu steuern, gleichzeitig aber immer auch genügend Reservekapazitäten für Notfälle bereithalten. Notfälle führen dazu, dass bereits geplante Abläufe umstrukturiert werden müssen (z. B. OP-Planung).
Die vom Patienten wahrgenommene Qualität der Dienstleistung im Krankenhaus hängt stark von der persönlichen Interaktion mit den Mitarbeitern des Krankenhauses ab. Qualitätsschwankungen hinsichtlich der Prozessdurchführung, des Leistungsergebnisses sowie der Patientenzufriedenheit sind nahezu unvermeidlich. Ziel ist es, diese Qualitätsschwankungen möglichst gering zu halten. Einrichtungen müssen daher mit Motivations- und Kommunikationsproblemen umgehen. Motivierten und in der Kommunikation mit Patienten geschulten Mitarbeitern fällt es leichter, in der persönlichen Interaktion mit dem Patienten ein positives Bild zu vermitteln. Diesen Anforderungen muss sich das Krankenhaus unter anderem durch ein gezieltes Personalmanagement stellen.
Krankenhausleistungen sind ortsgebundene Leistungen, sie können nur am Ort des Leistungserbringers durchgeführt werden. Operationen im heimischen Bereich und Ähnliches sind nicht sinnhaft realisierbar. Für das Management bedeutet dies, dass die physische Erreichbarkeit des Krankenhauses von besonderer Bedeutung ist (bspw. Verkehrsanbindung).
Rationalisierung ist im Krankenhaus schwieriger als in der industriellen Produktion. Medizinisches, pflegerisches und therapeutisches Personal kann nur in wenigen Ausnahmefällen durch Maschinen ersetzt werden (z. B. Hydrojet in der Physiotherapie). Zudem erschweren die jeweils individuellen Beschwerden der Patienten eine Standardisierung. Aufgrund der zunehmenden Multimorbidität (Mehrfacherkrankung) von Patienten wird die Versorgung komplexer. Oftmals sind diverse Fachbereiche an der Behandlung beteiligt, sodass Schnittstellen entstehen. Die verschiedenen Bereiche sind im Sinne des Patienten zu koordinieren. Für Krankenhäuser besteht deshalb ein Koordinations- und Steuerungsproblem. Ansätze zum gezielten Umgang mit dieser Herausforderung finden sich insbesondere im Qualitäts- und Prozessmanagement.
Für Patienten sind Krankenhausleistungen in der Regel kaum greifbar, die Vielzahl an Aktivitäten führt zu einem komplexen Leistungsbündel, welches für einen medizinischen Laien nicht zu durchschauen ist. Im Gegensatz zu einem Sachgut kann eine Dienstleistung nicht durch »fühlen«, »schmecken«, »riechen« oder »sehen« erfasst werden (vgl. Zapp 2009, S. 7). Folglich kann im Krankenhaus durch den Patienten beispielsweise schwer beurteilt werden, ob das Krankenhaus sich im Sinne des Patienten optimal verhält oder auch andere Interessen mit in die Entscheidung eingehen. So ist etwa fraglich, ob jeder Patient, der eine neue Hüfte erhält, diese auch tatsächlich benötigt, oder ob ökonomische Interessen die Implantation mit beeinflusst haben. Diese mangelnde Transparenz für den Patienten begründet sich auch darin, dass ein Großteil der Patienten medizinische Leistungen nicht regelmäßig nachfragt und so keine Möglichkeit besteht, aus Erfahrung Rückschlüsse über die Notwendigkeit und Qualität von Leistungen ziehen zu können. Ferner gehen von der Leistung teils erhebliche Konsequenzen für den Patienten aus. Es besteht ein erheblicher Unterschied darin, ob ein Essen in einem Restaurant dem Kunden nicht schmeckt oder in einem Krankenhaus infolge einer fehlerhaften Behandlung ernsthafte und dauerhafte gesundheitliche Einschränkungen drohen. Viele Fehler, die in einem Krankenhaus entstehen, sind irreversibel (nicht umkehrbar). Ein Essen dagegen kann man problemlos zurückgeben und sich ein neues zubereiten lassen. Für das Krankenhaus ergibt sich aus den genannten Umständen ein Präsentationsproblem. Es muss versucht werden, eine zunächst für den Patienten schwer begreifbare Leistung verständlich zu machen. Hier spielt die Aufklärung